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Dimitrie [Moldau, Woiwode], (Cantemir, Dimitrie): Geschichte des osmanischen Reichs nach seinem Anwachse und Abnehmen. Hamburg, 1745.

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19. Muhämmed der IIII
sich anfangs, dieselben durch sein Zureden wieder anzufrischen und zur Schlacht
zurück zu führen. Hierauf gebrauchet er Drohungen, bringet einige von den
vordersten Flüchtigen ums Leben, und rufet den übrigen zu: sie sollten das Ge-
setz bedenken, zu dem sie sich bekenneten; und lieber als tapfere Männer im
Streite sterben, als sich durch die Hand des Nachrichters umbringen lassen,
und solchergestalt der verheißenen Krone des Märtirthumes verlustig werden.
Endlich, als er merket, daß er weder durch Worte noch mit dem Säbel etwas
auszurichten vermag: so wird er genöthiget, sich selbst mit der Flucht zu retten;
um nicht den Feinden in die Hände zu fallen.

[Spaltenumbruch]
gorius die Vergünstigung ertheilet, die zweyte
Gemalinn zu heiraten; der dann hierauf
sein Bekenntniß zu dem katholischen Glauben
öffentlich thut. Nachdem Gregorius sich
solchergestalt Vertrauen erworben hat: so
giebt er vor, er habe einen Brief von Venedig
bekommen, darinnen man ihm berichte, daß
ein junges Fräulein aus dem adelichen Ge-
schlechte Justiniani es nicht abschlagen würde,
ihn zu heiraten. Nach Vorzeigung dieses
Briefes erhält er von dem Pabste ein Em-
pfehlungsschreiben an die Republik Venedig,
und reiset an diesen Ort ab. Hier verweilet
er einige Monate, unter dem Vorwande, daß
er Zuschickung auf sein Beylager machte, und
noch andere Sachen in Ordnung zu bringen
hätte. Endlich aber verwechselt er die Klei-
der, begiebt sich in ein Schiff aus Cypern,
und lässet sich nach Constantinopel führen.
Nachdem er solchergestalt den Kaiser und den
Pabst beyderseits betrogen hatte: so hielte er
sich zu Constantinopel eine Zeitlang in dem
Hause seines Freundes Panagiotes auf, bis
er eine völlige Vergebung und Vergessung
alles Vorgegangenen von dem Sultane erlan-
get hatte. Hierauf hielt er zu Constantinopel
seinen öffentlichen Einzug, und erlangte nicht
allein die Loslassung seiner Gemalinn und
Kinder, und die Wiedererstattung alles seines
Vermögens; sondern auch das Versprechen,
[Spaltenumbruch]
daß er innerhalb dreyer Monate wieder in sein
Fürstenthum sollte eingesetzet werden. Allein,
er starb vierzig Tage hernach, entweder an der
güldenen Ader, oder am Gifte, das, wie er
auf seinem Todbette aussagte, ihm ein Arzt,
Timon genennet, beygebracht hatte, der, der
Sage nach, von den Kantakuzenern dazu soll
erkauft gewesen seyn.
5 Gika] Er war ein Albanier, gebürtig
aus dem Dorfe Kjüprili, aus dem das be-
rühmte Geschlecht der Kjüprili Ogli ursprüng-
lich herstammet. Zu den Zeiten Stephans,
mit dem Zunamen Bürduse, das ist, der Fette,
Fürsten in Moldau, war derselbe Kapu Kji-
haja oder Resident an dem osmanischen Hofe.
Nachdem aber Stephan abfällig geworden
war: so wurde er zu dessen Nachfolger be-
stellet. Drey Jahre hernach versetzte man
ihn von Moldau in die Walachey. Er wurde
aber nachher dieser Würde beraubet, durch
die heimlichen Tücke seines Sohnes Gregorius,
von dem ich nur erst geredet habe. Denn,
als Gregorius sich zu Constantinopel auf-
hielte: so sagte er zu dem Weßire; sein Va-
ter sey ein alter Mann, und habe zu mancher
Zeit seine völlige Vernunft nicht; dadurch er
zuwege brachte, daß jener abgesetzet, und er
an seine Stelle zum Fürsten in der Walachey
verordnet wurde.
7. Nach-
3 G

19. Muhaͤmmed der IIII
ſich anfangs, dieſelben durch ſein Zureden wieder anzufriſchen und zur Schlacht
zuruͤck zu fuͤhren. Hierauf gebrauchet er Drohungen, bringet einige von den
vorderſten Fluͤchtigen ums Leben, und rufet den uͤbrigen zu: ſie ſollten das Ge-
ſetz bedenken, zu dem ſie ſich bekenneten; und lieber als tapfere Maͤnner im
Streite ſterben, als ſich durch die Hand des Nachrichters umbringen laſſen,
und ſolchergeſtalt der verheißenen Krone des Maͤrtirthumes verluſtig werden.
Endlich, als er merket, daß er weder durch Worte noch mit dem Saͤbel etwas
auszurichten vermag: ſo wird er genoͤthiget, ſich ſelbſt mit der Flucht zu retten;
um nicht den Feinden in die Haͤnde zu fallen.

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gorius die Verguͤnſtigung ertheilet, die zweyte
Gemalinn zu heiraten; der dann hierauf
ſein Bekenntniß zu dem katholiſchen Glauben
oͤffentlich thut. Nachdem Gregorius ſich
ſolchergeſtalt Vertrauen erworben hat: ſo
giebt er vor, er habe einen Brief von Venedig
bekommen, darinnen man ihm berichte, daß
ein junges Fraͤulein aus dem adelichen Ge-
ſchlechte Juſtiniani es nicht abſchlagen wuͤrde,
ihn zu heiraten. Nach Vorzeigung dieſes
Briefes erhaͤlt er von dem Pabſte ein Em-
pfehlungsſchreiben an die Republik Venedig,
und reiſet an dieſen Ort ab. Hier verweilet
er einige Monate, unter dem Vorwande, daß
er Zuſchickung auf ſein Beylager machte, und
noch andere Sachen in Ordnung zu bringen
haͤtte. Endlich aber verwechſelt er die Klei-
der, begiebt ſich in ein Schiff aus Cypern,
und laͤſſet ſich nach Conſtantinopel fuͤhren.
Nachdem er ſolchergeſtalt den Kaiſer und den
Pabſt beyderſeits betrogen hatte: ſo hielte er
ſich zu Conſtantinopel eine Zeitlang in dem
Hauſe ſeines Freundes Panagiotes auf, bis
er eine voͤllige Vergebung und Vergeſſung
alles Vorgegangenen von dem Sultane erlan-
get hatte. Hierauf hielt er zu Conſtantinopel
ſeinen oͤffentlichen Einzug, und erlangte nicht
allein die Loslaſſung ſeiner Gemalinn und
Kinder, und die Wiedererſtattung alles ſeines
Vermoͤgens; ſondern auch das Verſprechen,
[Spaltenumbruch]
daß er innerhalb dreyer Monate wieder in ſein
Fuͤrſtenthum ſollte eingeſetzet werden. Allein,
er ſtarb vierzig Tage hernach, entweder an der
guͤldenen Ader, oder am Gifte, das, wie er
auf ſeinem Todbette ausſagte, ihm ein Arzt,
Timon genennet, beygebracht hatte, der, der
Sage nach, von den Kantakuzenern dazu ſoll
erkauft geweſen ſeyn.
5 Gika] Er war ein Albanier, gebuͤrtig
aus dem Dorfe Kjuͤprili, aus dem das be-
ruͤhmte Geſchlecht der Kjuͤprili Ogli urſpruͤng-
lich herſtammet. Zu den Zeiten Stephans,
mit dem Zunamen Buͤrduſe, das iſt, der Fette,
Fuͤrſten in Moldau, war derſelbe Kapu Kji-
haja oder Reſident an dem osmaniſchen Hofe.
Nachdem aber Stephan abfaͤllig geworden
war: ſo wurde er zu deſſen Nachfolger be-
ſtellet. Drey Jahre hernach verſetzte man
ihn von Moldau in die Walachey. Er wurde
aber nachher dieſer Wuͤrde beraubet, durch
die heimlichen Tuͤcke ſeines Sohnes Gregorius,
von dem ich nur erſt geredet habe. Denn,
als Gregorius ſich zu Conſtantinopel auf-
hielte: ſo ſagte er zu dem Weßire; ſein Va-
ter ſey ein alter Mann, und habe zu mancher
Zeit ſeine voͤllige Vernunft nicht; dadurch er
zuwege brachte, daß jener abgeſetzet, und er
an ſeine Stelle zum Fuͤrſten in der Walachey
verordnet wurde.
7. Nach-
3 G
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[417/0525] 19. Muhaͤmmed der IIII ſich anfangs, dieſelben durch ſein Zureden wieder anzufriſchen und zur Schlacht zuruͤck zu fuͤhren. Hierauf gebrauchet er Drohungen, bringet einige von den vorderſten Fluͤchtigen ums Leben, und rufet den uͤbrigen zu: ſie ſollten das Ge- ſetz bedenken, zu dem ſie ſich bekenneten; und lieber als tapfere Maͤnner im Streite ſterben, als ſich durch die Hand des Nachrichters umbringen laſſen, und ſolchergeſtalt der verheißenen Krone des Maͤrtirthumes verluſtig werden. Endlich, als er merket, daß er weder durch Worte noch mit dem Saͤbel etwas auszurichten vermag: ſo wird er genoͤthiget, ſich ſelbſt mit der Flucht zu retten; um nicht den Feinden in die Haͤnde zu fallen. 7. Nach- gorius die Verguͤnſtigung ertheilet, die zweyte Gemalinn zu heiraten; der dann hierauf ſein Bekenntniß zu dem katholiſchen Glauben oͤffentlich thut. Nachdem Gregorius ſich ſolchergeſtalt Vertrauen erworben hat: ſo giebt er vor, er habe einen Brief von Venedig bekommen, darinnen man ihm berichte, daß ein junges Fraͤulein aus dem adelichen Ge- ſchlechte Juſtiniani es nicht abſchlagen wuͤrde, ihn zu heiraten. Nach Vorzeigung dieſes Briefes erhaͤlt er von dem Pabſte ein Em- pfehlungsſchreiben an die Republik Venedig, und reiſet an dieſen Ort ab. Hier verweilet er einige Monate, unter dem Vorwande, daß er Zuſchickung auf ſein Beylager machte, und noch andere Sachen in Ordnung zu bringen haͤtte. Endlich aber verwechſelt er die Klei- der, begiebt ſich in ein Schiff aus Cypern, und laͤſſet ſich nach Conſtantinopel fuͤhren. Nachdem er ſolchergeſtalt den Kaiſer und den Pabſt beyderſeits betrogen hatte: ſo hielte er ſich zu Conſtantinopel eine Zeitlang in dem Hauſe ſeines Freundes Panagiotes auf, bis er eine voͤllige Vergebung und Vergeſſung alles Vorgegangenen von dem Sultane erlan- get hatte. Hierauf hielt er zu Conſtantinopel ſeinen oͤffentlichen Einzug, und erlangte nicht allein die Loslaſſung ſeiner Gemalinn und Kinder, und die Wiedererſtattung alles ſeines Vermoͤgens; ſondern auch das Verſprechen, daß er innerhalb dreyer Monate wieder in ſein Fuͤrſtenthum ſollte eingeſetzet werden. Allein, er ſtarb vierzig Tage hernach, entweder an der guͤldenen Ader, oder am Gifte, das, wie er auf ſeinem Todbette ausſagte, ihm ein Arzt, Timon genennet, beygebracht hatte, der, der Sage nach, von den Kantakuzenern dazu ſoll erkauft geweſen ſeyn. ⁵ Gika] Er war ein Albanier, gebuͤrtig aus dem Dorfe Kjuͤprili, aus dem das be- ruͤhmte Geſchlecht der Kjuͤprili Ogli urſpruͤng- lich herſtammet. Zu den Zeiten Stephans, mit dem Zunamen Buͤrduſe, das iſt, der Fette, Fuͤrſten in Moldau, war derſelbe Kapu Kji- haja oder Reſident an dem osmaniſchen Hofe. Nachdem aber Stephan abfaͤllig geworden war: ſo wurde er zu deſſen Nachfolger be- ſtellet. Drey Jahre hernach verſetzte man ihn von Moldau in die Walachey. Er wurde aber nachher dieſer Wuͤrde beraubet, durch die heimlichen Tuͤcke ſeines Sohnes Gregorius, von dem ich nur erſt geredet habe. Denn, als Gregorius ſich zu Conſtantinopel auf- hielte: ſo ſagte er zu dem Weßire; ſein Va- ter ſey ein alter Mann, und habe zu mancher Zeit ſeine voͤllige Vernunft nicht; dadurch er zuwege brachte, daß jener abgeſetzet, und er an ſeine Stelle zum Fuͤrſten in der Walachey verordnet wurde. 3 G

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Zitationshilfe: Dimitrie [Moldau, Woiwode], (Cantemir, Dimitrie): Geschichte des osmanischen Reichs nach seinem Anwachse und Abnehmen. Hamburg, 1745, S. 417. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/cantemir_geschichte_1745/525>, abgerufen am 25.11.2024.