Winterlager hielte, mit Befehle, Abaßa im folgenden Frühjahre bey guter Zeit anzugreifen, und auf diese Weise das dortige Feuer zu dämpfen. Chosrew Pascha, den das unglückselige Beyspiel seines Vorfahrers vorsichtiger gemacht hatte, führete sein anbefohlenes Geschäffte mit mehrerer Sorgfalt aus, ließ alle die Truppen zusammen kommen, schaffete das gröbste Geschütz herbey, und be- schoß die Mauren von Erßirum dergestalt damit, daß die Einwohner in Furcht und Schrecken geriethen, und am fünften Tage der Belagerung die Stadt samt dem Aufrührer übergaben.
Murad nimmt Abaßa wiederzu Gnaden an.
7.
Nachdem die Stadt erobert war: so schickte Chosrew Pascha den Aufrührer in Ketten und Banden an den Hof. Weil aber Murad bereits von dessen heldenmäßigen Thaten gehöret hatte; auch über dieses sahe, daß der Mann eine unüberwindliche Herzhaftigkeit und Muth besaße, und bloß durch Verrath seiner eigenen Leute ihm in die Hände gerathen war: so achtete er es für unbillig, ihn aus der Welt zu schicken, und, ungeachtet er tausendmal den Tod verdienet hatte, das osmanische Reich einer so großen Zierde zu berau- ben. Er gab ihm daher einen scharfen Verweis wegen seines Aufruhrs, und versprach, ihm zu vergeben 4, unter der Bedingung, daß er die vorigen Laster durch seine künftige gute Aufführung austilgen, und dasjenige Schwert, das er bisher gegen das Reich gezogen, gegen die Feinde der Osmanen gebrauchen sollte. Abaßa willigte in diese unerwarteten Bedingungen gar gerne ein, und wurde von Murad nicht nur zu Gnaden aufgenommen; sondern auch zum Begj- lerbegj in Bosnien gemacht, als ein Mann, der geschickt war, die Feinde durch seine Tapferkeit zu Paren zu treiben, im Falle, daß sie während der Zeit, da das Reich mit dem persischen Kriege beschäfftiget wäre, dasselbe auf dieser Seite angreifen sollten.
Chosrew bela- gert Bägdad ver-gebens.
8.
Als auf diese Weise die innerlichen Unruhen gestillet waren: so wurde Chosrew Pascha im Jahre 1039 mit einem frischen Kriegesheere gegen Bäg- H. 1039. J. C. 1629.dad ausgeschicket. Der Weßir begiebt sich (um die Hindernisse, die seinem Vorfahrer im Wege gestanden hatten, wegzuräumen) unverzüglich nach Asien, und machet zu Musul den ganzen Winter hindurch große Anstalten zum Feld- [Spaltenumbruch]
4 zu vergeben] Diese Vergebung wird demselben als ein Beyspiel ohne Gleichen von den türkischen Geschichtschreibern ange- rechnet, als die sich bemühen, von den Hand- lungen ihrer Kaiser die beste Auslegung zu ma- [Spaltenumbruch] chen. Es giebt aber andere, die da sagen: Abaßa habe sich Chosrew Pascha mit dem Be- dinge ergeben, daß er am Leben und an der Ehre unbeschädiget aus der Stadt ausziehen möchte; und aus dieser Ursache habe ihm
zuge.
Osmaniſche Geſchichte
Winterlager hielte, mit Befehle, Abaßa im folgenden Fruͤhjahre bey guter Zeit anzugreifen, und auf dieſe Weiſe das dortige Feuer zu daͤmpfen. Chosrew Paſcha, den das ungluͤckſelige Beyſpiel ſeines Vorfahrers vorſichtiger gemacht hatte, fuͤhrete ſein anbefohlenes Geſchaͤffte mit mehrerer Sorgfalt aus, ließ alle die Truppen zuſammen kommen, ſchaffete das groͤbſte Geſchuͤtz herbey, und be- ſchoß die Mauren von Erßirum dergeſtalt damit, daß die Einwohner in Furcht und Schrecken geriethen, und am fuͤnften Tage der Belagerung die Stadt ſamt dem Aufruͤhrer uͤbergaben.
Murad nimmt Abaßa wiederzu Gnaden an.
7.
Nachdem die Stadt erobert war: ſo ſchickte Chosrew Paſcha den Aufruͤhrer in Ketten und Banden an den Hof. Weil aber Murad bereits von deſſen heldenmaͤßigen Thaten gehoͤret hatte; auch uͤber dieſes ſahe, daß der Mann eine unuͤberwindliche Herzhaftigkeit und Muth beſaße, und bloß durch Verrath ſeiner eigenen Leute ihm in die Haͤnde gerathen war: ſo achtete er es fuͤr unbillig, ihn aus der Welt zu ſchicken, und, ungeachtet er tauſendmal den Tod verdienet hatte, das osmaniſche Reich einer ſo großen Zierde zu berau- ben. Er gab ihm daher einen ſcharfen Verweis wegen ſeines Aufruhrs, und verſprach, ihm zu vergeben 4, unter der Bedingung, daß er die vorigen Laſter durch ſeine kuͤnftige gute Auffuͤhrung austilgen, und dasjenige Schwert, das er bisher gegen das Reich gezogen, gegen die Feinde der Osmanen gebrauchen ſollte. Abaßa willigte in dieſe unerwarteten Bedingungen gar gerne ein, und wurde von Murad nicht nur zu Gnaden aufgenommen; ſondern auch zum Begj- lerbegj in Bosnien gemacht, als ein Mann, der geſchickt war, die Feinde durch ſeine Tapferkeit zu Paren zu treiben, im Falle, daß ſie waͤhrend der Zeit, da das Reich mit dem perſiſchen Kriege beſchaͤfftiget waͤre, daſſelbe auf dieſer Seite angreifen ſollten.
Chosrew bela- gert Baͤgdad ver-gebens.
8.
Als auf dieſe Weiſe die innerlichen Unruhen geſtillet waren: ſo wurde Chosrew Paſcha im Jahre 1039 mit einem friſchen Kriegesheere gegen Baͤg- H. 1039. J. C. 1629.dad ausgeſchicket. Der Weßir begiebt ſich (um die Hinderniſſe, die ſeinem Vorfahrer im Wege geſtanden hatten, wegzuraͤumen) unverzuͤglich nach Aſien, und machet zu Muſul den ganzen Winter hindurch große Anſtalten zum Feld- [Spaltenumbruch]
4 zu vergeben] Dieſe Vergebung wird demſelben als ein Beyſpiel ohne Gleichen von den tuͤrkiſchen Geſchichtſchreibern ange- rechnet, als die ſich bemuͤhen, von den Hand- lungen ihrer Kaiſer die beſte Auslegung zu ma- [Spaltenumbruch] chen. Es giebt aber andere, die da ſagen: Abaßa habe ſich Chosrew Paſcha mit dem Be- dinge ergeben, daß er am Leben und an der Ehre unbeſchaͤdiget aus der Stadt ausziehen moͤchte; und aus dieſer Urſache habe ihm
zuge.
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Osmaniſche Geſchichte
Winterlager hielte, mit Befehle, Abaßa im folgenden Fruͤhjahre bey guter Zeit
anzugreifen, und auf dieſe Weiſe das dortige Feuer zu daͤmpfen. Chosrew
Paſcha, den das ungluͤckſelige Beyſpiel ſeines Vorfahrers vorſichtiger gemacht
hatte, fuͤhrete ſein anbefohlenes Geſchaͤffte mit mehrerer Sorgfalt aus, ließ alle
die Truppen zuſammen kommen, ſchaffete das groͤbſte Geſchuͤtz herbey, und be-
ſchoß die Mauren von Erßirum dergeſtalt damit, daß die Einwohner in Furcht
und Schrecken geriethen, und am fuͤnften Tage der Belagerung die Stadt
ſamt dem Aufruͤhrer uͤbergaben.
7. Nachdem die Stadt erobert war: ſo ſchickte Chosrew Paſcha den
Aufruͤhrer in Ketten und Banden an den Hof. Weil aber Murad bereits
von deſſen heldenmaͤßigen Thaten gehoͤret hatte; auch uͤber dieſes ſahe, daß
der Mann eine unuͤberwindliche Herzhaftigkeit und Muth beſaße, und bloß
durch Verrath ſeiner eigenen Leute ihm in die Haͤnde gerathen war: ſo achtete
er es fuͤr unbillig, ihn aus der Welt zu ſchicken, und, ungeachtet er tauſendmal
den Tod verdienet hatte, das osmaniſche Reich einer ſo großen Zierde zu berau-
ben. Er gab ihm daher einen ſcharfen Verweis wegen ſeines Aufruhrs, und
verſprach, ihm zu vergeben
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durch ſeine kuͤnftige gute Auffuͤhrung austilgen, und dasjenige Schwert, das
er bisher gegen das Reich gezogen, gegen die Feinde der Osmanen gebrauchen
ſollte. Abaßa willigte in dieſe unerwarteten Bedingungen gar gerne ein, und
wurde von Murad nicht nur zu Gnaden aufgenommen; ſondern auch zum Begj-
lerbegj in Bosnien gemacht, als ein Mann, der geſchickt war, die Feinde durch
ſeine Tapferkeit zu Paren zu treiben, im Falle, daß ſie waͤhrend der Zeit, da
das Reich mit dem perſiſchen Kriege beſchaͤfftiget waͤre, daſſelbe auf dieſer Seite
angreifen ſollten.
8. Als auf dieſe Weiſe die innerlichen Unruhen geſtillet waren: ſo wurde
Chosrew Paſcha im Jahre 1039 mit einem friſchen Kriegesheere gegen Baͤg-
dad ausgeſchicket. Der Weßir begiebt ſich (um die Hinderniſſe, die ſeinem
Vorfahrer im Wege geſtanden hatten, wegzuraͤumen) unverzuͤglich nach Aſien,
und machet zu Muſul den ganzen Winter hindurch große Anſtalten zum Feld-
zuge.
⁴ zu vergeben] Dieſe Vergebung wird
demſelben als ein Beyſpiel ohne Gleichen
von den tuͤrkiſchen Geſchichtſchreibern ange-
rechnet, als die ſich bemuͤhen, von den Hand-
lungen ihrer Kaiſer die beſte Auslegung zu ma-
chen. Es giebt aber andere, die da ſagen:
Abaßa habe ſich Chosrew Paſcha mit dem Be-
dinge ergeben, daß er am Leben und an der
Ehre unbeſchaͤdiget aus der Stadt ausziehen
moͤchte; und aus dieſer Urſache habe ihm
Murad
H. 1039.
J. C. 1629.
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Dimitrie [Moldau, Woiwode], (Cantemir, Dimitrie): Geschichte des osmanischen Reichs nach seinem Anwachse und Abnehmen. Hamburg, 1745, S. 370. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/cantemir_geschichte_1745/474>, abgerufen am 25.11.2024.
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