Als nunmehr der Friede mit den Polen errichtet und bestätiget war:Krieg mit Ruß- land. so brach noch in demselben Jahre 1090 ein neuer Krieg zwischen dem osmani- schen Hofe und den Russen aus. Der Hetman von Sari Kamisch Kaßaki 22,H 1090. J. C. 1679. schen Hofe und den Russen aus. Der Hetman von Sari Kamisch Kaßaki 22, Doroschensko, hatte sich, wie ich bereits erwähnet habe, mit seinem gesammten Volke freywillig dem osmanischen Reiche unterworfen; allein nachgehends, als derselbe bey dem polnischen Feldzuge Theil zu nehmen verlangte, aber eine abschlägige Antwort bekam: so entschlosse er sich, diesen Schimpf durch den Abfall zu rächen. Er befand aber, wenn er nicht einen mächtigern Bunds- genossen zu Hülfe nähme: so würde er nicht vermögend seyn, sein Vorhaben auszuführen; und seine Bemühungen, sein Vaterland zu befreyen, würden vielmehr dasselbe noch tiefer in die Knechtschaft verwickeln. Nachdem er nun diese Dinge wohl überleget hatte: so lädet er durch geheime Briefe die Befehl- haber der Kosaken und andere, von denen er wußte, daß sie den größten Ein- fluß bey dem Volke hatten, zu sich ein, und stellet ihnen vor, was er bisher zur Erhaltung ihrer Ruhe und Freyheit gethan habe, und durch was für Mittel er dieselbe zu befestigen und zu versichern bemühet gewesen sey. "Ich glaubte" (sagte derselbe), "nachdem die Polen uns gedrücket und verächtlich gehalten "hatten, wir würden unter dem Schutze der Türken eine sichere Zuflucht finden. "Sie waren so weit von unsern Grenzen entfernet, daß wir dem Ansehen nach "keine Ursache hatten, uns vor ihnen zu fürchten; und ihr Name war ihren "Feinden so fürchterlich, daß ein Schiff unter ihrer Flagge eben so sicher seyn "konnte, als in dem Hafen selbst. Zu diesen Gründen kamen noch die Ver- "sprechen, die sie uns thaten, und die also beschaffen waren, daß wir sie kaum "besser hätten verlangen können: nämlich, der Genuß unserer bürgerlichen "und Religionsfreyheit, die Befreyung vom Tribute, und ein ansehnlicher "Antheil an der Beute, die wir in ihren Diensten machen würden. Daß sie "aber diese Versprechen halten würden: das glaubte ich vornehmlich aus der "Ursache, weil sie unsere Freundschaft um so viel mehr zu verlangen schienen; "da sie uns mehr als einmal als ihre furchtbaren Feinde hatten kennen gelernet. "Wie wenig Redlichkeit aber bey den Unglaubigen zu finden sey: das ist aus [Spaltenumbruch]
Sie bekennen sich insgesammt zu der muhäm- medischen Religion; und ungeachtet sie vor- geben, daß sie von eben dem Stamme wären, als die krimischen Tatarn: so sind sie doch von Natur schwächer und von geringern Kräf- ten, als diese.
[Spaltenumbruch]
22 Sari Kamisch Kaßaki] die Kosa- ken von dem gelben Rohre. Welche von ih- nen diesen Namen führen: das ist in einer der vorhergehenden Anmerkungen angezeiget worden*.
"dem-
* 402 S. 10 Anmerk.
3 J 2
19. Muhaͤmmed der IIII
24.
Als nunmehr der Friede mit den Polen errichtet und beſtaͤtiget war:Krieg mit Ruß- land. ſo brach noch in demſelben Jahre 1090 ein neuer Krieg zwiſchen dem osmani- ſchen Hofe und den Ruſſen aus. Der Hetman von Sari Kamiſch Kaßaki 22,H 1090. J. C. 1679. ſchen Hofe und den Ruſſen aus. Der Hetman von Sari Kamiſch Kaßaki 22, Doroſchenſko, hatte ſich, wie ich bereits erwaͤhnet habe, mit ſeinem geſammten Volke freywillig dem osmaniſchen Reiche unterworfen; allein nachgehends, als derſelbe bey dem polniſchen Feldzuge Theil zu nehmen verlangte, aber eine abſchlaͤgige Antwort bekam: ſo entſchloſſe er ſich, dieſen Schimpf durch den Abfall zu raͤchen. Er befand aber, wenn er nicht einen maͤchtigern Bunds- genoſſen zu Huͤlfe naͤhme: ſo wuͤrde er nicht vermoͤgend ſeyn, ſein Vorhaben auszufuͤhren; und ſeine Bemuͤhungen, ſein Vaterland zu befreyen, wuͤrden vielmehr daſſelbe noch tiefer in die Knechtſchaft verwickeln. Nachdem er nun dieſe Dinge wohl uͤberleget hatte: ſo laͤdet er durch geheime Briefe die Befehl- haber der Koſaken und andere, von denen er wußte, daß ſie den groͤßten Ein- fluß bey dem Volke hatten, zu ſich ein, und ſtellet ihnen vor, was er bisher zur Erhaltung ihrer Ruhe und Freyheit gethan habe, und durch was fuͤr Mittel er dieſelbe zu befeſtigen und zu verſichern bemuͤhet geweſen ſey. “Ich glaubte„ (ſagte derſelbe), “nachdem die Polen uns gedruͤcket und veraͤchtlich gehalten “hatten, wir wuͤrden unter dem Schutze der Tuͤrken eine ſichere Zuflucht finden. “Sie waren ſo weit von unſern Grenzen entfernet, daß wir dem Anſehen nach “keine Urſache hatten, uns vor ihnen zu fuͤrchten; und ihr Name war ihren “Feinden ſo fuͤrchterlich, daß ein Schiff unter ihrer Flagge eben ſo ſicher ſeyn “konnte, als in dem Hafen ſelbſt. Zu dieſen Gruͤnden kamen noch die Ver- “ſprechen, die ſie uns thaten, und die alſo beſchaffen waren, daß wir ſie kaum “beſſer haͤtten verlangen koͤnnen: naͤmlich, der Genuß unſerer buͤrgerlichen “und Religionsfreyheit, die Befreyung vom Tribute, und ein anſehnlicher “Antheil an der Beute, die wir in ihren Dienſten machen wuͤrden. Daß ſie “aber dieſe Verſprechen halten wuͤrden: das glaubte ich vornehmlich aus der “Urſache, weil ſie unſere Freundſchaft um ſo viel mehr zu verlangen ſchienen; “da ſie uns mehr als einmal als ihre furchtbaren Feinde hatten kennen gelernet. “Wie wenig Redlichkeit aber bey den Unglaubigen zu finden ſey: das iſt aus [Spaltenumbruch]
Sie bekennen ſich insgeſammt zu der muhaͤm- mediſchen Religion; und ungeachtet ſie vor- geben, daß ſie von eben dem Stamme waͤren, als die krimiſchen Tatarn: ſo ſind ſie doch von Natur ſchwaͤcher und von geringern Kraͤf- ten, als dieſe.
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22 Sari Kamiſch Kaßaki] die Koſa- ken von dem gelben Rohre. Welche von ih- nen dieſen Namen fuͤhren: das iſt in einer der vorhergehenden Anmerkungen angezeiget worden*.
“dem-
* 402 S. 10 Anmerk.
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24. Als nunmehr der Friede mit den Polen errichtet und beſtaͤtiget war:
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ſchen Hofe und den Ruſſen aus. Der Hetman von Sari Kamiſch Kaßaki
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Doroſchenſko, hatte ſich, wie ich bereits erwaͤhnet habe, mit ſeinem geſammten
Volke freywillig dem osmaniſchen Reiche unterworfen; allein nachgehends,
als derſelbe bey dem polniſchen Feldzuge Theil zu nehmen verlangte, aber eine
abſchlaͤgige Antwort bekam: ſo entſchloſſe er ſich, dieſen Schimpf durch den
Abfall zu raͤchen. Er befand aber, wenn er nicht einen maͤchtigern Bunds-
genoſſen zu Huͤlfe naͤhme: ſo wuͤrde er nicht vermoͤgend ſeyn, ſein Vorhaben
auszufuͤhren; und ſeine Bemuͤhungen, ſein Vaterland zu befreyen, wuͤrden
vielmehr daſſelbe noch tiefer in die Knechtſchaft verwickeln. Nachdem er nun
dieſe Dinge wohl uͤberleget hatte: ſo laͤdet er durch geheime Briefe die Befehl-
haber der Koſaken und andere, von denen er wußte, daß ſie den groͤßten Ein-
fluß bey dem Volke hatten, zu ſich ein, und ſtellet ihnen vor, was er bisher zur
Erhaltung ihrer Ruhe und Freyheit gethan habe, und durch was fuͤr Mittel er
dieſelbe zu befeſtigen und zu verſichern bemuͤhet geweſen ſey. “Ich glaubte„
(ſagte derſelbe), “nachdem die Polen uns gedruͤcket und veraͤchtlich gehalten
“hatten, wir wuͤrden unter dem Schutze der Tuͤrken eine ſichere Zuflucht finden.
“Sie waren ſo weit von unſern Grenzen entfernet, daß wir dem Anſehen nach
“keine Urſache hatten, uns vor ihnen zu fuͤrchten; und ihr Name war ihren
“Feinden ſo fuͤrchterlich, daß ein Schiff unter ihrer Flagge eben ſo ſicher ſeyn
“konnte, als in dem Hafen ſelbſt. Zu dieſen Gruͤnden kamen noch die Ver-
“ſprechen, die ſie uns thaten, und die alſo beſchaffen waren, daß wir ſie kaum
“beſſer haͤtten verlangen koͤnnen: naͤmlich, der Genuß unſerer buͤrgerlichen
“und Religionsfreyheit, die Befreyung vom Tribute, und ein anſehnlicher
“Antheil an der Beute, die wir in ihren Dienſten machen wuͤrden. Daß ſie
“aber dieſe Verſprechen halten wuͤrden: das glaubte ich vornehmlich aus der
“Urſache, weil ſie unſere Freundſchaft um ſo viel mehr zu verlangen ſchienen;
“da ſie uns mehr als einmal als ihre furchtbaren Feinde hatten kennen gelernet.
“Wie wenig Redlichkeit aber bey den Unglaubigen zu finden ſey: das iſt aus
“dem-
Sie bekennen ſich insgeſammt zu der muhaͤm-
mediſchen Religion; und ungeachtet ſie vor-
geben, daß ſie von eben dem Stamme waͤren,
als die krimiſchen Tatarn: ſo ſind ſie doch
von Natur ſchwaͤcher und von geringern Kraͤf-
ten, als dieſe.
²² Sari Kamiſch Kaßaki] die Koſa-
ken von dem gelben Rohre. Welche von ih-
nen dieſen Namen fuͤhren: das iſt in einer
der vorhergehenden Anmerkungen angezeiget
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Krieg mit Ruß-
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Dimitrie [Moldau, Woiwode], (Cantemir, Dimitrie): Geschichte des osmanischen Reichs nach seinem Anwachse und Abnehmen. Hamburg, 1745, S. 435. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/cantemir_geschichte_1745/543>, abgerufen am 25.11.2024.
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