wollen dieses nicht leiden, und nehmen ihre Zuflucht zu Muhämmed, bitten den- selben auf das demüthigste, das Unrecht, das er von ihrem Vater erlitten, zu vergessen, und mit Prinzen ein Mitleiden zu haben, die von ihrem tirannischen Bruder unterdrücket und vertrieben worden; auch einen andern von ihnen, welchen er wollte, zum Fürsten zu machen: denn sie stelleten ihre ganze Wohl- fahrt seinem Belieben anheim. Muhämmed gestattet ihnen auch gar gerne ihre Bitte, und ernennet einen von diesen Brüdern, Aehmed Begj (mit Einwilli- gung der übrigen) zum Fürsten in Karamanien, und diesen schicket er mit einem hinlänglichen Kriegsheere dahin zurück, um sich in den Besitz von seines Vaters Erbschaft zu setzen. Die übrigen Brüder behält derselbe bey sich, befördert sie zu hohen Ehrenstellen, und lässet ihnen jährlich stattliche Besoldungen aus der Schatzkammer reichen. Mittlerweile ziehet Aehmed Begj mit seinem Heere nach Karamanien, überwindet seinen Bruder Ishak Begj, und nöthiget ihn, zu Ußunhäsen zu fliehen. Nachdem er solchergestalt zum Besitze des karamanischen Reiches gelanget ist, und die innerlichen Unruhen gestillet sind: so schicket er die kaiserlichen Truppen auf sehr höfliche Weise, mit Geschenken beladen, wieder an Muhämmed zurück.
nimmt einige Städte in Alba-nien ein:
21.
Im Jahre 870 gab Albanien Gelegenheit zu neuen Kriegesunter- nehmungen. Muhämmeds Vater, Murad, hatte den aufrührischen Fürsten H. 870. J. C. 1465.dieses Landes, Iskjenderbegj, bereits vor einiger Zeit überwunden, und die meisten Festungen desselben unter sich gebracht. Weil aber Murad durch den Tod, und Muhämmed durch andere Verrichtungen, verhindert worden war, das ganze Land vollends zu erobern: so hatten die Besatzungen der Aufrührer die benachbarten Landschaften bisher durch ihre Streifereyen öfters beunruhiget. Aus dieser Ursache überziehet der Sultan Arnawd mit seiner Macht, nimmt alle die Städte der Aufrührer ein, von denen er einige verwüstet, und befiehlet, um allen künftigen Unruhen vorzubeugen, daß eine neue und feste Stadt an dem Eingange des Landes sollte angeleget werden.
setzet seinen Sohn Mustäfa zum Könige von Karamanienein:
22.
Nachdem der Sultan nunmehr fast alle seine innerlichen Feinde in Europa unter den Fuß gebracht hatte: so wendete er seine Gedanken auf die [Spaltenumbruch]
christlichen Schriftstellern schließe ich, es müsse Stephan gewesen seyn, der seinen Sitz zu Jaßiga hatte.
33 Akseraj] Das ist, der weiße Palast, eine Stadt in Karamanien.
[Spaltenumbruch]
34 Gjüllikj] Auf deutsch, ein Rosen- garten, eine Stadt in eben derselben Land- schaft.
35 Egjriboß] Das Eyland Negroponte
asiatischen
Osmaniſche Geſchichte
wollen dieſes nicht leiden, und nehmen ihre Zuflucht zu Muhaͤmmed, bitten den- ſelben auf das demuͤthigſte, das Unrecht, das er von ihrem Vater erlitten, zu vergeſſen, und mit Prinzen ein Mitleiden zu haben, die von ihrem tiranniſchen Bruder unterdruͤcket und vertrieben worden; auch einen andern von ihnen, welchen er wollte, zum Fuͤrſten zu machen: denn ſie ſtelleten ihre ganze Wohl- fahrt ſeinem Belieben anheim. Muhaͤmmed geſtattet ihnen auch gar gerne ihre Bitte, und ernennet einen von dieſen Bruͤdern, Aehmed Begj (mit Einwilli- gung der uͤbrigen) zum Fuͤrſten in Karamanien, und dieſen ſchicket er mit einem hinlaͤnglichen Kriegsheere dahin zuruͤck, um ſich in den Beſitz von ſeines Vaters Erbſchaft zu ſetzen. Die uͤbrigen Bruͤder behaͤlt derſelbe bey ſich, befoͤrdert ſie zu hohen Ehrenſtellen, und laͤſſet ihnen jaͤhrlich ſtattliche Beſoldungen aus der Schatzkammer reichen. Mittlerweile ziehet Aehmed Begj mit ſeinem Heere nach Karamanien, uͤberwindet ſeinen Bruder Ishak Begj, und noͤthiget ihn, zu Ußunhaͤſen zu fliehen. Nachdem er ſolchergeſtalt zum Beſitze des karamaniſchen Reiches gelanget iſt, und die innerlichen Unruhen geſtillet ſind: ſo ſchicket er die kaiſerlichen Truppen auf ſehr hoͤfliche Weiſe, mit Geſchenken beladen, wieder an Muhaͤmmed zuruͤck.
nimmt einige Staͤdte in Alba-nien ein:
21.
Im Jahre 870 gab Albanien Gelegenheit zu neuen Kriegesunter- nehmungen. Muhaͤmmeds Vater, Murad, hatte den aufruͤhriſchen Fuͤrſten H. 870. J. C. 1465.dieſes Landes, Iskjenderbegj, bereits vor einiger Zeit uͤberwunden, und die meiſten Feſtungen deſſelben unter ſich gebracht. Weil aber Murad durch den Tod, und Muhaͤmmed durch andere Verrichtungen, verhindert worden war, das ganze Land vollends zu erobern: ſo hatten die Beſatzungen der Aufruͤhrer die benachbarten Landſchaften bisher durch ihre Streifereyen oͤfters beunruhiget. Aus dieſer Urſache uͤberziehet der Sultan Arnawd mit ſeiner Macht, nimmt alle die Staͤdte der Aufruͤhrer ein, von denen er einige verwuͤſtet, und befiehlet, um allen kuͤnftigen Unruhen vorzubeugen, daß eine neue und feſte Stadt an dem Eingange des Landes ſollte angeleget werden.
ſetzet ſeinen Sohn Muſtaͤfa zum Koͤnige von Karamanienein:
22.
Nachdem der Sultan nunmehr faſt alle ſeine innerlichen Feinde in Europa unter den Fuß gebracht hatte: ſo wendete er ſeine Gedanken auf die [Spaltenumbruch]
chriſtlichen Schriftſtellern ſchließe ich, es muͤſſe Stephan geweſen ſeyn, der ſeinen Sitz zu Jaßiga hatte.
33 Akſeraj] Das iſt, der weiße Palaſt, eine Stadt in Karamanien.
[Spaltenumbruch]
34 Gjuͤllikj] Auf deutſch, ein Roſen- garten, eine Stadt in eben derſelben Land- ſchaft.
35 Egjriboß] Das Eyland Negroponte
aſiatiſchen
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0244"n="160"/><fwplace="top"type="header">Osmaniſche Geſchichte</fw><lb/>
wollen dieſes nicht leiden, und nehmen ihre Zuflucht zu Muhaͤmmed, bitten den-<lb/>ſelben auf das demuͤthigſte, das Unrecht, das er von ihrem Vater erlitten, zu<lb/>
vergeſſen, und mit Prinzen ein Mitleiden zu haben, die von ihrem tiranniſchen<lb/>
Bruder unterdruͤcket und vertrieben worden; auch einen andern von ihnen,<lb/>
welchen er wollte, zum Fuͤrſten zu machen: denn ſie ſtelleten ihre ganze Wohl-<lb/>
fahrt ſeinem Belieben anheim. Muhaͤmmed geſtattet ihnen auch gar gerne ihre<lb/>
Bitte, und ernennet einen von dieſen Bruͤdern, Aehmed Begj (mit Einwilli-<lb/>
gung der uͤbrigen) zum Fuͤrſten in Karamanien, und dieſen ſchicket er mit einem<lb/>
hinlaͤnglichen Kriegsheere dahin zuruͤck, um ſich in den Beſitz von ſeines Vaters<lb/>
Erbſchaft zu ſetzen. Die uͤbrigen Bruͤder behaͤlt derſelbe bey ſich, befoͤrdert ſie<lb/>
zu hohen Ehrenſtellen, und laͤſſet ihnen jaͤhrlich ſtattliche Beſoldungen aus der<lb/>
Schatzkammer reichen. Mittlerweile ziehet Aehmed Begj mit ſeinem Heere nach<lb/>
Karamanien, uͤberwindet ſeinen Bruder Ishak Begj, und noͤthiget ihn, zu<lb/>
Ußunhaͤſen zu fliehen. Nachdem er ſolchergeſtalt zum Beſitze des karamaniſchen<lb/>
Reiches gelanget iſt, und die innerlichen Unruhen geſtillet ſind: ſo ſchicket er die<lb/>
kaiſerlichen Truppen auf ſehr hoͤfliche Weiſe, mit Geſchenken beladen, wieder<lb/>
an Muhaͤmmed zuruͤck.</p><lb/><noteplace="left">nimmt einige<lb/>
Staͤdte in Alba-nien ein:</note></div><lb/><divn="3"><head>21.</head><p>Im Jahre 870 gab Albanien Gelegenheit zu neuen Kriegesunter-<lb/>
nehmungen. Muhaͤmmeds Vater, Murad, hatte den aufruͤhriſchen Fuͤrſten<lb/><noteplace="left">H. 870.<lb/><milestonerendition="#hr"unit="section"/><lb/>
J. C. 1465.</note>dieſes Landes, Iskjenderbegj, bereits vor einiger Zeit uͤberwunden, und die<lb/>
meiſten Feſtungen deſſelben unter ſich gebracht. Weil aber Murad durch den<lb/>
Tod, und Muhaͤmmed durch andere Verrichtungen, verhindert worden war,<lb/>
das ganze Land vollends zu erobern: ſo hatten die Beſatzungen der Aufruͤhrer<lb/>
die benachbarten Landſchaften bisher durch ihre Streifereyen oͤfters beunruhiget.<lb/>
Aus dieſer Urſache uͤberziehet der Sultan Arnawd mit ſeiner Macht, nimmt alle<lb/>
die Staͤdte der Aufruͤhrer ein, von denen er einige verwuͤſtet, und befiehlet, um<lb/>
allen kuͤnftigen Unruhen vorzubeugen, daß eine neue und feſte Stadt an dem<lb/>
Eingange des Landes ſollte angeleget werden.</p><lb/><noteplace="left">ſetzet ſeinen<lb/>
Sohn Muſtaͤfa<lb/>
zum Koͤnige von<lb/>
Karamanienein:</note></div><lb/><divn="3"><head>22.</head><p>Nachdem der Sultan nunmehr faſt alle ſeine innerlichen Feinde in<lb/>
Europa unter den Fuß gebracht hatte: ſo wendete er ſeine Gedanken auf die<lb/><fwplace="bottom"type="catch">aſiatiſchen</fw><lb/><cbn="1"/><lb/><notexml:id="N244"prev="#N243"place="end">chriſtlichen Schriftſtellern ſchließe ich, es<lb/>
muͤſſe Stephan geweſen ſeyn, der ſeinen Sitz<lb/>
zu Jaßiga hatte.</note><lb/><noteplace="end"n="33">Akſeraj] Das iſt, der weiße Palaſt,<lb/>
eine Stadt in Karamanien.</note><lb/><cbn="2"/><lb/><noteplace="end"n="34">Gjuͤllikj] Auf deutſch, ein Roſen-<lb/>
garten, eine Stadt in eben derſelben Land-<lb/>ſchaft.</note><lb/><notexml:id="O244"next="#O245"place="end"n="35">Egjriboß] Das Eyland Negroponte<lb/><fwplace="bottom"type="catch">in</fw></note><lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[160/0244]
Osmaniſche Geſchichte
wollen dieſes nicht leiden, und nehmen ihre Zuflucht zu Muhaͤmmed, bitten den-
ſelben auf das demuͤthigſte, das Unrecht, das er von ihrem Vater erlitten, zu
vergeſſen, und mit Prinzen ein Mitleiden zu haben, die von ihrem tiranniſchen
Bruder unterdruͤcket und vertrieben worden; auch einen andern von ihnen,
welchen er wollte, zum Fuͤrſten zu machen: denn ſie ſtelleten ihre ganze Wohl-
fahrt ſeinem Belieben anheim. Muhaͤmmed geſtattet ihnen auch gar gerne ihre
Bitte, und ernennet einen von dieſen Bruͤdern, Aehmed Begj (mit Einwilli-
gung der uͤbrigen) zum Fuͤrſten in Karamanien, und dieſen ſchicket er mit einem
hinlaͤnglichen Kriegsheere dahin zuruͤck, um ſich in den Beſitz von ſeines Vaters
Erbſchaft zu ſetzen. Die uͤbrigen Bruͤder behaͤlt derſelbe bey ſich, befoͤrdert ſie
zu hohen Ehrenſtellen, und laͤſſet ihnen jaͤhrlich ſtattliche Beſoldungen aus der
Schatzkammer reichen. Mittlerweile ziehet Aehmed Begj mit ſeinem Heere nach
Karamanien, uͤberwindet ſeinen Bruder Ishak Begj, und noͤthiget ihn, zu
Ußunhaͤſen zu fliehen. Nachdem er ſolchergeſtalt zum Beſitze des karamaniſchen
Reiches gelanget iſt, und die innerlichen Unruhen geſtillet ſind: ſo ſchicket er die
kaiſerlichen Truppen auf ſehr hoͤfliche Weiſe, mit Geſchenken beladen, wieder
an Muhaͤmmed zuruͤck.
21. Im Jahre 870 gab Albanien Gelegenheit zu neuen Kriegesunter-
nehmungen. Muhaͤmmeds Vater, Murad, hatte den aufruͤhriſchen Fuͤrſten
dieſes Landes, Iskjenderbegj, bereits vor einiger Zeit uͤberwunden, und die
meiſten Feſtungen deſſelben unter ſich gebracht. Weil aber Murad durch den
Tod, und Muhaͤmmed durch andere Verrichtungen, verhindert worden war,
das ganze Land vollends zu erobern: ſo hatten die Beſatzungen der Aufruͤhrer
die benachbarten Landſchaften bisher durch ihre Streifereyen oͤfters beunruhiget.
Aus dieſer Urſache uͤberziehet der Sultan Arnawd mit ſeiner Macht, nimmt alle
die Staͤdte der Aufruͤhrer ein, von denen er einige verwuͤſtet, und befiehlet, um
allen kuͤnftigen Unruhen vorzubeugen, daß eine neue und feſte Stadt an dem
Eingange des Landes ſollte angeleget werden.
H. 870.
J. C. 1465.
22. Nachdem der Sultan nunmehr faſt alle ſeine innerlichen Feinde in
Europa unter den Fuß gebracht hatte: ſo wendete er ſeine Gedanken auf die
aſiatiſchen
chriſtlichen Schriftſtellern ſchließe ich, es
muͤſſe Stephan geweſen ſeyn, der ſeinen Sitz
zu Jaßiga hatte.
³³ Akſeraj] Das iſt, der weiße Palaſt,
eine Stadt in Karamanien.
³⁴ Gjuͤllikj] Auf deutſch, ein Roſen-
garten, eine Stadt in eben derſelben Land-
ſchaft.
³⁵ Egjriboß] Das Eyland Negroponte
in
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Dimitrie [Moldau, Woiwode], (Cantemir, Dimitrie): Geschichte des osmanischen Reichs nach seinem Anwachse und Abnehmen. Hamburg, 1745, S. 160. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/cantemir_geschichte_1745/244>, abgerufen am 22.07.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.