Geschichte der Regierung Muhämmeds des IIII, neunzehenten Kaisers der Türken. Des dritten Buches zwölftes Hauptstück.
1.
Nachdem Ibrahim mit dem Märtirthume gekrönet war: soMuhämmed gelanget zur Re- gierung. wurde dessen Sohn Muhämmed 1 im Jahre 1058, am achtzehenten des Monats Redscheb, da derselbe erst siebenH. 1058. J. C. 1648. Jahre alt war, von den Jeng-itscheri zum Kaiser ausge- rufen und auf den Thron gesetzet.
2.
In diesem zarten Alter gab derselbe bereits sehr merkliche ProbenOeffentliche Geschichte, die in seinen jüngern Jahren vorge- gangen sind. von seiner zukünftigen Größe, und von der Hoffnung, die die Osmanen sich von ihm machen sollten. Nachdem der öffentliche Schatz, der durch seines Vaters wollüstige Lebensart erschöpfet war, durch die Veranstaltung Kjü- [Spaltenumbruch]
1 Muhämmed] Seine Mutter war eines griechischen Priesters Tochter, die zu des Sultan Murads Zeiten (da noch das Gesetz, nach dem man den Christen ihre Kinder als einen Tribut abnahm, seine Gültigkeit hatte) aus Morea gebracht, und wegen ihrer Schön- heit in das kaiserliche Seraj aufgenommen wurde. Als dieselbe Walide Sultane wurde: so ließ sie Nachfrage halten, wo ihre Mutter sey. Man befand, daß sie sich bey ihr in dem Palaste aufhielte: da sie dann noch viele Jahre [Spaltenumbruch] bey ihr bliebe; aber durch keinerley Zureden bewogen werden konnte, muhämmedisch zu wer- den. Endlich, als sie in der Bekenntniß der wahren Religion, der sie beständig ergeben geblieben war, verstarb: so ließ ihr Enkel, Sultan Muhämmed, dieselbe aus dem Palaste bringen, und nach den Gebräuchen der grie- chischen Kirche durch den Patriarchen, in Be- gleitung seiner gesammten Geistlichkeit, be- graben.
prili
3 C 2
Geſchichte der Regierung Muhaͤmmeds des IIII‚ neunzehenten Kaiſers der Tuͤrken. Des dritten Buches zwoͤlftes Hauptſtuͤck.
1.
Nachdem Ibrahim mit dem Maͤrtirthume gekroͤnet war: ſoMuhaͤmmed gelanget zur Re- gierung. wurde deſſen Sohn Muhaͤmmed 1 im Jahre 1058, am achtzehenten des Monats Redſcheb, da derſelbe erſt ſiebenH. 1058. J. C. 1648. Jahre alt war, von den Jeng-itſcheri zum Kaiſer ausge- rufen und auf den Thron geſetzet.
2.
In dieſem zarten Alter gab derſelbe bereits ſehr merkliche ProbenOeffentliche Geſchichte, die in ſeinen juͤngern Jahren vorge- gangen ſind. von ſeiner zukuͤnftigen Groͤße, und von der Hoffnung, die die Osmanen ſich von ihm machen ſollten. Nachdem der oͤffentliche Schatz, der durch ſeines Vaters wolluͤſtige Lebensart erſchoͤpfet war, durch die Veranſtaltung Kjuͤ- [Spaltenumbruch]
1 Muhaͤmmed] Seine Mutter war eines griechiſchen Prieſters Tochter, die zu des Sultan Murads Zeiten (da noch das Geſetz, nach dem man den Chriſten ihre Kinder als einen Tribut abnahm, ſeine Guͤltigkeit hatte) aus Morea gebracht, und wegen ihrer Schoͤn- heit in das kaiſerliche Seraj aufgenommen wurde. Als dieſelbe Walide Sultane wurde: ſo ließ ſie Nachfrage halten, wo ihre Mutter ſey. Man befand, daß ſie ſich bey ihr in dem Palaſte aufhielte: da ſie dann noch viele Jahre [Spaltenumbruch] bey ihr bliebe; aber durch keinerley Zureden bewogen werden konnte, muhaͤmmediſch zu wer- den. Endlich, als ſie in der Bekenntniß der wahren Religion, der ſie beſtaͤndig ergeben geblieben war, verſtarb: ſo ließ ihr Enkel, Sultan Muhaͤmmed, dieſelbe aus dem Palaſte bringen, und nach den Gebraͤuchen der grie- chiſchen Kirche durch den Patriarchen, in Be- gleitung ſeiner geſammten Geiſtlichkeit, be- graben.
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Geſchichte
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1.
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im Jahre 1058, am
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Jahre alt war, von den Jeng-itſcheri zum Kaiſer ausge-
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gelanget zur Re-
gierung.
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J. C. 1648.
2. In dieſem zarten Alter gab derſelbe bereits ſehr merkliche Proben
von ſeiner zukuͤnftigen Groͤße, und von der Hoffnung, die die Osmanen ſich
von ihm machen ſollten. Nachdem der oͤffentliche Schatz, der durch ſeines
Vaters wolluͤſtige Lebensart erſchoͤpfet war, durch die Veranſtaltung Kjuͤ-
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¹ Muhaͤmmed] Seine Mutter war
eines griechiſchen Prieſters Tochter, die zu des
Sultan Murads Zeiten (da noch das Geſetz,
nach dem man den Chriſten ihre Kinder als
einen Tribut abnahm, ſeine Guͤltigkeit hatte)
aus Morea gebracht, und wegen ihrer Schoͤn-
heit in das kaiſerliche Seraj aufgenommen
wurde. Als dieſelbe Walide Sultane wurde:
ſo ließ ſie Nachfrage halten, wo ihre Mutter
ſey. Man befand, daß ſie ſich bey ihr in dem
Palaſte aufhielte: da ſie dann noch viele Jahre
bey ihr bliebe; aber durch keinerley Zureden
bewogen werden konnte, muhaͤmmediſch zu wer-
den. Endlich, als ſie in der Bekenntniß
der wahren Religion, der ſie beſtaͤndig ergeben
geblieben war, verſtarb: ſo ließ ihr Enkel,
Sultan Muhaͤmmed, dieſelbe aus dem Palaſte
bringen, und nach den Gebraͤuchen der grie-
chiſchen Kirche durch den Patriarchen, in Be-
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Geſchichte, die
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Dimitrie [Moldau, Woiwode], (Cantemir, Dimitrie): Geschichte des osmanischen Reichs nach seinem Anwachse und Abnehmen. Hamburg, 1745, S. 387. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/cantemir_geschichte_1745/495>, abgerufen am 23.11.2024.
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