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Dimitrie [Moldau, Woiwode], (Cantemir, Dimitrie): Geschichte des osmanischen Reichs nach seinem Anwachse und Abnehmen. Hamburg, 1745.

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8. Bajeßid der II
ten an Bajeßid, die demselben die Wut und Grausamkeit der Spanier vorstel-
len, und ihn, als Haupt des muhämmedischen Wesens, um Hülfe anflehen sol-
len. Bajeßid lässet sich auch bereit finden, ihnen in ihrer Bitte zu willfahren,
und sendet, um sein Versprechen zu erfüllen, im nächsten Sommer darauf eineH. 891.


J. C. 1486.

große Flote unter Kjemal Ali Pascha in die mittelländische See, der die Flote
der Christen schläget, das Eyland Malta verwüstet, und, nach Plünderung
der an der See gelegenen Länder in Spanien und Italien, mit großer Beute
wieder nach Hause kehret.

19.

Dieser gute Erfolg machte Bajeßid beherzt, sein Glück gegen diebringet Bosnien
und Croatien
unter seine Ge-
walt.

Christen noch einmal zu versuchen. Daher schickte er im Jahre 894 den Feld-
herrn Jäkub mit einem Kriegsheere in Croatien und Bosnien, um dasjenige,
was sich daselbst der osmanischen Herrschaft noch widersetzte, vollends unter denH. 894.



J. C. 1489.
Fuß zu bringen. Als derselbe bereits verschiedene Schlösser erobert hatte, und
im Siege das ganze Land durchzog: so traf er endlich die Christen in den Waffen
an. Diese schlug er in einem merkwürdigen Treffen, und schickte viele von ih-
ren Edlen, nebst ihrem Anführer, Dscheneral Jami 35, als Gefangenen an den
Kaiser. In eben demselben Jahre vermälete Bajeßid seine Tochter an Aehmed
Mirßa 36 Ogurogli 37.

[Spaltenumbruch]
(es sey dann, daß man es herleiten wollte
von Mir, ein Fürst, und Ssad; so daß es
hieße, einen Abkömmling, der gleichsam aus
dem Wesen der Vorältern gezeuget worden:
oder von Ssade, ein Sohn): so ist dennoch
so viel gewiß und unstreitig, daß dieser Name
von den Tatarn niemals einer Person beyge-
leget wird oder beygeleget werden kann, die
nicht von undenklichen Zeiten her den Adel
und eine gewisse Ordi durch das Erbrecht von
ihren Vorältern bekommen hat. Der Leser
wird sich vielleicht wundern, wie doch das
Andenken des Adelstandes bey einem so wil-
den Volke aufbehalten werden könne, das
noch dazu von höflichen Sitten und Wissen-
[Spaltenumbruch]
schaften so weit entfernet ist: zumal da es
ausgemacht ist, daß kein Theil der Geschichte
sich in größerer Verwirrung und Unordnung
befindet, als die Geschlechtsregister. Dennoch
ist es bekannt und außer allem Streite, daß
kein Volk in der Welt seinen Adel und die
Reihen seiner Ahnen richtiger zu erzählen weis,
als die Scythen. Nämlich, es ist ein heiliges
und unverbrüchliches Gesetz bey ihnen, daß
kein Tatar, der nicht von den ältesten
Geschlechtern des Adels abstammet, die Be-
nennung Mirßa oder Edel erhalten kann;
und sollte er auch das ganze Volk allein von
dem Untergange befreyen, oder eine verlorne
Schlacht wieder gewinnen, oder auch solche

20. Im
Sprache einen Fürstensohn bedeute. Es sey dasselbe sonderlich bey dem Hause und den Nachkommen
Temurlenkjs gebräuchlich gewesen: heutiges Tages sey es unter den Tatarn sehr gemein.] Dieses
Wort wird sonst Imirßa geschrieben.
2 B

8. Bajeßid der II
ten an Bajeßid, die demſelben die Wut und Grauſamkeit der Spanier vorſtel-
len, und ihn, als Haupt des muhaͤmmediſchen Weſens, um Huͤlfe anflehen ſol-
len. Bajeßid laͤſſet ſich auch bereit finden, ihnen in ihrer Bitte zu willfahren,
und ſendet, um ſein Verſprechen zu erfuͤllen, im naͤchſten Sommer darauf eineH. 891.


J. C. 1486.

große Flote unter Kjemal Ali Paſcha in die mittellaͤndiſche See, der die Flote
der Chriſten ſchlaͤget, das Eyland Malta verwuͤſtet, und, nach Pluͤnderung
der an der See gelegenen Laͤnder in Spanien und Italien, mit großer Beute
wieder nach Hauſe kehret.

19.

Dieſer gute Erfolg machte Bajeßid beherzt, ſein Gluͤck gegen diebringet Bosnien
und Croatien
unter ſeine Ge-
walt.

Chriſten noch einmal zu verſuchen. Daher ſchickte er im Jahre 894 den Feld-
herrn Jaͤkub mit einem Kriegsheere in Croatien und Bosnien, um dasjenige,
was ſich daſelbſt der osmaniſchen Herrſchaft noch widerſetzte, vollends unter denH. 894.



J. C. 1489.
Fuß zu bringen. Als derſelbe bereits verſchiedene Schloͤſſer erobert hatte, und
im Siege das ganze Land durchzog: ſo traf er endlich die Chriſten in den Waffen
an. Dieſe ſchlug er in einem merkwuͤrdigen Treffen, und ſchickte viele von ih-
ren Edlen, nebſt ihrem Anfuͤhrer, Dſcheneral Jami 35, als Gefangenen an den
Kaiſer. In eben demſelben Jahre vermaͤlete Bajeßid ſeine Tochter an Aehmed
Mirßa 36 Ogurogli 37.

[Spaltenumbruch]
(es ſey dann, daß man es herleiten wollte
von Mir, ein Fuͤrſt, und Sſad; ſo daß es
hieße, einen Abkoͤmmling, der gleichſam aus
dem Weſen der Voraͤltern gezeuget worden:
oder von Sſade, ein Sohn): ſo iſt dennoch
ſo viel gewiß und unſtreitig, daß dieſer Name
von den Tatarn niemals einer Perſon beyge-
leget wird oder beygeleget werden kann, die
nicht von undenklichen Zeiten her den Adel
und eine gewiſſe Ordi durch das Erbrecht von
ihren Voraͤltern bekommen hat. Der Leſer
wird ſich vielleicht wundern, wie doch das
Andenken des Adelſtandes bey einem ſo wil-
den Volke aufbehalten werden koͤnne, das
noch dazu von hoͤflichen Sitten und Wiſſen-
[Spaltenumbruch]
ſchaften ſo weit entfernet iſt: zumal da es
ausgemacht iſt, daß kein Theil der Geſchichte
ſich in groͤßerer Verwirrung und Unordnung
befindet, als die Geſchlechtsregiſter. Dennoch
iſt es bekannt und außer allem Streite, daß
kein Volk in der Welt ſeinen Adel und die
Reihen ſeiner Ahnen richtiger zu erzaͤhlen weis,
als die Scythen. Naͤmlich, es iſt ein heiliges
und unverbruͤchliches Geſetz bey ihnen, daß
kein Tatar, der nicht von den aͤlteſten
Geſchlechtern des Adels abſtammet, die Be-
nennung Mirßa oder Edel erhalten kann;
und ſollte er auch das ganze Volk allein von
dem Untergange befreyen, oder eine verlorne
Schlacht wieder gewinnen, oder auch ſolche

20. Im
Sprache einen Fuͤrſtenſohn bedeute. Es ſey daſſelbe ſonderlich bey dem Hauſe und den Nachkommen
Temurlenkjs gebraͤuchlich geweſen: heutiges Tages ſey es unter den Tatarn ſehr gemein.] Dieſes
Wort wird ſonſt Imirßa geſchrieben.
2 B
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[193/0279] 8. Bajeßid der II ten an Bajeßid, die demſelben die Wut und Grauſamkeit der Spanier vorſtel- len, und ihn, als Haupt des muhaͤmmediſchen Weſens, um Huͤlfe anflehen ſol- len. Bajeßid laͤſſet ſich auch bereit finden, ihnen in ihrer Bitte zu willfahren, und ſendet, um ſein Verſprechen zu erfuͤllen, im naͤchſten Sommer darauf eine große Flote unter Kjemal Ali Paſcha in die mittellaͤndiſche See, der die Flote der Chriſten ſchlaͤget, das Eyland Malta verwuͤſtet, und, nach Pluͤnderung der an der See gelegenen Laͤnder in Spanien und Italien, mit großer Beute wieder nach Hauſe kehret. H. 891. J. C. 1486. 19. Dieſer gute Erfolg machte Bajeßid beherzt, ſein Gluͤck gegen die Chriſten noch einmal zu verſuchen. Daher ſchickte er im Jahre 894 den Feld- herrn Jaͤkub mit einem Kriegsheere in Croatien und Bosnien, um dasjenige, was ſich daſelbſt der osmaniſchen Herrſchaft noch widerſetzte, vollends unter den Fuß zu bringen. Als derſelbe bereits verſchiedene Schloͤſſer erobert hatte, und im Siege das ganze Land durchzog: ſo traf er endlich die Chriſten in den Waffen an. Dieſe ſchlug er in einem merkwuͤrdigen Treffen, und ſchickte viele von ih- ren Edlen, nebſt ihrem Anfuͤhrer, Dſcheneral Jami ³⁵ , als Gefangenen an den Kaiſer. In eben demſelben Jahre vermaͤlete Bajeßid ſeine Tochter an Aehmed Mirßa ³⁶ Ogurogli ³⁷ . bringet Bosnien und Croatien unter ſeine Ge- walt. H. 894. J. C. 1489. 20. Im (es ſey dann, daß man es herleiten wollte von Mir, ein Fuͤrſt, und Sſad; ſo daß es hieße, einen Abkoͤmmling, der gleichſam aus dem Weſen der Voraͤltern gezeuget worden: oder von Sſade, ein Sohn): ſo iſt dennoch ſo viel gewiß und unſtreitig, daß dieſer Name von den Tatarn niemals einer Perſon beyge- leget wird oder beygeleget werden kann, die nicht von undenklichen Zeiten her den Adel und eine gewiſſe Ordi durch das Erbrecht von ihren Voraͤltern bekommen hat. Der Leſer wird ſich vielleicht wundern, wie doch das Andenken des Adelſtandes bey einem ſo wil- den Volke aufbehalten werden koͤnne, das noch dazu von hoͤflichen Sitten und Wiſſen- ſchaften ſo weit entfernet iſt: zumal da es ausgemacht iſt, daß kein Theil der Geſchichte ſich in groͤßerer Verwirrung und Unordnung befindet, als die Geſchlechtsregiſter. Dennoch iſt es bekannt und außer allem Streite, daß kein Volk in der Welt ſeinen Adel und die Reihen ſeiner Ahnen richtiger zu erzaͤhlen weis, als die Scythen. Naͤmlich, es iſt ein heiliges und unverbruͤchliches Geſetz bey ihnen, daß kein Tatar, der nicht von den aͤlteſten Geſchlechtern des Adels abſtammet, die Be- nennung Mirßa oder Edel erhalten kann; und ſollte er auch das ganze Volk allein von dem Untergange befreyen, oder eine verlorne Schlacht wieder gewinnen, oder auch ſolche Thaten * * Sprache einen Fuͤrſtenſohn bedeute. Es ſey daſſelbe ſonderlich bey dem Hauſe und den Nachkommen Temurlenkjs gebraͤuchlich geweſen: heutiges Tages ſey es unter den Tatarn ſehr gemein.] Dieſes Wort wird ſonſt Imirßa geſchrieben. 2 B

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Zitationshilfe: Dimitrie [Moldau, Woiwode], (Cantemir, Dimitrie): Geschichte des osmanischen Reichs nach seinem Anwachse und Abnehmen. Hamburg, 1745, S. 193. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/cantemir_geschichte_1745/279>, abgerufen am 25.11.2024.