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Dimitrie [Moldau, Woiwode], (Cantemir, Dimitrie): Geschichte des osmanischen Reichs nach seinem Anwachse und Abnehmen. Hamburg, 1745.

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des Verfassers
lich saget, daß diejenigen Fürsten, die von den tschinesischen Landschaften sich
mit Temurlenkj vereiniget haben, aus Türkjistan gekommen seyen. Seine
Worte sind diese: "Unter den Königen von Türkjistan vereinigten zwanzig
"berühmte Fürsten ihre Truppen mit Temurs seinen, und schlugen ihre Zelte
"in dessen Lager auf." Daß aber die Türken von den ogußischen Tatarn
herstammen: das werde ich erweisen, wann ich auf den Ursprung des osma-
nischen Geschlechts komme. Was die Türkjmanen betrifft, denen der osma-
nische Sultan gegenwärtig einen Fürsten giebt und ihn nach Belieben wieder
absetzet: so haben dieselben keine beständigen Wohnungen; sondern leben in
Zelten (Oba genennet), und wandern hin und her bis nach Erßirum 12, durch
einen Theil von Großarmenien (vor diesem Assyrien), der noch itzo von eini-
gen christlichen Schriftstellern Turcomanien genennet wird; ein Name, der
in den türkischen Jahrbüchern ganz unbekannt ist. Denn alle die alten türki-
schen Geschichtschreiber und Erdbeschreiber geben Großarmenien einen gleich-
bedeutenden Namen mit dem unsrigen, Ermenijei kjübra; und Kleinarmenien
pflegen dieselben Ermenijei sugra zu nennen: welches vielleicht ein guter Be-
weis ist, daß die Türkjmanen keine ursprünglichen Einwohner des Landes sind.
Sie bekennen sich zwar insgesammt zu der muhämmedischen Religion; weil
sie aber keine Häuser haben: so verabsäumen sie viele Gebote des Kurons,
sonderlich das fünfmalige Gebet, das alle Tage geschehen soll. Einige unter
diesem Volke wurden von dem Sultane Murad dem IIII gezwungen, nach
Europa zu ziehen, da man ihnen das platte Land zwischen den Bergen des
Gebirges Hömus (das die Türken heutiges Tages Tschenge heißen) zu bewoh-
nen gab, von Aetos (einer bekannten Stadt an dem Fuße des Hömus) bis
nach Philippopel: da dieselben, nach ihrer Landesart, in Zelten wohnen und
ihre Felder bauen; aber doch weit besser gesittet sind, als die in Asien. Daß
[Spaltenumbruch]
12 [eine Stadt an dem Euphrat, ungefähr
sechszig (englische) Meilen (oder funfzehen
deutsche Meilen und 44 Min.) von Trebisond
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gelegen; eine große Durchfahrt der morgen-
ländischen Kjarwanen.]

aber
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des Verfaſſers
lich ſaget, daß diejenigen Fuͤrſten, die von den tſchineſiſchen Landſchaften ſich
mit Temurlenkj vereiniget haben, aus Tuͤrkjiſtan gekommen ſeyen. Seine
Worte ſind dieſe: “Unter den Koͤnigen von Tuͤrkjiſtan vereinigten zwanzig
“beruͤhmte Fuͤrſten ihre Truppen mit Temurs ſeinen, und ſchlugen ihre Zelte
“in deſſen Lager auf.„ Daß aber die Tuͤrken von den ogußiſchen Tatarn
herſtammen: das werde ich erweiſen, wann ich auf den Urſprung des osma-
niſchen Geſchlechts komme. Was die Tuͤrkjmanen betrifft, denen der osma-
niſche Sultan gegenwaͤrtig einen Fuͤrſten giebt und ihn nach Belieben wieder
abſetzet: ſo haben dieſelben keine beſtaͤndigen Wohnungen; ſondern leben in
Zelten (Oba genennet), und wandern hin und her bis nach Erßirum 12, durch
einen Theil von Großarmenien (vor dieſem Aſſyrien), der noch itzo von eini-
gen chriſtlichen Schriftſtellern Turcomanien genennet wird; ein Name, der
in den tuͤrkiſchen Jahrbuͤchern ganz unbekannt iſt. Denn alle die alten tuͤrki-
ſchen Geſchichtſchreiber und Erdbeſchreiber geben Großarmenien einen gleich-
bedeutenden Namen mit dem unſrigen, Ermenijei kjuͤbra; und Kleinarmenien
pflegen dieſelben Ermenijei ſugra zu nennen: welches vielleicht ein guter Be-
weis iſt, daß die Tuͤrkjmanen keine urſpruͤnglichen Einwohner des Landes ſind.
Sie bekennen ſich zwar insgeſammt zu der muhaͤmmediſchen Religion; weil
ſie aber keine Haͤuſer haben: ſo verabſaͤumen ſie viele Gebote des Kurons,
ſonderlich das fuͤnfmalige Gebet, das alle Tage geſchehen ſoll. Einige unter
dieſem Volke wurden von dem Sultane Murad dem IIII gezwungen, nach
Europa zu ziehen, da man ihnen das platte Land zwiſchen den Bergen des
Gebirges Hoͤmus (das die Tuͤrken heutiges Tages Tſchenge heißen) zu bewoh-
nen gab, von Aetos (einer bekannten Stadt an dem Fuße des Hoͤmus) bis
nach Philippopel: da dieſelben, nach ihrer Landesart, in Zelten wohnen und
ihre Felder bauen; aber doch weit beſſer geſittet ſind, als die in Aſien. Daß
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12 [eine Stadt an dem Euphrat, ungefaͤhr
ſechszig (engliſche) Meilen (oder funfzehen
deutſche Meilen und 44 Min.) von Trebiſond
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gelegen; eine große Durchfahrt der morgen-
laͤndiſchen Kjarwanen.]

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[43/0049] des Verfaſſers lich ſaget, daß diejenigen Fuͤrſten, die von den tſchineſiſchen Landſchaften ſich mit Temurlenkj vereiniget haben, aus Tuͤrkjiſtan gekommen ſeyen. Seine Worte ſind dieſe: “Unter den Koͤnigen von Tuͤrkjiſtan vereinigten zwanzig “beruͤhmte Fuͤrſten ihre Truppen mit Temurs ſeinen, und ſchlugen ihre Zelte “in deſſen Lager auf.„ Daß aber die Tuͤrken von den ogußiſchen Tatarn herſtammen: das werde ich erweiſen, wann ich auf den Urſprung des osma- niſchen Geſchlechts komme. Was die Tuͤrkjmanen betrifft, denen der osma- niſche Sultan gegenwaͤrtig einen Fuͤrſten giebt und ihn nach Belieben wieder abſetzet: ſo haben dieſelben keine beſtaͤndigen Wohnungen; ſondern leben in Zelten (Oba genennet), und wandern hin und her bis nach Erßirum ¹² , durch einen Theil von Großarmenien (vor dieſem Aſſyrien), der noch itzo von eini- gen chriſtlichen Schriftſtellern Turcomanien genennet wird; ein Name, der in den tuͤrkiſchen Jahrbuͤchern ganz unbekannt iſt. Denn alle die alten tuͤrki- ſchen Geſchichtſchreiber und Erdbeſchreiber geben Großarmenien einen gleich- bedeutenden Namen mit dem unſrigen, Ermenijei kjuͤbra; und Kleinarmenien pflegen dieſelben Ermenijei ſugra zu nennen: welches vielleicht ein guter Be- weis iſt, daß die Tuͤrkjmanen keine urſpruͤnglichen Einwohner des Landes ſind. Sie bekennen ſich zwar insgeſammt zu der muhaͤmmediſchen Religion; weil ſie aber keine Haͤuſer haben: ſo verabſaͤumen ſie viele Gebote des Kurons, ſonderlich das fuͤnfmalige Gebet, das alle Tage geſchehen ſoll. Einige unter dieſem Volke wurden von dem Sultane Murad dem IIII gezwungen, nach Europa zu ziehen, da man ihnen das platte Land zwiſchen den Bergen des Gebirges Hoͤmus (das die Tuͤrken heutiges Tages Tſchenge heißen) zu bewoh- nen gab, von Aetos (einer bekannten Stadt an dem Fuße des Hoͤmus) bis nach Philippopel: da dieſelben, nach ihrer Landesart, in Zelten wohnen und ihre Felder bauen; aber doch weit beſſer geſittet ſind, als die in Aſien. Daß aber ¹² [eine Stadt an dem Euphrat, ungefaͤhr ſechszig (engliſche) Meilen (oder funfzehen deutſche Meilen und 44 Min.) von Trebiſond gelegen; eine große Durchfahrt der morgen- laͤndiſchen Kjarwanen.] f 2

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Zitationshilfe: Dimitrie [Moldau, Woiwode], (Cantemir, Dimitrie): Geschichte des osmanischen Reichs nach seinem Anwachse und Abnehmen. Hamburg, 1745, S. 43. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/cantemir_geschichte_1745/49>, abgerufen am 23.11.2024.