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Dimitrie [Moldau, Woiwode], (Cantemir, Dimitrie): Geschichte des osmanischen Reichs nach seinem Anwachse und Abnehmen. Hamburg, 1745.

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Osmanische Geschichte
nicht die Nacht ihrem hitzigen Gefechte ein Ende gemacht hätte. Denn als der
Abend herbey kam, und die Türken merkten, daß wegen der Dunkelheit nichts
mehr ausgerichtet werden konnte: so zogen sie wieder in ihr Lager zurück; wel-
ches die abgematteten Polen ihnen gerne gestatteten, und sich noch dazu in ihrem
Lager gegen die Einfälle der Tatarn stark verschanzten, weil die Furcht dieselben
stark machte.

Es wird ein
Friede geschlos-sen.
21.

Indem nun beyde Läger gegen einander über stunden: so scharmüt-
zelten dieselben ganzer siebenzehen Tage lang ohne Unterlaß mit einander; dabey
bald die Polen, und bald die Türken einbüßeten. Endlich, nach vielen Schwie-
rigkeiten, wurde mitten unter den Waffen ein Friede geschlossen, und am 16
Tage des Monats Schäban von den Abgesandten beyder Theile unterzeichnet.
So bald als die Friedensurkunden gegen einander ausgewechselt waren: so
wurden die polnischen Gesandten, nachdem sie von dem Seräskjer mit türkischen
Pferden beschenket worden, entlassen, und die türkischen Geißeln kehreten eben-
fals wieder in das osmanische Lager zurück. Als die Polen nach Hause kamen:
so beriefen sie eine Versammlung der Reichsstände auf den 19 Tag des Monats
Ssülkäde zusammen, auf welcher dieselben, der gegenseitigen Bemühungen des
[Spaltenumbruch]

18 in die Stadt] Diese Hartnäckigkeit
und dieser Hochmuth des Abgesandten würde
alle Hoffnung zum Frieden vernichtet haben:
wenn nicht der Weßir, der damals schon die
Unternehmung gegen Wien im Sinne hatte,
in der Absicht, alle Mittel anzuwenden, da-
mit auf dieser Seite alles in Ruhe gesetzet
würde, dem Abgesandten etwas nachgegeben
und dem Rejs Efendi erlaubet hätte, den Frie-
den zu Dawud Pascha zu schließen. Denn
sonst sind die Türken recht abergläubisch genau
in Beobachtung solcher Gebräuche und Feier-
lichkeiten, welche von Alters her an ihrem Hofe
hergebracht sind, so daß sie eher zusähen, daß
die ganze Welt sich umkehrete, als daß sie
das mindeste Stück der Ehrenbezeigungen,
die ihnen gebühren, vorbey lassen sollten.
19 Dawud Pascha] Ein Ort, der an
der Westseite der Stadt gelegen ist, nicht über
[Spaltenumbruch]
eine italienische Meile* von den Mauren der-
selben. Man siehet allda herrliche Paläste,
die dem Sultane zugehören, einige Häuser
für die Hofbedienten, und von Stein gebaute
Ställe: welches alles recht niedliche Gebäude
sind. Außer diesen sind keine andere Häuser
daselbst anzutreffen, und auch keine Einwoh-
ner: ausgenommen die Bostandschi, die die
dabey gelegenen Gärten zu versehen haben.
Der Name dieses Ortes scheinet seinen Ur-
sprung zu haben entweder von dem Anbauer
desselben, oder von dem Aufseher des Bau-
wesens. Wann der Sultan von Constanti-
nopel nach Adrianopel reiset: so nimmt er
hier allezeit seine erste Einkehre. Dieses Da-
wud Pascha muß man unterscheiden von ei-
nem andern Dawud Pascha Mähkjemesi, das
Jildirim Bajeßid mitten in Constantinopel
bauen lassen, als die griechischen Kaiser noch
Herren von dieser Stadt waren2*.

deutschen
* eine halbe Stunde Weges.
2* 74 S. 10 Absatz.

Osmaniſche Geſchichte
nicht die Nacht ihrem hitzigen Gefechte ein Ende gemacht haͤtte. Denn als der
Abend herbey kam, und die Tuͤrken merkten, daß wegen der Dunkelheit nichts
mehr ausgerichtet werden konnte: ſo zogen ſie wieder in ihr Lager zuruͤck; wel-
ches die abgematteten Polen ihnen gerne geſtatteten, und ſich noch dazu in ihrem
Lager gegen die Einfaͤlle der Tatarn ſtark verſchanzten, weil die Furcht dieſelben
ſtark machte.

Es wird ein
Friede geſchloſ-ſen.
21.

Indem nun beyde Laͤger gegen einander uͤber ſtunden: ſo ſcharmuͤt-
zelten dieſelben ganzer ſiebenzehen Tage lang ohne Unterlaß mit einander; dabey
bald die Polen, und bald die Tuͤrken einbuͤßeten. Endlich, nach vielen Schwie-
rigkeiten, wurde mitten unter den Waffen ein Friede geſchloſſen, und am 16
Tage des Monats Schaͤban von den Abgeſandten beyder Theile unterzeichnet.
So bald als die Friedensurkunden gegen einander ausgewechſelt waren: ſo
wurden die polniſchen Geſandten, nachdem ſie von dem Seraͤskjer mit tuͤrkiſchen
Pferden beſchenket worden, entlaſſen, und die tuͤrkiſchen Geißeln kehreten eben-
fals wieder in das osmaniſche Lager zuruͤck. Als die Polen nach Hauſe kamen:
ſo beriefen ſie eine Verſammlung der Reichsſtaͤnde auf den 19 Tag des Monats
Sſuͤlkaͤde zuſammen, auf welcher dieſelben, der gegenſeitigen Bemuͤhungen des
[Spaltenumbruch]

18 in die Stadt] Dieſe Hartnaͤckigkeit
und dieſer Hochmuth des Abgeſandten wuͤrde
alle Hoffnung zum Frieden vernichtet haben:
wenn nicht der Weßir, der damals ſchon die
Unternehmung gegen Wien im Sinne hatte,
in der Abſicht, alle Mittel anzuwenden, da-
mit auf dieſer Seite alles in Ruhe geſetzet
wuͤrde, dem Abgeſandten etwas nachgegeben
und dem Rejs Efendi erlaubet haͤtte, den Frie-
den zu Dawud Paſcha zu ſchließen. Denn
ſonſt ſind die Tuͤrken recht aberglaͤubiſch genau
in Beobachtung ſolcher Gebraͤuche und Feier-
lichkeiten, welche von Alters her an ihrem Hofe
hergebracht ſind, ſo daß ſie eher zuſaͤhen, daß
die ganze Welt ſich umkehrete, als daß ſie
das mindeſte Stuͤck der Ehrenbezeigungen,
die ihnen gebuͤhren, vorbey laſſen ſollten.
19 Dawud Paſcha] Ein Ort, der an
der Weſtſeite der Stadt gelegen iſt, nicht uͤber
[Spaltenumbruch]
eine italieniſche Meile* von den Mauren der-
ſelben. Man ſiehet allda herrliche Palaͤſte,
die dem Sultane zugehoͤren, einige Haͤuſer
fuͤr die Hofbedienten, und von Stein gebaute
Staͤlle: welches alles recht niedliche Gebaͤude
ſind. Außer dieſen ſind keine andere Haͤuſer
daſelbſt anzutreffen, und auch keine Einwoh-
ner: ausgenommen die Boſtandſchi, die die
dabey gelegenen Gaͤrten zu verſehen haben.
Der Name dieſes Ortes ſcheinet ſeinen Ur-
ſprung zu haben entweder von dem Anbauer
deſſelben, oder von dem Aufſeher des Bau-
weſens. Wann der Sultan von Conſtanti-
nopel nach Adrianopel reiſet: ſo nimmt er
hier allezeit ſeine erſte Einkehre. Dieſes Da-
wud Paſcha muß man unterſcheiden von ei-
nem andern Dawud Paſcha Maͤhkjemeſi, das
Jildirim Bajeßid mitten in Conſtantinopel
bauen laſſen, als die griechiſchen Kaiſer noch
Herren von dieſer Stadt waren2*.

deutſchen
* eine halbe Stunde Weges.
2* 74 S. 10 Abſatz.
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[428/0536] Osmaniſche Geſchichte nicht die Nacht ihrem hitzigen Gefechte ein Ende gemacht haͤtte. Denn als der Abend herbey kam, und die Tuͤrken merkten, daß wegen der Dunkelheit nichts mehr ausgerichtet werden konnte: ſo zogen ſie wieder in ihr Lager zuruͤck; wel- ches die abgematteten Polen ihnen gerne geſtatteten, und ſich noch dazu in ihrem Lager gegen die Einfaͤlle der Tatarn ſtark verſchanzten, weil die Furcht dieſelben ſtark machte. 21. Indem nun beyde Laͤger gegen einander uͤber ſtunden: ſo ſcharmuͤt- zelten dieſelben ganzer ſiebenzehen Tage lang ohne Unterlaß mit einander; dabey bald die Polen, und bald die Tuͤrken einbuͤßeten. Endlich, nach vielen Schwie- rigkeiten, wurde mitten unter den Waffen ein Friede geſchloſſen, und am 16 Tage des Monats Schaͤban von den Abgeſandten beyder Theile unterzeichnet. So bald als die Friedensurkunden gegen einander ausgewechſelt waren: ſo wurden die polniſchen Geſandten, nachdem ſie von dem Seraͤskjer mit tuͤrkiſchen Pferden beſchenket worden, entlaſſen, und die tuͤrkiſchen Geißeln kehreten eben- fals wieder in das osmaniſche Lager zuruͤck. Als die Polen nach Hauſe kamen: ſo beriefen ſie eine Verſammlung der Reichsſtaͤnde auf den 19 Tag des Monats Sſuͤlkaͤde zuſammen, auf welcher dieſelben, der gegenſeitigen Bemuͤhungen des deutſchen ¹⁸ in die Stadt] Dieſe Hartnaͤckigkeit und dieſer Hochmuth des Abgeſandten wuͤrde alle Hoffnung zum Frieden vernichtet haben: wenn nicht der Weßir, der damals ſchon die Unternehmung gegen Wien im Sinne hatte, in der Abſicht, alle Mittel anzuwenden, da- mit auf dieſer Seite alles in Ruhe geſetzet wuͤrde, dem Abgeſandten etwas nachgegeben und dem Rejs Efendi erlaubet haͤtte, den Frie- den zu Dawud Paſcha zu ſchließen. Denn ſonſt ſind die Tuͤrken recht aberglaͤubiſch genau in Beobachtung ſolcher Gebraͤuche und Feier- lichkeiten, welche von Alters her an ihrem Hofe hergebracht ſind, ſo daß ſie eher zuſaͤhen, daß die ganze Welt ſich umkehrete, als daß ſie das mindeſte Stuͤck der Ehrenbezeigungen, die ihnen gebuͤhren, vorbey laſſen ſollten. ¹⁹ Dawud Paſcha] Ein Ort, der an der Weſtſeite der Stadt gelegen iſt, nicht uͤber eine italieniſche Meile * von den Mauren der- ſelben. Man ſiehet allda herrliche Palaͤſte, die dem Sultane zugehoͤren, einige Haͤuſer fuͤr die Hofbedienten, und von Stein gebaute Staͤlle: welches alles recht niedliche Gebaͤude ſind. Außer dieſen ſind keine andere Haͤuſer daſelbſt anzutreffen, und auch keine Einwoh- ner: ausgenommen die Boſtandſchi, die die dabey gelegenen Gaͤrten zu verſehen haben. Der Name dieſes Ortes ſcheinet ſeinen Ur- ſprung zu haben entweder von dem Anbauer deſſelben, oder von dem Aufſeher des Bau- weſens. Wann der Sultan von Conſtanti- nopel nach Adrianopel reiſet: ſo nimmt er hier allezeit ſeine erſte Einkehre. Dieſes Da- wud Paſcha muß man unterſcheiden von ei- nem andern Dawud Paſcha Maͤhkjemeſi, das Jildirim Bajeßid mitten in Conſtantinopel bauen laſſen, als die griechiſchen Kaiſer noch Herren von dieſer Stadt waren 2*. * eine halbe Stunde Weges. 2* 74 S. 10 Abſatz.

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Zitationshilfe: Dimitrie [Moldau, Woiwode], (Cantemir, Dimitrie): Geschichte des osmanischen Reichs nach seinem Anwachse und Abnehmen. Hamburg, 1745, S. 428. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/cantemir_geschichte_1745/536>, abgerufen am 22.11.2024.