Indem Selim mit diesen Werken beschäfftiget ist: so erinnert er sich seines Versprechens, das er den Abgesandten der Müsülmanen in Spanien, vor seinem Feldzuge nach Cypern, gethan hatte, nämlich, denselben wider die Christen beyzustehen. Damit es nun nicht scheinen möchte, als wenn er sein Wort unerfüllet ließe; um auch zu gleicher Zeit den Hochmuth der Spanier zu dämpfen, und sich an denselben wegen des Streiches, den ihm die spanische Flote bey Lepanto beygebracht hatte, zu rächen: so schickte er seinen Weßir Pijale 26 Pascha, nebst dem Großadmirale mit einer Flote, gegen die Spanier aus. Diese kommen zu Messina an, mit dem Vorsatze, die Stadt zu belagern, und verwüsten das umliegende Land mit Feuer und Schwerte. Die Stadt würde auch ohne Zweifel erobert worden seyn; weil kein Kriegesheer sich sehen ließ, dieselbe zu entsetzen: wenn nicht die Natur selbst sich den Unternehmungen der Müsülmanen widersetzet hätte. Denn, als sie eben große Hoffnung schöpften, einen guten Erfolg zu haben: so wurde die See auf einmal so stürmisch, daß die osmanischen Truppen, wenn sie nicht alles Preis geben wollten, genöthiget wurden, sich zurück zu ziehen.
Tunis wird von den Spaniern eingenommen; von den Türken aber wieder ero-bert.
17.
Nachdem die Flote auf diese Art nach Hause gekehret war: so se- gelte der König von Spanien mit denen Völkern, die er zu dem Entsatze von Messina bestimmet hatte, nach Afrika, überrumpelte Tunis, und brachte alle die darinnen befindlichen Müsülmanen ums Leben, oder machte sie zu Gefan- genen. Hierauf befestigte er die Stadt noch mehr, durch Anlegung stärkerer Werke, und legte eine Besatzung von seinen eigenen Soldaten hinein. Die vornehmste Schuld von diesem Verluste fiel auf Pijale Pascha, weil derselbe allzusicher mit der gesammten Flote zurück gekehret war, und nicht einen Theil davon zur Bewahrung der afrikanischen Küsten in der See gelassen hatte. Er wurde daher seines Amtes entsetzet, und der vorige Weßir Sinan Pascha* be- [Spaltenumbruch]
rem* stehen, sind niedriger, und haben nur zwo Schürfe. Der einzige Sophientempel hat vier Thürme von verschiedener Gestalt. Wenn man die Türken um die Ursache davon fraget: so antworten sie gemeiniglich; weil der Tempel St. Sophia ein Gebäude von un- nachahmlicher Baukunst sey: so habe es dem Kaiser beliebet, daß er verschiedene Me- [Spaltenumbruch] nare haben sollte, damit er in keinem Stücke andern Dschami gleichen möchte.
26 Pijale] Es war noch einer dieses Namens unter Sülejman: ob er aber aus eben dem Geschlechte gewesen2*, oder nur zu- fälliger Weise also genennet worden ist: das kann ich nicht sagen. Das letztere scheinet
kam
* Man sehe oben die 12 Anmerkung, [3]34 Seite.
* Vorhalle.
2* Man sehe die 111 Anmerkung des vorhergehenden Hauptstücks, 322 S.
Osmaniſche Geſchichte
ſchicket eine Flo- te gegen Spa-nien aus.
16.
Indem Selim mit dieſen Werken beſchaͤfftiget iſt: ſo erinnert er ſich ſeines Verſprechens, das er den Abgeſandten der Muͤſuͤlmanen in Spanien, vor ſeinem Feldzuge nach Cypern, gethan hatte, naͤmlich, denſelben wider die Chriſten beyzuſtehen. Damit es nun nicht ſcheinen moͤchte, als wenn er ſein Wort unerfuͤllet ließe; um auch zu gleicher Zeit den Hochmuth der Spanier zu daͤmpfen, und ſich an denſelben wegen des Streiches, den ihm die ſpaniſche Flote bey Lepanto beygebracht hatte, zu raͤchen: ſo ſchickte er ſeinen Weßir Pijale 26 Paſcha, nebſt dem Großadmirale mit einer Flote, gegen die Spanier aus. Dieſe kommen zu Meſſina an, mit dem Vorſatze, die Stadt zu belagern, und verwuͤſten das umliegende Land mit Feuer und Schwerte. Die Stadt wuͤrde auch ohne Zweifel erobert worden ſeyn; weil kein Kriegesheer ſich ſehen ließ, dieſelbe zu entſetzen: wenn nicht die Natur ſelbſt ſich den Unternehmungen der Muͤſuͤlmanen widerſetzet haͤtte. Denn, als ſie eben große Hoffnung ſchoͤpften, einen guten Erfolg zu haben: ſo wurde die See auf einmal ſo ſtuͤrmiſch, daß die osmaniſchen Truppen, wenn ſie nicht alles Preis geben wollten, genoͤthiget wurden, ſich zuruͤck zu ziehen.
Tunis wird von den Spaniern eingenommen; von den Tuͤrken aber wieder ero-bert.
17.
Nachdem die Flote auf dieſe Art nach Hauſe gekehret war: ſo ſe- gelte der Koͤnig von Spanien mit denen Voͤlkern, die er zu dem Entſatze von Meſſina beſtimmet hatte, nach Afrika, uͤberrumpelte Tunis, und brachte alle die darinnen befindlichen Muͤſuͤlmanen ums Leben, oder machte ſie zu Gefan- genen. Hierauf befeſtigte er die Stadt noch mehr, durch Anlegung ſtaͤrkerer Werke, und legte eine Beſatzung von ſeinen eigenen Soldaten hinein. Die vornehmſte Schuld von dieſem Verluſte fiel auf Pijale Paſcha, weil derſelbe allzuſicher mit der geſammten Flote zuruͤck gekehret war, und nicht einen Theil davon zur Bewahrung der afrikaniſchen Kuͤſten in der See gelaſſen hatte. Er wurde daher ſeines Amtes entſetzet, und der vorige Weßir Sinan Paſcha* be- [Spaltenumbruch]
rem* ſtehen, ſind niedriger, und haben nur zwo Schuͤrfe. Der einzige Sophientempel hat vier Thuͤrme von verſchiedener Geſtalt. Wenn man die Tuͤrken um die Urſache davon fraget: ſo antworten ſie gemeiniglich; weil der Tempel St. Sophia ein Gebaͤude von un- nachahmlicher Baukunſt ſey: ſo habe es dem Kaiſer beliebet, daß er verſchiedene Me- [Spaltenumbruch] nare haben ſollte, damit er in keinem Stuͤcke andern Dſchami gleichen moͤchte.
26 Pijale] Es war noch einer dieſes Namens unter Suͤlejman: ob er aber aus eben dem Geſchlechte geweſen2*, oder nur zu- faͤlliger Weiſe alſo genennet worden iſt: das kann ich nicht ſagen. Das letztere ſcheinet
kam
* Man ſehe oben die 12 Anmerkung, [3]34 Seite.
* Vorhalle.
2* Man ſehe die 111 Anmerkung des vorhergehenden Hauptſtuͤcks, 322 S.
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><pbfacs="#f0434"n="342"/><fwplace="top"type="header">Osmaniſche Geſchichte</fw><lb/><noteplace="left">ſchicket eine Flo-<lb/>
te gegen Spa-nien aus.</note></div><lb/><divn="3"><head>16.</head><p>Indem Selim mit dieſen Werken beſchaͤfftiget iſt: ſo erinnert er<lb/>ſich ſeines Verſprechens, das er den Abgeſandten der Muͤſuͤlmanen in Spanien,<lb/>
vor ſeinem Feldzuge nach Cypern, gethan hatte, naͤmlich, denſelben wider die<lb/>
Chriſten beyzuſtehen. Damit es nun nicht ſcheinen moͤchte, als wenn er ſein<lb/>
Wort unerfuͤllet ließe; um auch zu gleicher Zeit den Hochmuth der Spanier zu<lb/>
daͤmpfen, und ſich an denſelben wegen des Streiches, den ihm die ſpaniſche Flote<lb/>
bey Lepanto beygebracht hatte, zu raͤchen: ſo ſchickte er ſeinen Weßir Pijale <noteplace="end"n="26"/><lb/>
Paſcha, nebſt dem Großadmirale mit einer Flote, gegen die Spanier aus.<lb/>
Dieſe kommen zu Meſſina an, mit dem Vorſatze, die Stadt zu belagern, und<lb/>
verwuͤſten das umliegende Land mit Feuer und Schwerte. Die Stadt wuͤrde<lb/>
auch ohne Zweifel erobert worden ſeyn; weil kein Kriegesheer ſich ſehen ließ,<lb/>
dieſelbe zu entſetzen: wenn nicht die Natur ſelbſt ſich den Unternehmungen der<lb/>
Muͤſuͤlmanen widerſetzet haͤtte. Denn, als ſie eben große Hoffnung ſchoͤpften,<lb/>
einen guten Erfolg zu haben: ſo wurde die See auf einmal ſo ſtuͤrmiſch, daß<lb/>
die osmaniſchen Truppen, wenn ſie nicht alles Preis geben wollten, genoͤthiget<lb/>
wurden, ſich zuruͤck zu ziehen.</p><lb/><noteplace="left">Tunis wird von<lb/>
den Spaniern<lb/>
eingenommen;<lb/>
von den Tuͤrken<lb/>
aber wieder ero-bert.</note></div><lb/><divn="3"><head>17.</head><p>Nachdem die Flote auf dieſe Art nach Hauſe gekehret war: ſo ſe-<lb/>
gelte der Koͤnig von Spanien mit denen Voͤlkern, die er zu dem Entſatze von<lb/>
Meſſina beſtimmet hatte, nach Afrika, uͤberrumpelte Tunis, und brachte alle<lb/>
die darinnen befindlichen Muͤſuͤlmanen ums Leben, oder machte ſie zu Gefan-<lb/>
genen. Hierauf befeſtigte er die Stadt noch mehr, durch Anlegung ſtaͤrkerer<lb/>
Werke, und legte eine Beſatzung von ſeinen eigenen Soldaten hinein. Die<lb/>
vornehmſte Schuld von dieſem Verluſte fiel auf Pijale Paſcha, weil derſelbe<lb/>
allzuſicher mit der geſammten Flote zuruͤck gekehret war, und nicht einen Theil<lb/>
davon zur Bewahrung der afrikaniſchen Kuͤſten in der See gelaſſen hatte. Er<lb/>
wurde daher ſeines Amtes entſetzet, und der vorige Weßir Sinan Paſcha<noteplace="foot"n="*">Man ſehe oben die 12 Anmerkung, <supplied>3</supplied>34 Seite.</note> be-<lb/><fwplace="bottom"type="catch">kam</fw><lb/><cbn="1"/><lb/><notexml:id="W434"prev="#W433"place="end">rem<noteplace="foot"n="*">Vorhalle.</note>ſtehen, ſind niedriger, und haben nur<lb/>
zwo Schuͤrfe. Der einzige Sophientempel<lb/>
hat vier Thuͤrme von verſchiedener Geſtalt.<lb/>
Wenn man die Tuͤrken um die Urſache davon<lb/>
fraget: ſo antworten ſie gemeiniglich; weil<lb/>
der Tempel St. Sophia ein Gebaͤude von un-<lb/>
nachahmlicher Baukunſt ſey: ſo habe es<lb/>
dem Kaiſer beliebet, daß er verſchiedene Me-<lb/><cbn="2"/><lb/>
nare haben ſollte, damit er in keinem Stuͤcke<lb/>
andern Dſchami gleichen moͤchte.</note><lb/><notexml:id="Z434"next="#Z435"place="end"n="26">Pijale] Es war noch einer dieſes<lb/>
Namens unter Suͤlejman: ob er aber aus<lb/>
eben dem Geſchlechte geweſen<noteplace="foot"n="2*">Man ſehe die 111 Anmerkung des vorhergehenden Hauptſtuͤcks, 322 S.</note>, oder nur zu-<lb/>
faͤlliger Weiſe alſo genennet worden iſt: das<lb/>
kann ich nicht ſagen. Das letztere ſcheinet<lb/><fwplace="bottom"type="catch">am</fw></note><lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[342/0434]
Osmaniſche Geſchichte
16. Indem Selim mit dieſen Werken beſchaͤfftiget iſt: ſo erinnert er
ſich ſeines Verſprechens, das er den Abgeſandten der Muͤſuͤlmanen in Spanien,
vor ſeinem Feldzuge nach Cypern, gethan hatte, naͤmlich, denſelben wider die
Chriſten beyzuſtehen. Damit es nun nicht ſcheinen moͤchte, als wenn er ſein
Wort unerfuͤllet ließe; um auch zu gleicher Zeit den Hochmuth der Spanier zu
daͤmpfen, und ſich an denſelben wegen des Streiches, den ihm die ſpaniſche Flote
bey Lepanto beygebracht hatte, zu raͤchen: ſo ſchickte er ſeinen Weßir Pijale
²⁶
Paſcha, nebſt dem Großadmirale mit einer Flote, gegen die Spanier aus.
Dieſe kommen zu Meſſina an, mit dem Vorſatze, die Stadt zu belagern, und
verwuͤſten das umliegende Land mit Feuer und Schwerte. Die Stadt wuͤrde
auch ohne Zweifel erobert worden ſeyn; weil kein Kriegesheer ſich ſehen ließ,
dieſelbe zu entſetzen: wenn nicht die Natur ſelbſt ſich den Unternehmungen der
Muͤſuͤlmanen widerſetzet haͤtte. Denn, als ſie eben große Hoffnung ſchoͤpften,
einen guten Erfolg zu haben: ſo wurde die See auf einmal ſo ſtuͤrmiſch, daß
die osmaniſchen Truppen, wenn ſie nicht alles Preis geben wollten, genoͤthiget
wurden, ſich zuruͤck zu ziehen.
17. Nachdem die Flote auf dieſe Art nach Hauſe gekehret war: ſo ſe-
gelte der Koͤnig von Spanien mit denen Voͤlkern, die er zu dem Entſatze von
Meſſina beſtimmet hatte, nach Afrika, uͤberrumpelte Tunis, und brachte alle
die darinnen befindlichen Muͤſuͤlmanen ums Leben, oder machte ſie zu Gefan-
genen. Hierauf befeſtigte er die Stadt noch mehr, durch Anlegung ſtaͤrkerer
Werke, und legte eine Beſatzung von ſeinen eigenen Soldaten hinein. Die
vornehmſte Schuld von dieſem Verluſte fiel auf Pijale Paſcha, weil derſelbe
allzuſicher mit der geſammten Flote zuruͤck gekehret war, und nicht einen Theil
davon zur Bewahrung der afrikaniſchen Kuͤſten in der See gelaſſen hatte. Er
wurde daher ſeines Amtes entſetzet, und der vorige Weßir Sinan Paſcha * be-
kam
rem * ſtehen, ſind niedriger, und haben nur
zwo Schuͤrfe. Der einzige Sophientempel
hat vier Thuͤrme von verſchiedener Geſtalt.
Wenn man die Tuͤrken um die Urſache davon
fraget: ſo antworten ſie gemeiniglich; weil
der Tempel St. Sophia ein Gebaͤude von un-
nachahmlicher Baukunſt ſey: ſo habe es
dem Kaiſer beliebet, daß er verſchiedene Me-
nare haben ſollte, damit er in keinem Stuͤcke
andern Dſchami gleichen moͤchte.
²⁶ Pijale] Es war noch einer dieſes
Namens unter Suͤlejman: ob er aber aus
eben dem Geſchlechte geweſen 2*, oder nur zu-
faͤlliger Weiſe alſo genennet worden iſt: das
kann ich nicht ſagen. Das letztere ſcheinet
am
* Man ſehe oben die 12 Anmerkung, 334 Seite.
* Vorhalle.
2* Man ſehe die 111 Anmerkung des vorhergehenden Hauptſtuͤcks, 322 S.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Dimitrie [Moldau, Woiwode], (Cantemir, Dimitrie): Geschichte des osmanischen Reichs nach seinem Anwachse und Abnehmen. Hamburg, 1745, S. 342. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/cantemir_geschichte_1745/434>, abgerufen am 25.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.