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Dimitrie [Moldau, Woiwode], (Cantemir, Dimitrie): Geschichte des osmanischen Reichs nach seinem Anwachse und Abnehmen. Hamburg, 1745.

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Osmanische Geschichte
gen, daß er ihm die Grabstätte Ejjub Ensaris* offenbarete, damit ein so wichti-
ges Zeugniß von dem göttlichen Ursprunge des muhämmedischen Gesetzes nicht
verloren gehen möge. Dem Schejch wird auch der Ort in einem Gesichte ge-
nennet. Dieser führet hierauf den Kaiser in diejenige Vorstadt, die noch heu-
tiges Tages von diesem Feldherrn den Namen Ejjub führet, und lässet auf einem
gewissen Platze die Erde aufgraben. Da findet man dann einen großen Stein,
mit der Aufschrift: Haßa Käbri Sahibi Resul Allah, Ebi Ejjubi chalidüng,
ßidül-Ensari; welches also verdeutschet werden kann: "Dieses ist das Grab
"des immerwährenden Freundes oder Rathes, und nimmer sterbenden Ge-
"sandten Gottes, Ebi Ejjub. Seine Hülfe müsse sich vermehren und die
"Oberhand behalten!" Muhämmed stattet für diese Entdeckung Gott
Dank ab, und befiehlet, über dem Grabe ein Türbe 19, Dschami und Schule
aufzubauen.

Muhämmeds
weitere glückli-
che Verrichtun-gen.
11.

Um dieselbe Zeit ging es gerade, wie bey dem Umfalle eines alten
weitästigen Eichbaumes, der alle umherstehenden Bäume mit sich zu Boden
schläget. Die umliegenden Städte, sonderlich Siliwri 20 und Burgaß2*, über-
[Spaltenumbruch]

räumet. Von der Kirche ist nichts mehr
übrig, als ein Brunn, der heilsames Wasser
für die Glaubigen ausquillet. Nunmehr hat
ihn ein gewisser Türk im Besitze, der für Geld
den Christen erlaubet, aus demselben zu
schöpfen.
19 Türbe] Dieses ist ein kleiner Thurm,
der gemeiniglich über die Gräber gesetzet wird,
davon ich schon anderswo geredet habe. Sie
werden ordentlicher Weise gegen die Spitze zu
offen gelassen, nach der Gestalt der Kjäbe
oder des Gebäudes zu Mekka. Es geschiehet
dieses deswegen, damit der Regen auf die
Blumen und wohlriechenden Bäume, die da-
hin gepflanzet sind, fallen kann. Die Oeff-
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nung ist mit einem küpfernen Gegitter ver-
wahret, um die Vögel zu verhindern, daß sie
nicht hinein fliegen.
20 Siliwiri] Syllebria, ist eine Stadt
an dem Gestade des Meeres von Marmora,
zwischen Constantinopel und Adrianopel, ze-
hen Stunden Weges von dem letztern abgele-
gen. Sie ist der Sitz eines Metropoliten,
und hat eine vortrefflich schöne Kirche, die
zu den Zeiten der christlichen Kaiser gebauet
ist. Hier werden die völligen Reste der heili-
gen Euphimia* aufbehalten, die die Türken
aus Neugier besuchen und dieselbe Kädid2*
nennen. Es sind auch hieselbst die verfalle-
nen Mauren eines großen Palastes zu sehen,

brachten
* Ensari heißet einen Helfer. Es ist ein Ehrenname der Bürger zu Medine, weil sie Muhämmed bey
seiner Flucht zu ihnen beygestanden und sich mit ihm vereiniget haben.
2* auf deutsch, eine
Stadt, Burg.
* So sprechen es die Griechen aus. Die Lateiner sagen Euphemia.
2* auf deutsch, ausge-
dörrtes Fleisch.

Osmaniſche Geſchichte
gen, daß er ihm die Grabſtaͤtte Ejjub Enſaris* offenbarete, damit ein ſo wichti-
ges Zeugniß von dem goͤttlichen Urſprunge des muhaͤmmediſchen Geſetzes nicht
verloren gehen moͤge. Dem Schejch wird auch der Ort in einem Geſichte ge-
nennet. Dieſer fuͤhret hierauf den Kaiſer in diejenige Vorſtadt, die noch heu-
tiges Tages von dieſem Feldherrn den Namen Ejjub fuͤhret, und laͤſſet auf einem
gewiſſen Platze die Erde aufgraben. Da findet man dann einen großen Stein,
mit der Aufſchrift: Haßa Kaͤbri Sahibi Reſul Allah, Ebi Ejjubi chaliduͤng,
ßiduͤl-Enſari; welches alſo verdeutſchet werden kann: “Dieſes iſt das Grab
“des immerwaͤhrenden Freundes oder Rathes, und nimmer ſterbenden Ge-
“ſandten Gottes, Ebi Ejjub. Seine Huͤlfe muͤſſe ſich vermehren und die
“Oberhand behalten!„ Muhaͤmmed ſtattet fuͤr dieſe Entdeckung Gott
Dank ab, und befiehlet, uͤber dem Grabe ein Tuͤrbe 19, Dſchami und Schule
aufzubauen.

Muhaͤmmeds
weitere gluͤckli-
che Verrichtun-gen.
11.

Um dieſelbe Zeit ging es gerade, wie bey dem Umfalle eines alten
weitaͤſtigen Eichbaumes, der alle umherſtehenden Baͤume mit ſich zu Boden
ſchlaͤget. Die umliegenden Staͤdte, ſonderlich Siliwri 20 und Burgaß2*, uͤber-
[Spaltenumbruch]

raͤumet. Von der Kirche iſt nichts mehr
uͤbrig, als ein Brunn, der heilſames Waſſer
fuͤr die Glaubigen ausquillet. Nunmehr hat
ihn ein gewiſſer Tuͤrk im Beſitze, der fuͤr Geld
den Chriſten erlaubet, aus demſelben zu
ſchoͤpfen.
19 Tuͤrbe] Dieſes iſt ein kleiner Thurm,
der gemeiniglich uͤber die Graͤber geſetzet wird,
davon ich ſchon anderswo geredet habe. Sie
werden ordentlicher Weiſe gegen die Spitze zu
offen gelaſſen, nach der Geſtalt der Kjaͤbe
oder des Gebaͤudes zu Mekka. Es geſchiehet
dieſes deswegen, damit der Regen auf die
Blumen und wohlriechenden Baͤume, die da-
hin gepflanzet ſind, fallen kann. Die Oeff-
[Spaltenumbruch]
nung iſt mit einem kuͤpfernen Gegitter ver-
wahret, um die Voͤgel zu verhindern, daß ſie
nicht hinein fliegen.
20 Siliwiri] Syllebria‚ iſt eine Stadt
an dem Geſtade des Meeres von Marmora,
zwiſchen Conſtantinopel und Adrianopel, ze-
hen Stunden Weges von dem letztern abgele-
gen. Sie iſt der Sitz eines Metropoliten,
und hat eine vortrefflich ſchoͤne Kirche, die
zu den Zeiten der chriſtlichen Kaiſer gebauet
iſt. Hier werden die voͤlligen Reſte der heili-
gen Euphimia* aufbehalten, die die Tuͤrken
aus Neugier beſuchen und dieſelbe Kaͤdid2*
nennen. Es ſind auch hieſelbſt die verfalle-
nen Mauren eines großen Palaſtes zu ſehen,

brachten
* Enſari heißet einen Helfer. Es iſt ein Ehrenname der Buͤrger zu Medine, weil ſie Muhaͤmmed bey
ſeiner Flucht zu ihnen beygeſtanden und ſich mit ihm vereiniget haben.
2* auf deutſch, eine
Stadt, Burg.
* So ſprechen es die Griechen aus. Die Lateiner ſagen Euphemia.
2* auf deutſch, ausge-
doͤrrtes Fleiſch.
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[154/0238] Osmaniſche Geſchichte gen, daß er ihm die Grabſtaͤtte Ejjub Enſaris * offenbarete, damit ein ſo wichti- ges Zeugniß von dem goͤttlichen Urſprunge des muhaͤmmediſchen Geſetzes nicht verloren gehen moͤge. Dem Schejch wird auch der Ort in einem Geſichte ge- nennet. Dieſer fuͤhret hierauf den Kaiſer in diejenige Vorſtadt, die noch heu- tiges Tages von dieſem Feldherrn den Namen Ejjub fuͤhret, und laͤſſet auf einem gewiſſen Platze die Erde aufgraben. Da findet man dann einen großen Stein, mit der Aufſchrift: Haßa Kaͤbri Sahibi Reſul Allah, Ebi Ejjubi chaliduͤng, ßiduͤl-Enſari; welches alſo verdeutſchet werden kann: “Dieſes iſt das Grab “des immerwaͤhrenden Freundes oder Rathes, und nimmer ſterbenden Ge- “ſandten Gottes, Ebi Ejjub. Seine Huͤlfe muͤſſe ſich vermehren und die “Oberhand behalten!„ Muhaͤmmed ſtattet fuͤr dieſe Entdeckung Gott Dank ab, und befiehlet, uͤber dem Grabe ein Tuͤrbe ¹⁹ , Dſchami und Schule aufzubauen. 11. Um dieſelbe Zeit ging es gerade, wie bey dem Umfalle eines alten weitaͤſtigen Eichbaumes, der alle umherſtehenden Baͤume mit ſich zu Boden ſchlaͤget. Die umliegenden Staͤdte, ſonderlich Siliwri ²⁰ und Burgaß 2*, uͤber- brachten raͤumet. Von der Kirche iſt nichts mehr uͤbrig, als ein Brunn, der heilſames Waſſer fuͤr die Glaubigen ausquillet. Nunmehr hat ihn ein gewiſſer Tuͤrk im Beſitze, der fuͤr Geld den Chriſten erlaubet, aus demſelben zu ſchoͤpfen. ¹⁹ Tuͤrbe] Dieſes iſt ein kleiner Thurm, der gemeiniglich uͤber die Graͤber geſetzet wird, davon ich ſchon anderswo geredet habe. Sie werden ordentlicher Weiſe gegen die Spitze zu offen gelaſſen, nach der Geſtalt der Kjaͤbe oder des Gebaͤudes zu Mekka. Es geſchiehet dieſes deswegen, damit der Regen auf die Blumen und wohlriechenden Baͤume, die da- hin gepflanzet ſind, fallen kann. Die Oeff- nung iſt mit einem kuͤpfernen Gegitter ver- wahret, um die Voͤgel zu verhindern, daß ſie nicht hinein fliegen. ²⁰ Siliwiri] Syllebria‚ iſt eine Stadt an dem Geſtade des Meeres von Marmora, zwiſchen Conſtantinopel und Adrianopel, ze- hen Stunden Weges von dem letztern abgele- gen. Sie iſt der Sitz eines Metropoliten, und hat eine vortrefflich ſchoͤne Kirche, die zu den Zeiten der chriſtlichen Kaiſer gebauet iſt. Hier werden die voͤlligen Reſte der heili- gen Euphimia * aufbehalten, die die Tuͤrken aus Neugier beſuchen und dieſelbe Kaͤdid 2* nennen. Es ſind auch hieſelbſt die verfalle- nen Mauren eines großen Palaſtes zu ſehen, den * Enſari heißet einen Helfer. Es iſt ein Ehrenname der Buͤrger zu Medine, weil ſie Muhaͤmmed bey ſeiner Flucht zu ihnen beygeſtanden und ſich mit ihm vereiniget haben. 2* auf deutſch, eine Stadt, Burg. * So ſprechen es die Griechen aus. Die Lateiner ſagen Euphemia. 2* auf deutſch, ausge- doͤrrtes Fleiſch.

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Zitationshilfe: Dimitrie [Moldau, Woiwode], (Cantemir, Dimitrie): Geschichte des osmanischen Reichs nach seinem Anwachse und Abnehmen. Hamburg, 1745, S. 154. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/cantemir_geschichte_1745/238>, abgerufen am 23.11.2024.