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Dimitrie [Moldau, Woiwode], (Cantemir, Dimitrie): Geschichte des osmanischen Reichs nach seinem Anwachse und Abnehmen. Hamburg, 1745.

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Osmanische Geschichte
Weise ging also diese berühmte Stadt über, zu deren Vertheidigung der Schah
in Persien den Kern seiner Truppen und beynahe seinen ganzen Adel versam-
melt, und die zu erobern Murad die Macht des ganzen osmanischen Reiches
angewendet hatte. Dieses war die letzte Niederlage der Perser, seit der diesel-
ben nicht das Herz gehabt haben, sich zu rächen oder gegen die osmanische Macht
das Haupt empor zu heben.

kommt aus dem-
selben zurück,und stirbet.
17.

Nachdem Bägdad bezwungen war: so brachte Murad einige Tage
zu, die beschädigten Mauren ausbessern zu lassen, und in der Landschaft Arak
die nöthigen Anordnungen zu machen. Hierauf ließ er den neuen Weßir Mu-
stäfa Pascha daselbst zurück, um dasjenige, was er angefangen hatte, vollends
auszuführen, hielte in Dijarbekjir das Winterlager, und kehrete im folgenden
H. 104[9].



J. C. 1638.Frühjahre in Begleitung seiner Leibwache nach Constantinopel. Indessen aber,
da er hier auf einen Feldzug gegen die Christen bedacht war, wurde er plötzlich
H. 1049.


J. C. 1639.
von einer Krankheit überfallen, die ihn funfzehen Tage darauf, im Jahre 1049,
am 15 des Monats Schewwal, in die ewigen Wohnungen versetzte, nachdem
er ein und dreyßig Jahre gelebet, und siebenzehen Jahre regieret hatte.

Murads Eigen-schaften.
18.

Die Türken haben mit Beschreibung der Sitten und häuslichen
Geschäfften dieses Kaisers so viele Bücher angefüllet, daß man sie vielleicht mit
[Spaltenumbruch]

men er nachgehends behalten hat) die ganze
Musikkunst verloren gehe. Denn man hat
zwar keine Ursache, mir, als einem Men-
schen, das Leben zu gönnen: aber als ein
Beflissener der Musik, deren verborgene Tie-
fen ich noch nicht ergründet habe, bitte ich
um ein längeres Leben, damit ich mich in
dieser göttlichen Kunst vollkommener machen
könne; eine Kunst, wenn ich sie völlig errei-
che, die ich nicht für euer ganzes Kaiserthum
weggeben wollte. Nachdem ihm also befoh-
len wurde, von seiner Geschicklichkeit eine
Probe zu machen: so nahm er ein Scheschta*
in die Hand (ein Instrument, das im Ara-
bischen Tambur2*, und im Griechischen Psal-
terion genennet wird), und sang dazu ein
Klagelied von der Eroberung Bägdads und
[Spaltenumbruch]
Murads Lobe, mit so anmuthiger Stimme
und so vieler Geschicklichkeit, daß Murad
selbst die Threnen darüber ausbrachen, als
der sich nicht so lange enthalten konnte, bis
der Musikkünstler seinen Gesang zu Ende ge-
bracht hatte. Um seinetwillen nun befahl
Murad, diejenigen Gefangenen, die noch im
Leben wären, nicht allein nicht umzubringen,
sondern sogar in Freyheit zu setzen. Diesen
Musikverständigen nahm Murad nachgehends
mit sich nach Constantinopel, und hielte sehr
viel von ihm. In der That kamen auch des-
sen persische Werke von der Musik, die unter
den verfallenen Mauren von Bägdad begra-
ben zu seyn schienen, in der Türkey wieder
empor. Dieses Musikinstrument ist einer
Harpfe ganz ähnlich, und auf ieder Seite mit

Recht
* Scheschdar.
2* Ssabur.

Osmaniſche Geſchichte
Weiſe ging alſo dieſe beruͤhmte Stadt uͤber, zu deren Vertheidigung der Schah
in Perſien den Kern ſeiner Truppen und beynahe ſeinen ganzen Adel verſam-
melt, und die zu erobern Murad die Macht des ganzen osmaniſchen Reiches
angewendet hatte. Dieſes war die letzte Niederlage der Perſer, ſeit der dieſel-
ben nicht das Herz gehabt haben, ſich zu raͤchen oder gegen die osmaniſche Macht
das Haupt empor zu heben.

kommt aus dem-
ſelben zuruͤck,und ſtirbet.
17.

Nachdem Baͤgdad bezwungen war: ſo brachte Murad einige Tage
zu, die beſchaͤdigten Mauren ausbeſſern zu laſſen, und in der Landſchaft Arak
die noͤthigen Anordnungen zu machen. Hierauf ließ er den neuen Weßir Mu-
ſtaͤfa Paſcha daſelbſt zuruͤck, um dasjenige, was er angefangen hatte, vollends
auszufuͤhren, hielte in Dijarbekjir das Winterlager, und kehrete im folgenden
H. 104[9].



J. C. 1638.Fruͤhjahre in Begleitung ſeiner Leibwache nach Conſtantinopel. Indeſſen aber,
da er hier auf einen Feldzug gegen die Chriſten bedacht war, wurde er ploͤtzlich
H. 1049.


J. C. 1639.
von einer Krankheit uͤberfallen, die ihn funfzehen Tage darauf, im Jahre 1049,
am 15 des Monats Schewwal, in die ewigen Wohnungen verſetzte, nachdem
er ein und dreyßig Jahre gelebet, und ſiebenzehen Jahre regieret hatte.

Murads Eigen-ſchaften.
18.

Die Tuͤrken haben mit Beſchreibung der Sitten und haͤuslichen
Geſchaͤfften dieſes Kaiſers ſo viele Buͤcher angefuͤllet, daß man ſie vielleicht mit
[Spaltenumbruch]

men er nachgehends behalten hat) die ganze
Muſikkunſt verloren gehe. Denn man hat
zwar keine Urſache, mir, als einem Men-
ſchen, das Leben zu goͤnnen: aber als ein
Befliſſener der Muſik, deren verborgene Tie-
fen ich noch nicht ergruͤndet habe, bitte ich
um ein laͤngeres Leben, damit ich mich in
dieſer goͤttlichen Kunſt vollkommener machen
koͤnne; eine Kunſt, wenn ich ſie voͤllig errei-
che, die ich nicht fuͤr euer ganzes Kaiſerthum
weggeben wollte. Nachdem ihm alſo befoh-
len wurde, von ſeiner Geſchicklichkeit eine
Probe zu machen: ſo nahm er ein Scheſchta*
in die Hand (ein Inſtrument, das im Ara-
biſchen Tambur2*, und im Griechiſchen Pſal-
terion genennet wird), und ſang dazu ein
Klagelied von der Eroberung Baͤgdads und
[Spaltenumbruch]
Murads Lobe, mit ſo anmuthiger Stimme
und ſo vieler Geſchicklichkeit, daß Murad
ſelbſt die Threnen daruͤber ausbrachen, als
der ſich nicht ſo lange enthalten konnte, bis
der Muſikkuͤnſtler ſeinen Geſang zu Ende ge-
bracht hatte. Um ſeinetwillen nun befahl
Murad, diejenigen Gefangenen, die noch im
Leben waͤren, nicht allein nicht umzubringen,
ſondern ſogar in Freyheit zu ſetzen. Dieſen
Muſikverſtaͤndigen nahm Murad nachgehends
mit ſich nach Conſtantinopel, und hielte ſehr
viel von ihm. In der That kamen auch deſ-
ſen perſiſche Werke von der Muſik, die unter
den verfallenen Mauren von Baͤgdad begra-
ben zu ſeyn ſchienen, in der Tuͤrkey wieder
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Harpfe ganz aͤhnlich, und auf ieder Seite mit

Recht
* Scheſchdar.
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[376/0480] Osmaniſche Geſchichte Weiſe ging alſo dieſe beruͤhmte Stadt uͤber, zu deren Vertheidigung der Schah in Perſien den Kern ſeiner Truppen und beynahe ſeinen ganzen Adel verſam- melt, und die zu erobern Murad die Macht des ganzen osmaniſchen Reiches angewendet hatte. Dieſes war die letzte Niederlage der Perſer, ſeit der dieſel- ben nicht das Herz gehabt haben, ſich zu raͤchen oder gegen die osmaniſche Macht das Haupt empor zu heben. 17. Nachdem Baͤgdad bezwungen war: ſo brachte Murad einige Tage zu, die beſchaͤdigten Mauren ausbeſſern zu laſſen, und in der Landſchaft Arak die noͤthigen Anordnungen zu machen. Hierauf ließ er den neuen Weßir Mu- ſtaͤfa Paſcha daſelbſt zuruͤck, um dasjenige, was er angefangen hatte, vollends auszufuͤhren, hielte in Dijarbekjir das Winterlager, und kehrete im folgenden Fruͤhjahre in Begleitung ſeiner Leibwache nach Conſtantinopel. Indeſſen aber, da er hier auf einen Feldzug gegen die Chriſten bedacht war, wurde er ploͤtzlich von einer Krankheit uͤberfallen, die ihn funfzehen Tage darauf, im Jahre 1049, am 15 des Monats Schewwal, in die ewigen Wohnungen verſetzte, nachdem er ein und dreyßig Jahre gelebet, und ſiebenzehen Jahre regieret hatte. H. 1049. J. C. 1638. H. 1049. J. C. 1639. 18. Die Tuͤrken haben mit Beſchreibung der Sitten und haͤuslichen Geſchaͤfften dieſes Kaiſers ſo viele Buͤcher angefuͤllet, daß man ſie vielleicht mit Recht men er nachgehends behalten hat) die ganze Muſikkunſt verloren gehe. Denn man hat zwar keine Urſache, mir, als einem Men- ſchen, das Leben zu goͤnnen: aber als ein Befliſſener der Muſik, deren verborgene Tie- fen ich noch nicht ergruͤndet habe, bitte ich um ein laͤngeres Leben, damit ich mich in dieſer goͤttlichen Kunſt vollkommener machen koͤnne; eine Kunſt, wenn ich ſie voͤllig errei- che, die ich nicht fuͤr euer ganzes Kaiſerthum weggeben wollte. Nachdem ihm alſo befoh- len wurde, von ſeiner Geſchicklichkeit eine Probe zu machen: ſo nahm er ein Scheſchta * in die Hand (ein Inſtrument, das im Ara- biſchen Tambur 2*, und im Griechiſchen Pſal- terion genennet wird), und ſang dazu ein Klagelied von der Eroberung Baͤgdads und Murads Lobe, mit ſo anmuthiger Stimme und ſo vieler Geſchicklichkeit, daß Murad ſelbſt die Threnen daruͤber ausbrachen, als der ſich nicht ſo lange enthalten konnte, bis der Muſikkuͤnſtler ſeinen Geſang zu Ende ge- bracht hatte. Um ſeinetwillen nun befahl Murad, diejenigen Gefangenen, die noch im Leben waͤren, nicht allein nicht umzubringen, ſondern ſogar in Freyheit zu ſetzen. Dieſen Muſikverſtaͤndigen nahm Murad nachgehends mit ſich nach Conſtantinopel, und hielte ſehr viel von ihm. In der That kamen auch deſ- ſen perſiſche Werke von der Muſik, die unter den verfallenen Mauren von Baͤgdad begra- ben zu ſeyn ſchienen, in der Tuͤrkey wieder empor. Dieſes Muſikinſtrument iſt einer Harpfe ganz aͤhnlich, und auf ieder Seite mit ſechs * Scheſchdar. 2* Sſabur.

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Zitationshilfe: Dimitrie [Moldau, Woiwode], (Cantemir, Dimitrie): Geschichte des osmanischen Reichs nach seinem Anwachse und Abnehmen. Hamburg, 1745, S. 376. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/cantemir_geschichte_1745/480>, abgerufen am 22.11.2024.