Reisenden, sondern auch ganze Länder und Städte anzufallen und zu plündern. Es waren zwar bereits zu seines Vaters Lebzeiten darüber Beschwerden bey Hofe eingebracht, und auch Feldherren dahin geschicket worden, die Aufrührer zu dämpfen. Diese aber ließen sich entweder durch die Hoffnung, selbst an dem Raube Antheil zu nehmen, verleiten, oder waren sonst in Erfüllung ihrer Pflicht nachlässig, und machten diesem Unfuge so wenig ein Ende, daß vielmehr die Anzahl der Räuber zunahm, und ganz Anatolien erbärmlich verheret wurde. Die vornehmsten Häupter unter denselben waren Kälenderogli und Täwil 2, die die größten und blutigsten Einfälle in das osmanische Gebiet thaten, und sich sogar erkühneten, die Truppen anzugreifen.
werden aber zuParen getrieben:
3.
Sultan Aehmed glaubte, wenn man diese zu Paren getrieben hätte: so würde alsdann der Aufruhr gar leicht können gedämpfet und die Ruhe in Osten wieder hergestellet werden. Er schickte daher gegen den Winter den ober- sten Weßir, Kodscha Murad Pascha, das kaiserliche Insiegel, als das Zeichen seiner Würde, auf der Brust tragend, und in Begleitung seiner Leibwache, nach Aleppo, mit Befehle, seine Truppen daselbst das Winterlager halten zu lassen, und im Frühjahre dieselben mit denjenigen asiatischen Völkern, die treu geblie- ben waren, zu vereinigen, und damit gesammter Hand auf die Räuber loszu- gehen. Murad Pascha vollziehet die Befehle seines Kaisers mit der größten Herzhaftigkeit, und zugleich mit so gutem Erfolge, daß er Kälenderogli 3, nach vielen blutigen Scharmützeln, endlich bey Marasch in dem Gebirge Kjdjkjesen überwindet, sein ganzes Heer aus einander streuet, und ihn nöthiget, ganz al- lein, und ohne iemanden seiner Anhänger, nach Arak, einer Landschaft in Per- sien, zu fliehen. Hierauf kehret er seine Waffen gegen den andern Räuber Täwil, der im Anzuge begriffen war, um seinem Mitgesellen zu Hülfe zu kom- men. Täwil aber erwartet die Müsülmanen nicht; sondern gehet mit seinen Truppen auf sie los, und liefert ihnen eine Schlacht: allein er wird durch das tapfere Verhalten der Jeng-itscheri aufs Haupt geschlagen, und gezwungen, nach Persien zu fliehen.
[Spaltenumbruch]
2 Täwil] der Lange. Ist ein Beyna- me, dergleichen die Türken öfters ihren Feld- hauptleuten beyzulegen, und dieselben von gewissen Eigenschaften ihres Leibes oder Ge- müths herzunehmen pflegen: als Faßil Aeh- med Pascha, Aehmed Pascha der Gelehrte (dieses ist derselbe, der Kandia eingenommen [Spaltenumbruch] hat); Schischman Ibrahim Pascha, Ibra- him Pascha der Fette; Schejtan Ibrahim Pascha, Ibrahim Pascha der Teufel, der im letztern Kriege mit den Deutschen Seräskjer war; Elmas Mehemmed Pascha, Mehem- med Pascha der Demant, der in der Schlacht bey Senta umkam.
4. Hier
Osmaniſche Geſchichte
Reiſenden, ſondern auch ganze Laͤnder und Staͤdte anzufallen und zu pluͤndern. Es waren zwar bereits zu ſeines Vaters Lebzeiten daruͤber Beſchwerden bey Hofe eingebracht, und auch Feldherren dahin geſchicket worden, die Aufruͤhrer zu daͤmpfen. Dieſe aber ließen ſich entweder durch die Hoffnung, ſelbſt an dem Raube Antheil zu nehmen, verleiten, oder waren ſonſt in Erfuͤllung ihrer Pflicht nachlaͤſſig, und machten dieſem Unfuge ſo wenig ein Ende, daß vielmehr die Anzahl der Raͤuber zunahm, und ganz Anatolien erbaͤrmlich verheret wurde. Die vornehmſten Haͤupter unter denſelben waren Kaͤlenderogli und Taͤwil 2, die die groͤßten und blutigſten Einfaͤlle in das osmaniſche Gebiet thaten, und ſich ſogar erkuͤhneten, die Truppen anzugreifen.
werden aber zuParen getrieben:
3.
Sultan Aehmed glaubte, wenn man dieſe zu Paren getrieben haͤtte: ſo wuͤrde alsdann der Aufruhr gar leicht koͤnnen gedaͤmpfet und die Ruhe in Oſten wieder hergeſtellet werden. Er ſchickte daher gegen den Winter den ober- ſten Weßir, Kodſcha Murad Paſcha, das kaiſerliche Inſiegel, als das Zeichen ſeiner Wuͤrde, auf der Bruſt tragend, und in Begleitung ſeiner Leibwache, nach Aleppo, mit Befehle, ſeine Truppen daſelbſt das Winterlager halten zu laſſen, und im Fruͤhjahre dieſelben mit denjenigen aſiatiſchen Voͤlkern, die treu geblie- ben waren, zu vereinigen, und damit geſammter Hand auf die Raͤuber loszu- gehen. Murad Paſcha vollziehet die Befehle ſeines Kaiſers mit der groͤßten Herzhaftigkeit, und zugleich mit ſo gutem Erfolge, daß er Kaͤlenderogli 3, nach vielen blutigen Scharmuͤtzeln, endlich bey Maraſch in dem Gebirge Kjdjkjeſen uͤberwindet, ſein ganzes Heer aus einander ſtreuet, und ihn noͤthiget, ganz al- lein, und ohne iemanden ſeiner Anhaͤnger, nach Arak, einer Landſchaft in Per- ſien, zu fliehen. Hierauf kehret er ſeine Waffen gegen den andern Raͤuber Taͤwil, der im Anzuge begriffen war, um ſeinem Mitgeſellen zu Huͤlfe zu kom- men. Taͤwil aber erwartet die Muͤſuͤlmanen nicht; ſondern gehet mit ſeinen Truppen auf ſie los, und liefert ihnen eine Schlacht: allein er wird durch das tapfere Verhalten der Jeng-itſcheri aufs Haupt geſchlagen, und gezwungen, nach Perſien zu fliehen.
[Spaltenumbruch]
2 Taͤwil] der Lange. Iſt ein Beyna- me, dergleichen die Tuͤrken oͤfters ihren Feld- hauptleuten beyzulegen, und dieſelben von gewiſſen Eigenſchaften ihres Leibes oder Ge- muͤths herzunehmen pflegen: als Faßil Aeh- med Paſcha, Aehmed Paſcha der Gelehrte (dieſes iſt derſelbe, der Kandia eingenommen [Spaltenumbruch] hat); Schiſchman Ibrahim Paſcha, Ibra- him Paſcha der Fette; Schejtan Ibrahim Paſcha, Ibrahim Paſcha der Teufel, der im letztern Kriege mit den Deutſchen Seraͤskjer war; Elmas Mehemmed Paſcha, Mehem- med Paſcha der Demant, der in der Schlacht bey Senta umkam.
4. Hier
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Osmaniſche Geſchichte
Reiſenden, ſondern auch ganze Laͤnder und Staͤdte anzufallen und zu pluͤndern.
Es waren zwar bereits zu ſeines Vaters Lebzeiten daruͤber Beſchwerden bey
Hofe eingebracht, und auch Feldherren dahin geſchicket worden, die Aufruͤhrer
zu daͤmpfen. Dieſe aber ließen ſich entweder durch die Hoffnung, ſelbſt an dem
Raube Antheil zu nehmen, verleiten, oder waren ſonſt in Erfuͤllung ihrer Pflicht
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Anzahl der Raͤuber zunahm, und ganz Anatolien erbaͤrmlich verheret wurde.
Die vornehmſten Haͤupter unter denſelben waren Kaͤlenderogli und Taͤwil
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die groͤßten und blutigſten Einfaͤlle in das osmaniſche Gebiet thaten, und ſich
ſogar erkuͤhneten, die Truppen anzugreifen.
3. Sultan Aehmed glaubte, wenn man dieſe zu Paren getrieben haͤtte:
ſo wuͤrde alsdann der Aufruhr gar leicht koͤnnen gedaͤmpfet und die Ruhe in
Oſten wieder hergeſtellet werden. Er ſchickte daher gegen den Winter den ober-
ſten Weßir, Kodſcha Murad Paſcha, das kaiſerliche Inſiegel, als das Zeichen
ſeiner Wuͤrde, auf der Bruſt tragend, und in Begleitung ſeiner Leibwache, nach
Aleppo, mit Befehle, ſeine Truppen daſelbſt das Winterlager halten zu laſſen,
und im Fruͤhjahre dieſelben mit denjenigen aſiatiſchen Voͤlkern, die treu geblie-
ben waren, zu vereinigen, und damit geſammter Hand auf die Raͤuber loszu-
gehen. Murad Paſcha vollziehet die Befehle ſeines Kaiſers mit der groͤßten
Herzhaftigkeit, und zugleich mit ſo gutem Erfolge, daß er Kaͤlenderogli
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vielen blutigen Scharmuͤtzeln, endlich bey Maraſch in dem Gebirge Kjdjkjeſen
uͤberwindet, ſein ganzes Heer aus einander ſtreuet, und ihn noͤthiget, ganz al-
lein, und ohne iemanden ſeiner Anhaͤnger, nach Arak, einer Landſchaft in Per-
ſien, zu fliehen. Hierauf kehret er ſeine Waffen gegen den andern Raͤuber
Taͤwil, der im Anzuge begriffen war, um ſeinem Mitgeſellen zu Huͤlfe zu kom-
men. Taͤwil aber erwartet die Muͤſuͤlmanen nicht; ſondern gehet mit ſeinen
Truppen auf ſie los, und liefert ihnen eine Schlacht: allein er wird durch das
tapfere Verhalten der Jeng-itſcheri aufs Haupt geſchlagen, und gezwungen,
nach Perſien zu fliehen.
4. Hier
² Taͤwil] der Lange. Iſt ein Beyna-
me, dergleichen die Tuͤrken oͤfters ihren Feld-
hauptleuten beyzulegen, und dieſelben von
gewiſſen Eigenſchaften ihres Leibes oder Ge-
muͤths herzunehmen pflegen: als Faßil Aeh-
med Paſcha, Aehmed Paſcha der Gelehrte
(dieſes iſt derſelbe, der Kandia eingenommen
hat); Schiſchman Ibrahim Paſcha, Ibra-
him Paſcha der Fette; Schejtan Ibrahim
Paſcha, Ibrahim Paſcha der Teufel, der im
letztern Kriege mit den Deutſchen Seraͤskjer
war; Elmas Mehemmed Paſcha, Mehem-
med Paſcha der Demant, der in der Schlacht
bey Senta umkam.
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Dimitrie [Moldau, Woiwode], (Cantemir, Dimitrie): Geschichte des osmanischen Reichs nach seinem Anwachse und Abnehmen. Hamburg, 1745, S. 358. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/cantemir_geschichte_1745/456>, abgerufen am 25.11.2024.
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