Dimitrie [Moldau, Woiwode], (Cantemir, Dimitrie): Geschichte des osmanischen Reichs nach seinem Anwachse und Abnehmen. Hamburg, 1745.Osmanische Geschichte von dem Tempel Sulü Manastir 14 aber bis an Edrene Kapu verblieben sie alleden Griechen. sion nach St. So-phia. 9. Hierauf ließ derselbe die Land- und Seetruppen auf dem Marktplatze 14 Sulü Manastir] das wässerige Klo- ster. Es war zu den Zeiten der Christen eine Kirche der Armenier, die dieses ganze Theil der Stadt inne hatten. Itzo ist es ein Dscha- mi, und der Name desselben kommt von den Quellen her, die aus dem Grunde der Kirche entspringen. 15 Eßan] Es ist ein Gesang, der eine Bekenntniß des muhämmedischen Glaubens in sich hält, und täglich fünfmal, die Leute zum Gebete zu rufen, von dem höchsten Thur- me des Dschami, Menare genennet, durch den Sänger, Müeßßin, abgesungen wird. Am Freytage kommt noch das sechste Eßan, Sälat genennet, hinzu, zwo Stunden vor dem Mittags-Nemaß, das mit keinem Gebete begleitet wird: und so geschiehet es auch bey dem Temdschid, das der Sänger vor dem Morgengebete absinget, und das unmittelbar vor diesem Gebete hergehet; denn es ist gleich- sam ein Lobgesang auf Gott, den Geber des [Spaltenumbruch] Lichts und Stifter des heiligen Tages. Das Glaubensbekenntniß bestehet nur aus zweenen Stücken, nämlich: "Es ist kein Gott, außer "Gott," und; "Muhämmed ist sein Pro- "phet*." Bey dem Eßan wird gewöhn- licher Weise noch hinzugesetzet: "Gott ist "der Allerhöchste; es ist kein Gott, außer "Gott, und Muhämmed ist sein Prophet" (dieses wird zweymal wiederholet); "kom- "met zu dem Orte der Ruhe oder Unsträf- "lichkeit" (hierunter wird Mekka verstan- den); "kommet zu der Freystadt oder Se- "ligkeit." Wie die Christen, wann sie eine Stadt eingenommen haben, ihr Te Deum2* anstimmen: eben so lassen die Tür- ken bey dergleichen glücklichen Begebenheiten ihr Eßan mit heller Stimme in den Kirchen erschallen, die sie solchergestalt gleich in Dscha- mi verwandeln. 16 persischer Sprache] Die Verse waren folgende: Perde dari mi kjüned ber Käsri Käjsär Aenkjebut: [Spaltenumbruch]
Bume Newbet mi ßened ber Kjümbedi Efraßijab. Das ist: "Die Spinne spinnet ihr Gewebe in "dem kaiserlichen Palaste; die Eule singet "ihren Wächtergesang auf den Thürmen "von Efraßijab" (Efraßijab ist ein Pa- last der Könige in Persien, dessen in den tür- kischen Fabeln öfters gedacht wird). Dieser [Spaltenumbruch] Spruch scheinet den Fall der stolzen Majestät der griechischen Kaiser anzudeuten. Denn wie wir sehen, daß die Spinnen ihr Gewebe über die verfallenen und öden Häuser ziehen: eben so werde das griechische Reich, nachdem dasselbe zu Grunde gerichtet und seinen alten Nemaß * Auf arabisch: La Ilahe illallah, we Muhämmed Resulüllah. 2* Herr Gott! dich loben
wir. Osmaniſche Geſchichte von dem Tempel Suluͤ Manaſtir 14 aber bis an Edrene Kapu verblieben ſie alleden Griechen. ſion nach St. So-phia. 9. Hierauf ließ derſelbe die Land- und Seetruppen auf dem Marktplatze 14 Suluͤ Manaſtir] das waͤſſerige Klo- ſter. Es war zu den Zeiten der Chriſten eine Kirche der Armenier, die dieſes ganze Theil der Stadt inne hatten. Itzo iſt es ein Dſcha- mi, und der Name deſſelben kommt von den Quellen her, die aus dem Grunde der Kirche entſpringen. 15 Eßan] Es iſt ein Geſang, der eine Bekenntniß des muhaͤmmediſchen Glaubens in ſich haͤlt, und taͤglich fuͤnfmal, die Leute zum Gebete zu rufen, von dem hoͤchſten Thur- me des Dſchami, Menare genennet, durch den Saͤnger, Muͤeßßin, abgeſungen wird. Am Freytage kommt noch das ſechste Eßan, Saͤlat genennet, hinzu, zwo Stunden vor dem Mittags-Nemaß, das mit keinem Gebete begleitet wird: und ſo geſchiehet es auch bey dem Temdſchid, das der Saͤnger vor dem Morgengebete abſinget, und das unmittelbar vor dieſem Gebete hergehet; denn es iſt gleich- ſam ein Lobgeſang auf Gott, den Geber des [Spaltenumbruch] Lichts und Stifter des heiligen Tages. Das Glaubensbekenntniß beſtehet nur aus zweenen Stuͤcken, naͤmlich: “Es iſt kein Gott, außer “Gott,„ und; “Muhaͤmmed iſt ſein Pro- “phet*.„ Bey dem Eßan wird gewoͤhn- licher Weiſe noch hinzugeſetzet: “Gott iſt “der Allerhoͤchſte; es iſt kein Gott, außer “Gott, und Muhaͤmmed iſt ſein Prophet„ (dieſes wird zweymal wiederholet); “kom- “met zu dem Orte der Ruhe oder Unſtraͤf- “lichkeit„ (hierunter wird Mekka verſtan- den); “kommet zu der Freyſtadt oder Se- “ligkeit.„ Wie die Chriſten, wann ſie eine Stadt eingenommen haben, ihr Te Deum2* anſtimmen: eben ſo laſſen die Tuͤr- ken bey dergleichen gluͤcklichen Begebenheiten ihr Eßan mit heller Stimme in den Kirchen erſchallen, die ſie ſolchergeſtalt gleich in Dſcha- mi verwandeln. 16 perſiſcher Sprache] Die Verſe waren folgende: Perde dari mi kjuͤned ber Kaͤsri Kaͤjſaͤr Aenkjebut: [Spaltenumbruch]
Bume Newbet mi ßened ber Kjuͤmbedi Efraßijab. Das iſt: “Die Spinne ſpinnet ihr Gewebe in “dem kaiſerlichen Palaſte; die Eule ſinget “ihren Waͤchtergeſang auf den Thuͤrmen “von Efraßijab„ (Efraßijab iſt ein Pa- laſt der Koͤnige in Perſien, deſſen in den tuͤr- kiſchen Fabeln oͤfters gedacht wird). Dieſer [Spaltenumbruch] Spruch ſcheinet den Fall der ſtolzen Majeſtaͤt der griechiſchen Kaiſer anzudeuten. Denn wie wir ſehen, daß die Spinnen ihr Gewebe uͤber die verfallenen und oͤden Haͤuſer ziehen: eben ſo werde das griechiſche Reich, nachdem daſſelbe zu Grunde gerichtet und ſeinen alten Nemaß * Auf arabiſch: La Ilahe illallah, we Muhaͤmmed Reſuluͤllah. 2* Herr Gott! dich loben
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Osmaniſche Geſchichte
von dem Tempel Suluͤ Manaſtir
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aber bis an Edrene Kapu verblieben ſie alle
den Griechen.
9. Hierauf ließ derſelbe die Land- und Seetruppen auf dem Marktplatze
Akſeraj zuſammen kommen, ging mit ihnen in einer triumphirenden Proceſſion
nach der Kirche St. Sophia, und ließ daſelbſt das Eßan
¹⁵
anſtimmen und das
Nemaß
¹⁴ Suluͤ Manaſtir] das waͤſſerige Klo-
ſter. Es war zu den Zeiten der Chriſten eine
Kirche der Armenier, die dieſes ganze Theil
der Stadt inne hatten. Itzo iſt es ein Dſcha-
mi, und der Name deſſelben kommt von den
Quellen her, die aus dem Grunde der Kirche
entſpringen.
¹⁵ Eßan] Es iſt ein Geſang, der eine
Bekenntniß des muhaͤmmediſchen Glaubens
in ſich haͤlt, und taͤglich fuͤnfmal, die Leute
zum Gebete zu rufen, von dem hoͤchſten Thur-
me des Dſchami, Menare genennet, durch
den Saͤnger, Muͤeßßin, abgeſungen wird.
Am Freytage kommt noch das ſechste Eßan,
Saͤlat genennet, hinzu, zwo Stunden vor
dem Mittags-Nemaß, das mit keinem Gebete
begleitet wird: und ſo geſchiehet es auch bey
dem Temdſchid, das der Saͤnger vor dem
Morgengebete abſinget, und das unmittelbar
vor dieſem Gebete hergehet; denn es iſt gleich-
ſam ein Lobgeſang auf Gott, den Geber des
Lichts und Stifter des heiligen Tages. Das
Glaubensbekenntniß beſtehet nur aus zweenen
Stuͤcken, naͤmlich: “Es iſt kein Gott, außer
“Gott,„ und; “Muhaͤmmed iſt ſein Pro-
“phet *.„ Bey dem Eßan wird gewoͤhn-
licher Weiſe noch hinzugeſetzet: “Gott iſt
“der Allerhoͤchſte; es iſt kein Gott, außer
“Gott, und Muhaͤmmed iſt ſein Prophet„
(dieſes wird zweymal wiederholet); “kom-
“met zu dem Orte der Ruhe oder Unſtraͤf-
“lichkeit„ (hierunter wird Mekka verſtan-
den); “kommet zu der Freyſtadt oder Se-
“ligkeit.„ Wie die Chriſten, wann ſie
eine Stadt eingenommen haben, ihr Te
Deum 2* anſtimmen: eben ſo laſſen die Tuͤr-
ken bey dergleichen gluͤcklichen Begebenheiten
ihr Eßan mit heller Stimme in den Kirchen
erſchallen, die ſie ſolchergeſtalt gleich in Dſcha-
mi verwandeln.
¹⁶ perſiſcher Sprache] Die Verſe
waren folgende:
Perde dari mi kjuͤned ber Kaͤsri Kaͤjſaͤr Aenkjebut:
Bume Newbet mi ßened ber Kjuͤmbedi Efraßijab.
Das iſt: “Die Spinne ſpinnet ihr Gewebe in
“dem kaiſerlichen Palaſte; die Eule ſinget
“ihren Waͤchtergeſang auf den Thuͤrmen
“von Efraßijab„ (Efraßijab iſt ein Pa-
laſt der Koͤnige in Perſien, deſſen in den tuͤr-
kiſchen Fabeln oͤfters gedacht wird). Dieſer
Spruch ſcheinet den Fall der ſtolzen Majeſtaͤt
der griechiſchen Kaiſer anzudeuten. Denn
wie wir ſehen, daß die Spinnen ihr Gewebe
uͤber die verfallenen und oͤden Haͤuſer ziehen:
eben ſo werde das griechiſche Reich, nachdem
daſſelbe zu Grunde gerichtet und ſeinen alten
Beſitzern
* Auf arabiſch: La Ilahe illallah, we Muhaͤmmed Reſuluͤllah.
2* Herr Gott! dich loben
wir.
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