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Dimitrie [Moldau, Woiwode], (Cantemir, Dimitrie): Geschichte des osmanischen Reichs nach seinem Anwachse und Abnehmen. Hamburg, 1745.

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19. Muhämmed der IIII
lenheiten desto bessere Vorsorge thun könnte. Hier langen bey demselben Abge-
sandten von den Sari Kamisch Kaßaki 10 an, die, im Namen ihrer Landesleute,
sich nebst ihrem Lande dem Kaiser in Unterthänigkeit zur Unterwerfung anbie-
ten. Unter diesen befindet sich ihr Hetman Doroschensko selbst. Der Kaiser
empfänget denselben sehr gnädig, beschenket ihn mit einem Statsrocke, und läs-
set ihn mit der Begnadigung von einem Tug 11 und Aelem Sandschak, zum Zei-
chen seiner Gewalt, wieder von sich. Dabey aber befiehlet er ihm, die Räu-
bereyen, die die Kosaken manchmal so gar bis in die Vorstädte von Constan-
tinopel getrieben hatten, abzustellen, dem osmanischen Reiche getreu zu seyn,
und ihre Waffen, damit sie bisher den Müsülmanen öfters Schaden zugefüget
hatten, gegen die Feinde derselben zu kehren. Hingegen verspricht ihnen der
Sultan, im Falle daß ein Krieg zwischen ihnen und den Polen oder Russen
entstehen sollte, ihnen mit aller seiner Macht beyzustehen, und sie gegen alle Ge-
walt zu schützen.

10.

Als Doroschensko diese Verhandlungen bey seiner Zurückkunft sei-Der König in
Polen ahndet
dieses:

nem Volke bekannt machte: so erfreuete sich dasselbe höchlich darüber; ihren
[Spaltenumbruch]

beleget, die zwischen dem Dnjeper und Dnje-
ster wohnen. Sie stunden vor diesem unter
Polen: itzo aber sind sie theils den Polen,
und theils den Russen unterworfen. Sie ha-
ben zu verschiedenen Zeiten unterschiedene Na-
men von den Türken bekommen. Denn nach
der Unterwerfung Doroschenskos wurden sie
von ihrem Hetman, Doroschensko Kaßaki
genennet; und als sie abfällig wurden, und
sich an die Russen ergaben: hieße man sie
Sirke Kaßaki, ebenfals von ihrem Anführer
Sirka. Nach dem ersten Frieden mit dem
Könige in Polen, Johann Sobjeski, kraft
dessen sie unter der Botmäßigkeit der Türken
verblieben, verknüpfte Muhämmed ihr Land
mit dem Fürstenthume Moldau, und befahl,
daß man Duka, dem damaligen Fürsten von
Moldau, auch zugleich den Titel als Hetman
von der Ukraina geben sollte; und die Stadt
Nemirow wurde ihm zu seinem Sitze ange-
wiesen. Allein nach der Niederlage vor Wien,
dabey Duka von den Polen gefangen wurde,
[Spaltenumbruch]
gaben die Türken durch den Frieden zu Car-
lowitsch den Polen dieses ganze Land nebst Ka-
mjenjez wieder zurück. Ich habe oft aus der
Türken Munde gehöret: sie hätten das Chutbe
und Eßan an diesen Orten hersagen gehöret;
und deswegen könne es Gott unmöglich ge-
fällig seyn, zu gestatten, daß dieses Land in
den Händen der Christen bliebe: es müsse
daher bey der ersten Gelegenheit wieder ero-
bert werden.
11 Tug] Roßschweif. Dieser wurde
nachgehends, als das Land Duka verliehen
worden, wieder weggenommen; denn der
Weßir, wie er selbst sagte, wollte keinen Un-
glaubigen mit dreyen Roßschweifen beehren
(wiewol vor diesem der Fürst von Moldau,
Jeremias Mogila, diesen Vorzug genossen
hatte), und ihn solchergestalt sich selbst gleich
machen. Jedoch behielte derselbe noch die
Sandschak oder Standarte, als das Zeichen
seiner Gewalt.

Nachbarn
3 E 2

19. Muhaͤmmed der IIII
lenheiten deſto beſſere Vorſorge thun koͤnnte. Hier langen bey demſelben Abge-
ſandten von den Sari Kamiſch Kaßaki 10 an, die, im Namen ihrer Landesleute,
ſich nebſt ihrem Lande dem Kaiſer in Unterthaͤnigkeit zur Unterwerfung anbie-
ten. Unter dieſen befindet ſich ihr Hetman Doroſchenſko ſelbſt. Der Kaiſer
empfaͤnget denſelben ſehr gnaͤdig, beſchenket ihn mit einem Statsrocke, und laͤſ-
ſet ihn mit der Begnadigung von einem Tug 11 und Aelem Sandſchak, zum Zei-
chen ſeiner Gewalt, wieder von ſich. Dabey aber befiehlet er ihm, die Raͤu-
bereyen, die die Koſaken manchmal ſo gar bis in die Vorſtaͤdte von Conſtan-
tinopel getrieben hatten, abzuſtellen, dem osmaniſchen Reiche getreu zu ſeyn,
und ihre Waffen, damit ſie bisher den Muͤſuͤlmanen oͤfters Schaden zugefuͤget
hatten, gegen die Feinde derſelben zu kehren. Hingegen verſpricht ihnen der
Sultan, im Falle daß ein Krieg zwiſchen ihnen und den Polen oder Ruſſen
entſtehen ſollte, ihnen mit aller ſeiner Macht beyzuſtehen, und ſie gegen alle Ge-
walt zu ſchuͤtzen.

10.

Als Doroſchenſko dieſe Verhandlungen bey ſeiner Zuruͤckkunft ſei-Der Koͤnig in
Polen ahndet
dieſes:

nem Volke bekannt machte: ſo erfreuete ſich daſſelbe hoͤchlich daruͤber; ihren
[Spaltenumbruch]

beleget, die zwiſchen dem Dnjeper und Dnje-
ſter wohnen. Sie ſtunden vor dieſem unter
Polen: itzo aber ſind ſie theils den Polen,
und theils den Ruſſen unterworfen. Sie ha-
ben zu verſchiedenen Zeiten unterſchiedene Na-
men von den Tuͤrken bekommen. Denn nach
der Unterwerfung Doroſchenſkos wurden ſie
von ihrem Hetman, Doroſchenſko Kaßaki
genennet; und als ſie abfaͤllig wurden, und
ſich an die Ruſſen ergaben: hieße man ſie
Sirke Kaßaki, ebenfals von ihrem Anfuͤhrer
Sirka. Nach dem erſten Frieden mit dem
Koͤnige in Polen, Johann Sobjeſki, kraft
deſſen ſie unter der Botmaͤßigkeit der Tuͤrken
verblieben, verknuͤpfte Muhaͤmmed ihr Land
mit dem Fuͤrſtenthume Moldau, und befahl,
daß man Duka, dem damaligen Fuͤrſten von
Moldau, auch zugleich den Titel als Hetman
von der Ukraina geben ſollte; und die Stadt
Nemirow wurde ihm zu ſeinem Sitze ange-
wieſen. Allein nach der Niederlage vor Wien,
dabey Duka von den Polen gefangen wurde,
[Spaltenumbruch]
gaben die Tuͤrken durch den Frieden zu Car-
lowitſch den Polen dieſes ganze Land nebſt Ka-
mjenjez wieder zuruͤck. Ich habe oft aus der
Tuͤrken Munde gehoͤret: ſie haͤtten das Chutbe
und Eßan an dieſen Orten herſagen gehoͤret;
und deswegen koͤnne es Gott unmoͤglich ge-
faͤllig ſeyn, zu geſtatten, daß dieſes Land in
den Haͤnden der Chriſten bliebe: es muͤſſe
daher bey der erſten Gelegenheit wieder ero-
bert werden.
11 Tug] Roßſchweif. Dieſer wurde
nachgehends, als das Land Duka verliehen
worden, wieder weggenommen; denn der
Weßir, wie er ſelbſt ſagte, wollte keinen Un-
glaubigen mit dreyen Roßſchweifen beehren
(wiewol vor dieſem der Fuͤrſt von Moldau,
Jeremias Mogila, dieſen Vorzug genoſſen
hatte), und ihn ſolchergeſtalt ſich ſelbſt gleich
machen. Jedoch behielte derſelbe noch die
Sandſchak oder Standarte, als das Zeichen
ſeiner Gewalt.

Nachbarn
3 E 2
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[403/0511] 19. Muhaͤmmed der IIII lenheiten deſto beſſere Vorſorge thun koͤnnte. Hier langen bey demſelben Abge- ſandten von den Sari Kamiſch Kaßaki ¹⁰ an, die, im Namen ihrer Landesleute, ſich nebſt ihrem Lande dem Kaiſer in Unterthaͤnigkeit zur Unterwerfung anbie- ten. Unter dieſen befindet ſich ihr Hetman Doroſchenſko ſelbſt. Der Kaiſer empfaͤnget denſelben ſehr gnaͤdig, beſchenket ihn mit einem Statsrocke, und laͤſ- ſet ihn mit der Begnadigung von einem Tug ¹¹ und Aelem Sandſchak, zum Zei- chen ſeiner Gewalt, wieder von ſich. Dabey aber befiehlet er ihm, die Raͤu- bereyen, die die Koſaken manchmal ſo gar bis in die Vorſtaͤdte von Conſtan- tinopel getrieben hatten, abzuſtellen, dem osmaniſchen Reiche getreu zu ſeyn, und ihre Waffen, damit ſie bisher den Muͤſuͤlmanen oͤfters Schaden zugefuͤget hatten, gegen die Feinde derſelben zu kehren. Hingegen verſpricht ihnen der Sultan, im Falle daß ein Krieg zwiſchen ihnen und den Polen oder Ruſſen entſtehen ſollte, ihnen mit aller ſeiner Macht beyzuſtehen, und ſie gegen alle Ge- walt zu ſchuͤtzen. 10. Als Doroſchenſko dieſe Verhandlungen bey ſeiner Zuruͤckkunft ſei- nem Volke bekannt machte: ſo erfreuete ſich daſſelbe hoͤchlich daruͤber; ihren Nachbarn beleget, die zwiſchen dem Dnjeper und Dnje- ſter wohnen. Sie ſtunden vor dieſem unter Polen: itzo aber ſind ſie theils den Polen, und theils den Ruſſen unterworfen. Sie ha- ben zu verſchiedenen Zeiten unterſchiedene Na- men von den Tuͤrken bekommen. Denn nach der Unterwerfung Doroſchenſkos wurden ſie von ihrem Hetman, Doroſchenſko Kaßaki genennet; und als ſie abfaͤllig wurden, und ſich an die Ruſſen ergaben: hieße man ſie Sirke Kaßaki, ebenfals von ihrem Anfuͤhrer Sirka. Nach dem erſten Frieden mit dem Koͤnige in Polen, Johann Sobjeſki, kraft deſſen ſie unter der Botmaͤßigkeit der Tuͤrken verblieben, verknuͤpfte Muhaͤmmed ihr Land mit dem Fuͤrſtenthume Moldau, und befahl, daß man Duka, dem damaligen Fuͤrſten von Moldau, auch zugleich den Titel als Hetman von der Ukraina geben ſollte; und die Stadt Nemirow wurde ihm zu ſeinem Sitze ange- wieſen. Allein nach der Niederlage vor Wien, dabey Duka von den Polen gefangen wurde, gaben die Tuͤrken durch den Frieden zu Car- lowitſch den Polen dieſes ganze Land nebſt Ka- mjenjez wieder zuruͤck. Ich habe oft aus der Tuͤrken Munde gehoͤret: ſie haͤtten das Chutbe und Eßan an dieſen Orten herſagen gehoͤret; und deswegen koͤnne es Gott unmoͤglich ge- faͤllig ſeyn, zu geſtatten, daß dieſes Land in den Haͤnden der Chriſten bliebe: es muͤſſe daher bey der erſten Gelegenheit wieder ero- bert werden. ¹¹ Tug] Roßſchweif. Dieſer wurde nachgehends, als das Land Duka verliehen worden, wieder weggenommen; denn der Weßir, wie er ſelbſt ſagte, wollte keinen Un- glaubigen mit dreyen Roßſchweifen beehren (wiewol vor dieſem der Fuͤrſt von Moldau, Jeremias Mogila, dieſen Vorzug genoſſen hatte), und ihn ſolchergeſtalt ſich ſelbſt gleich machen. Jedoch behielte derſelbe noch die Sandſchak oder Standarte, als das Zeichen ſeiner Gewalt. Der Koͤnig in Polen ahndet dieſes: 3 E 2

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Zitationshilfe: Dimitrie [Moldau, Woiwode], (Cantemir, Dimitrie): Geschichte des osmanischen Reichs nach seinem Anwachse und Abnehmen. Hamburg, 1745, S. 403. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/cantemir_geschichte_1745/511>, abgerufen am 25.11.2024.