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Dimitrie [Moldau, Woiwode], (Cantemir, Dimitrie): Geschichte des osmanischen Reichs nach seinem Anwachse und Abnehmen. Hamburg, 1745.

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Osmanische Geschichte
abschlagen, und sendete daher Karli Elibegj 105 mit einer starken Flote gegen Spa-
nien. Nachdem Elibegj ohne die geringste Hinderniß durch die See gekommen
war: so verwüstete er die spanischen Küsten nebst einigen Eyländern, steckte
alles in Brand, was er nicht mit fortbringen konnte, und führete die Einwohner
in Ketten und Banden mit sich weg. Durch dieses Verfahren verursachte er,
daß die Spanier, weil sie besorgten, er möchte ihnen noch mehr Schaden thun,
ihre Truppen zurück beriefen, um dieselben gegen ihn zu gebrauchen: daher
das französische Heer, bey dem Korbon 106 die Befehlhabung führete, einen völ-
ligen Sieg erhielte, indem dabey, dem Berichte nach, vierzig tausend Spanier
auf der Wahlstatt geblieben sind.

schicket eine Flo-te nach Hürmüß:
50.

Dieser glückliche Fortgang der Waffen machte Sülejman solchen
Muth, daß er noch eine Flote unter Peri Rejs Anführung nach Hürmüß 107 ausschickte, die dasigen Küsten zu verheren. Es glückte auch demselben anfangs,
so daß er alle die an der See gelegenen Landschaften in diesem Reiche ausplün-
derte, und mit schwerer Beute nach Constantinopel zurück segelte. Weil er aber
[Spaltenumbruch]

105 Karli Elibegj] Es scheinet, daß
dieses ein alter Admiral, nicht aber der Ka-
pudan Pascha selbst, gewesen sey. Aus dem
Namen Karli lässet sich muthmaßen, er sey
ein abgefallener Christ gewesen.
106 Korbon] Allem Ansehen nach ist
der Herzog Carl von Burbon, Feldhaupt-
mann bey Kaiser Carls Kriegesheere, hier
gemeinet, der von Frankreich abfällig wurde
und zu demselben überging. Die Türken
pflegen die Namen der christlichen Feldherren
oft mit einander zu vermengen. Weil aber
weder die deutschen noch die französischen Ge-
schichtschreiber dieser Schlacht Erwähnung
thun: so halte ich dafür, es sey eine Erdich-
tung der Franzosen, um Sülejman zu bewe-
gen, daß er ihnen desto williger beystehen
möchte. Ein Kunstgriff, dessen sie sich zu Con-
stantinopel mehrmals bedienen; wie ich zu
meinen Zeiten daselbst erfahren habe.
[Spaltenumbruch]
107 Hürmüß] Dieser Name wird von
den Türken zweenen Ländern und Meeren
beygeleget: nämlich dem Königreiche Por-
tugall und dem Eylande Ormuß (das das
[fremdsprachliches Material - Zeichen fehlt] bey Ptolemäus ist); und dann
dem portugiesischen Meere und dem persischen
Meerbusen, weil in beyden Perlen gefunden
werden, die die Türken Hürmüß nennen.
Es ist bekannt, daß die Türken lange Zeit in
dem rothen Meere (bey ihnen Bährül Kulßum,
oder noch gewöhnlicher, Süwejd Deng-ißi*
genennet) eine große Flote gehabt haben:
imgleichen, daß Selim versucht hat, das ro-
the Meer mit deni mittelländischen zu verei-
nigen; von welchem Vorhaben er auch nicht
eher abstunde, als bis der Kanal, den er
bey nahe zur Vollkommenheit gebracht hatte,
mit Sande überschwemmet wurde. Aus die-
sen Ursachen sollte ich auf die Gedanken kom-
men, daß hier der persische Meerbusen gemei-
net wäre: wenn nicht dabey stünde, die Flote

allzu-
* das schwärzlichte Meer.

Osmaniſche Geſchichte
abſchlagen, und ſendete daher Karli Elibegj 105 mit einer ſtarken Flote gegen Spa-
nien. Nachdem Elibegj ohne die geringſte Hinderniß durch die See gekommen
war: ſo verwuͤſtete er die ſpaniſchen Kuͤſten nebſt einigen Eylaͤndern, ſteckte
alles in Brand, was er nicht mit fortbringen konnte, und fuͤhrete die Einwohner
in Ketten und Banden mit ſich weg. Durch dieſes Verfahren verurſachte er,
daß die Spanier, weil ſie beſorgten, er moͤchte ihnen noch mehr Schaden thun,
ihre Truppen zuruͤck beriefen, um dieſelben gegen ihn zu gebrauchen: daher
das franzoͤſiſche Heer, bey dem Korbon 106 die Befehlhabung fuͤhrete, einen voͤl-
ligen Sieg erhielte, indem dabey, dem Berichte nach, vierzig tauſend Spanier
auf der Wahlſtatt geblieben ſind.

ſchicket eine Flo-te nach Huͤrmuͤß:
50.

Dieſer gluͤckliche Fortgang der Waffen machte Suͤlejman ſolchen
Muth, daß er noch eine Flote unter Peri Rejs Anfuͤhrung nach Huͤrmuͤß 107 ausſchickte, die daſigen Kuͤſten zu verheren. Es gluͤckte auch demſelben anfangs,
ſo daß er alle die an der See gelegenen Landſchaften in dieſem Reiche auspluͤn-
derte, und mit ſchwerer Beute nach Conſtantinopel zuruͤck ſegelte. Weil er aber
[Spaltenumbruch]

105 Karli Elibegj] Es ſcheinet, daß
dieſes ein alter Admiral, nicht aber der Ka-
pudan Paſcha ſelbſt, geweſen ſey. Aus dem
Namen Karli laͤſſet ſich muthmaßen, er ſey
ein abgefallener Chriſt geweſen.
106 Korbon] Allem Anſehen nach iſt
der Herzog Carl von Burbon, Feldhaupt-
mann bey Kaiſer Carls Kriegesheere, hier
gemeinet, der von Frankreich abfaͤllig wurde
und zu demſelben uͤberging. Die Tuͤrken
pflegen die Namen der chriſtlichen Feldherren
oft mit einander zu vermengen. Weil aber
weder die deutſchen noch die franzoͤſiſchen Ge-
ſchichtſchreiber dieſer Schlacht Erwaͤhnung
thun: ſo halte ich dafuͤr, es ſey eine Erdich-
tung der Franzoſen, um Suͤlejman zu bewe-
gen, daß er ihnen deſto williger beyſtehen
moͤchte. Ein Kunſtgriff, deſſen ſie ſich zu Con-
ſtantinopel mehrmals bedienen; wie ich zu
meinen Zeiten daſelbſt erfahren habe.
[Spaltenumbruch]
107 Huͤrmuͤß] Dieſer Name wird von
den Tuͤrken zweenen Laͤndern und Meeren
beygeleget: naͤmlich dem Koͤnigreiche Por-
tugall und dem Eylande Ormuß (das das
[fremdsprachliches Material – Zeichen fehlt] bey Ptolemaͤus iſt); und dann
dem portugieſiſchen Meere und dem perſiſchen
Meerbuſen, weil in beyden Perlen gefunden
werden, die die Tuͤrken Huͤrmuͤß nennen.
Es iſt bekannt, daß die Tuͤrken lange Zeit in
dem rothen Meere (bey ihnen Baͤhruͤl Kulßum,
oder noch gewoͤhnlicher, Suͤwejd Deng-ißi*
genennet) eine große Flote gehabt haben:
imgleichen, daß Selim verſucht hat, das ro-
the Meer mit deni mittellaͤndiſchen zu verei-
nigen; von welchem Vorhaben er auch nicht
eher abſtunde, als bis der Kanal, den er
bey nahe zur Vollkommenheit gebracht hatte,
mit Sande uͤberſchwemmet wurde. Aus die-
ſen Urſachen ſollte ich auf die Gedanken kom-
men, daß hier der perſiſche Meerbuſen gemei-
net waͤre: wenn nicht dabey ſtuͤnde, die Flote

allzu-
* das ſchwaͤrzlichte Meer.
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[320/0410] Osmaniſche Geſchichte abſchlagen, und ſendete daher Karli Elibegj ¹⁰⁵ mit einer ſtarken Flote gegen Spa- nien. Nachdem Elibegj ohne die geringſte Hinderniß durch die See gekommen war: ſo verwuͤſtete er die ſpaniſchen Kuͤſten nebſt einigen Eylaͤndern, ſteckte alles in Brand, was er nicht mit fortbringen konnte, und fuͤhrete die Einwohner in Ketten und Banden mit ſich weg. Durch dieſes Verfahren verurſachte er, daß die Spanier, weil ſie beſorgten, er moͤchte ihnen noch mehr Schaden thun, ihre Truppen zuruͤck beriefen, um dieſelben gegen ihn zu gebrauchen: daher das franzoͤſiſche Heer, bey dem Korbon ¹⁰⁶ die Befehlhabung fuͤhrete, einen voͤl- ligen Sieg erhielte, indem dabey, dem Berichte nach, vierzig tauſend Spanier auf der Wahlſtatt geblieben ſind. 50. Dieſer gluͤckliche Fortgang der Waffen machte Suͤlejman ſolchen Muth, daß er noch eine Flote unter Peri Rejs Anfuͤhrung nach Huͤrmuͤß ¹⁰⁷ ausſchickte, die daſigen Kuͤſten zu verheren. Es gluͤckte auch demſelben anfangs, ſo daß er alle die an der See gelegenen Landſchaften in dieſem Reiche auspluͤn- derte, und mit ſchwerer Beute nach Conſtantinopel zuruͤck ſegelte. Weil er aber allzu- ¹⁰⁵ Karli Elibegj] Es ſcheinet, daß dieſes ein alter Admiral, nicht aber der Ka- pudan Paſcha ſelbſt, geweſen ſey. Aus dem Namen Karli laͤſſet ſich muthmaßen, er ſey ein abgefallener Chriſt geweſen. ¹⁰⁶ Korbon] Allem Anſehen nach iſt der Herzog Carl von Burbon, Feldhaupt- mann bey Kaiſer Carls Kriegesheere, hier gemeinet, der von Frankreich abfaͤllig wurde und zu demſelben uͤberging. Die Tuͤrken pflegen die Namen der chriſtlichen Feldherren oft mit einander zu vermengen. Weil aber weder die deutſchen noch die franzoͤſiſchen Ge- ſchichtſchreiber dieſer Schlacht Erwaͤhnung thun: ſo halte ich dafuͤr, es ſey eine Erdich- tung der Franzoſen, um Suͤlejman zu bewe- gen, daß er ihnen deſto williger beyſtehen moͤchte. Ein Kunſtgriff, deſſen ſie ſich zu Con- ſtantinopel mehrmals bedienen; wie ich zu meinen Zeiten daſelbſt erfahren habe. ¹⁰⁷ Huͤrmuͤß] Dieſer Name wird von den Tuͤrken zweenen Laͤndern und Meeren beygeleget: naͤmlich dem Koͤnigreiche Por- tugall und dem Eylande Ormuß (das das _ bey Ptolemaͤus iſt); und dann dem portugieſiſchen Meere und dem perſiſchen Meerbuſen, weil in beyden Perlen gefunden werden, die die Tuͤrken Huͤrmuͤß nennen. Es iſt bekannt, daß die Tuͤrken lange Zeit in dem rothen Meere (bey ihnen Baͤhruͤl Kulßum, oder noch gewoͤhnlicher, Suͤwejd Deng-ißi * genennet) eine große Flote gehabt haben: imgleichen, daß Selim verſucht hat, das ro- the Meer mit deni mittellaͤndiſchen zu verei- nigen; von welchem Vorhaben er auch nicht eher abſtunde, als bis der Kanal, den er bey nahe zur Vollkommenheit gebracht hatte, mit Sande uͤberſchwemmet wurde. Aus die- ſen Urſachen ſollte ich auf die Gedanken kom- men, daß hier der perſiſche Meerbuſen gemei- net waͤre: wenn nicht dabey ſtuͤnde, die Flote waͤre * das ſchwaͤrzlichte Meer.

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Zitationshilfe: Dimitrie [Moldau, Woiwode], (Cantemir, Dimitrie): Geschichte des osmanischen Reichs nach seinem Anwachse und Abnehmen. Hamburg, 1745, S. 320. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/cantemir_geschichte_1745/410>, abgerufen am 22.11.2024.