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Dimitrie [Moldau, Woiwode], (Cantemir, Dimitrie): Geschichte des osmanischen Reichs nach seinem Anwachse und Abnehmen. Hamburg, 1745.

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Osmanische Geschichte
Osman Pascha
erobert Tibriswieder:
11.

Damit nun Osman Pascha den Persern desto näher seyn möchte:
so ließ er seine Truppen zu Kastamoni das Winterlager halten, und eroberte
H. 993.



J. C. 1585.im Frühlinge des Jahres 993 bey guter Zeit Tibris wieder, das die Perser
vorhin eingenommen hatten, als Ferhad die Oberbefehlhabung führete. Weil
er befand, daß diese Stadt von einem benachbarten Hügel völlig konnte bestrichen
werden: so ließ er daselbst ein festes Schloß 6 mit solcher Behendigkeit auffüh-
ren, daß am vierzehenten Tage die Mauren schon im Stande waren, einen feind-
lichen Anfall auszuhalten.

lässet alle Ein-
wohner daselbstumbringen:
12.

Mittlerweile, da derselbe mit Befestigung dieses Schlosses und
Schaffung des Vorraths in dasselbe beschäfftiget ist, geschiehet es, daß die Ein-
wohner zu Tibris mit den Jeng-itscheri, die allda zur Besatzung lagen, in einen
Streit gerathen, dabey es von Worten zu Schlägen kommt, so daß einige von
den Soldaten verwundet und einige umgebracht werden. Osman Pascha wird
über diesem Zufalle ergrimmet; und weil er einen Aufruhr besorget: so lässet er
alle die Einwohner, ausgenommen Weiber und Kinder, niederhauen, und ihr
Vermögen unter die Soldaten austheilen. Hierauf besetzet er die Stadt wieder
mit frischen Einwohnern, und giebt Dschäfer Pascha über dieselbe die Befehl-
habung, mit dem Titel eines Weßirs.

überwindet auf
seinem Rückzuge
die Perser, undstirbet.
13.

Als nun die Sachen in diesen Gegenden in Ordnung gebracht waren:
so entschloß sich Osman, mit dem besten Theile der Truppen nach Europa zurück
zu kehren. Auf diesem Zuge aber stieß Hämße Mirßa 7, der tapferste Feld-
hauptmann, den die Perser hatten, in Sofian 8 mit einem großen Kriegesheere
auf denselben. Beyde Theile fochten sehr hartnäckig, von der Sonne Untergang
bis um Mitternacht, für ihr Vaterland. Hämße Mirßa rennete das Heer auf
und nieder: bald ließ er den Angriff an der Spitze thun, bald in dem Rücken,
da er während der Zeit seine zerstreueten Völker wieder zusammen brachte;
[Spaltenumbruch]

6 Schloß] Den Namen desselben kann
ich weder bey den türkischen noch christlichen
Geschichtschreibern antreffen.
7 Hämße Mirßa] Er scheinet von ta-
tarischer Abkunft gewesen, und zufälliger Weise
nach Persien gekommen zu seyn. Denn
Mirßa, wie ich bereits oben* erinnert habe,
[Spaltenumbruch]
ist bey den Tatarn eben das, was Begj bey
den Türken, Chan bey den Persern, und Fürst
oder Prinz bey uns ist.
8 Sofian] ist eine wohlbekannte Land-
schaft in Persien. Das Wort Sofi bedeutet
seinem Ursprunge nach einen weisen Mann,
und ist aus einer verderbten Aussprache des

ermah-
* 192 S. 36 Anm.
Osmaniſche Geſchichte
Osman Paſcha
erobert Tibriswieder:
11.

Damit nun Osman Paſcha den Perſern deſto naͤher ſeyn moͤchte:
ſo ließ er ſeine Truppen zu Kaſtamoni das Winterlager halten, und eroberte
H. 993.



J. C. 1585.im Fruͤhlinge des Jahres 993 bey guter Zeit Tibris wieder, das die Perſer
vorhin eingenommen hatten, als Ferhad die Oberbefehlhabung fuͤhrete. Weil
er befand, daß dieſe Stadt von einem benachbarten Huͤgel voͤllig konnte beſtrichen
werden: ſo ließ er daſelbſt ein feſtes Schloß 6 mit ſolcher Behendigkeit auffuͤh-
ren, daß am vierzehenten Tage die Mauren ſchon im Stande waren, einen feind-
lichen Anfall auszuhalten.

laͤſſet alle Ein-
wohner daſelbſtumbringen:
12.

Mittlerweile, da derſelbe mit Befeſtigung dieſes Schloſſes und
Schaffung des Vorraths in daſſelbe beſchaͤfftiget iſt, geſchiehet es, daß die Ein-
wohner zu Tibris mit den Jeng-itſcheri, die allda zur Beſatzung lagen, in einen
Streit gerathen, dabey es von Worten zu Schlaͤgen kommt, ſo daß einige von
den Soldaten verwundet und einige umgebracht werden. Osman Paſcha wird
uͤber dieſem Zufalle ergrimmet; und weil er einen Aufruhr beſorget: ſo laͤſſet er
alle die Einwohner, ausgenommen Weiber und Kinder, niederhauen, und ihr
Vermoͤgen unter die Soldaten austheilen. Hierauf beſetzet er die Stadt wieder
mit friſchen Einwohnern, und giebt Dſchaͤfer Paſcha uͤber dieſelbe die Befehl-
habung, mit dem Titel eines Weßirs.

uͤberwindet auf
ſeinem Ruͤckzuge
die Perſer, undſtirbet.
13.

Als nun die Sachen in dieſen Gegenden in Ordnung gebracht waren:
ſo entſchloß ſich Osman, mit dem beſten Theile der Truppen nach Europa zuruͤck
zu kehren. Auf dieſem Zuge aber ſtieß Haͤmße Mirßa 7, der tapferſte Feld-
hauptmann, den die Perſer hatten, in Sofian 8 mit einem großen Kriegesheere
auf denſelben. Beyde Theile fochten ſehr hartnaͤckig, von der Sonne Untergang
bis um Mitternacht, fuͤr ihr Vaterland. Haͤmße Mirßa rennete das Heer auf
und nieder: bald ließ er den Angriff an der Spitze thun, bald in dem Ruͤcken,
da er waͤhrend der Zeit ſeine zerſtreueten Voͤlker wieder zuſammen brachte;
[Spaltenumbruch]

6 Schloß] Den Namen deſſelben kann
ich weder bey den tuͤrkiſchen noch chriſtlichen
Geſchichtſchreibern antreffen.
7 Haͤmße Mirßa] Er ſcheinet von ta-
tariſcher Abkunft geweſen, und zufaͤlliger Weiſe
nach Perſien gekommen zu ſeyn. Denn
Mirßa, wie ich bereits oben* erinnert habe,
[Spaltenumbruch]
iſt bey den Tatarn eben das, was Begj bey
den Tuͤrken, Chan bey den Perſern, und Fuͤrſt
oder Prinz bey uns iſt.
8 Sofian] iſt eine wohlbekannte Land-
ſchaft in Perſien. Das Wort Sofi bedeutet
ſeinem Urſprunge nach einen weiſen Mann,
und iſt aus einer verderbten Ausſprache des

ermah-
* 192 S. 36 Anm.
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[350/0444] Osmaniſche Geſchichte 11. Damit nun Osman Paſcha den Perſern deſto naͤher ſeyn moͤchte: ſo ließ er ſeine Truppen zu Kaſtamoni das Winterlager halten, und eroberte im Fruͤhlinge des Jahres 993 bey guter Zeit Tibris wieder, das die Perſer vorhin eingenommen hatten, als Ferhad die Oberbefehlhabung fuͤhrete. Weil er befand, daß dieſe Stadt von einem benachbarten Huͤgel voͤllig konnte beſtrichen werden: ſo ließ er daſelbſt ein feſtes Schloß ⁶ mit ſolcher Behendigkeit auffuͤh- ren, daß am vierzehenten Tage die Mauren ſchon im Stande waren, einen feind- lichen Anfall auszuhalten. H. 993. J. C. 1585. 12. Mittlerweile, da derſelbe mit Befeſtigung dieſes Schloſſes und Schaffung des Vorraths in daſſelbe beſchaͤfftiget iſt, geſchiehet es, daß die Ein- wohner zu Tibris mit den Jeng-itſcheri, die allda zur Beſatzung lagen, in einen Streit gerathen, dabey es von Worten zu Schlaͤgen kommt, ſo daß einige von den Soldaten verwundet und einige umgebracht werden. Osman Paſcha wird uͤber dieſem Zufalle ergrimmet; und weil er einen Aufruhr beſorget: ſo laͤſſet er alle die Einwohner, ausgenommen Weiber und Kinder, niederhauen, und ihr Vermoͤgen unter die Soldaten austheilen. Hierauf beſetzet er die Stadt wieder mit friſchen Einwohnern, und giebt Dſchaͤfer Paſcha uͤber dieſelbe die Befehl- habung, mit dem Titel eines Weßirs. 13. Als nun die Sachen in dieſen Gegenden in Ordnung gebracht waren: ſo entſchloß ſich Osman, mit dem beſten Theile der Truppen nach Europa zuruͤck zu kehren. Auf dieſem Zuge aber ſtieß Haͤmße Mirßa ⁷ , der tapferſte Feld- hauptmann, den die Perſer hatten, in Sofian ⁸ mit einem großen Kriegesheere auf denſelben. Beyde Theile fochten ſehr hartnaͤckig, von der Sonne Untergang bis um Mitternacht, fuͤr ihr Vaterland. Haͤmße Mirßa rennete das Heer auf und nieder: bald ließ er den Angriff an der Spitze thun, bald in dem Ruͤcken, da er waͤhrend der Zeit ſeine zerſtreueten Voͤlker wieder zuſammen brachte; ermah- ⁶ Schloß] Den Namen deſſelben kann ich weder bey den tuͤrkiſchen noch chriſtlichen Geſchichtſchreibern antreffen. ⁷ Haͤmße Mirßa] Er ſcheinet von ta- tariſcher Abkunft geweſen, und zufaͤlliger Weiſe nach Perſien gekommen zu ſeyn. Denn Mirßa, wie ich bereits oben * erinnert habe, iſt bey den Tatarn eben das, was Begj bey den Tuͤrken, Chan bey den Perſern, und Fuͤrſt oder Prinz bey uns iſt. ⁸ Sofian] iſt eine wohlbekannte Land- ſchaft in Perſien. Das Wort Sofi bedeutet ſeinem Urſprunge nach einen weiſen Mann, und iſt aus einer verderbten Ausſprache des griechi- * 192 S. 36 Anm.

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Zitationshilfe: Dimitrie [Moldau, Woiwode], (Cantemir, Dimitrie): Geschichte des osmanischen Reichs nach seinem Anwachse und Abnehmen. Hamburg, 1745, S. 350. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/cantemir_geschichte_1745/444>, abgerufen am 25.11.2024.