schen Kaiserthums in den Staub geleget. Sein Leichnam wurde ohne Kopf oben auf dem Leichname eines Fähndrichs liegend gefunden, davon der Ort bis auf den heutigen Tag den Namen Sandschaktar Jokuschi 12 bekommen hat.
7.
Als diese Dinge denen, die die Bestürmungen der türkischen Land-Der andere Theil der Stadt ergiebt sich. truppen noch beständig tapfer abschlugen, zu Ohren kommen: so entschließen sie sich, ihre letzte Hoffnung zur Sicherheit in der bereits abgeredeten Uebergabe der Stadt zu suchen. Sie stecken daher auf den Mauren das Zeichen des Frie- dens auf, und rufen von den Wällen überlaut herunter: "Warum brechet "ihr, ohne Furcht für Gott zu haben, ohne alle Ursache und ohne das mindeste "Verschulden auf unserer Seite, euer gegebenes Versprechen? Der Ver- "gleich von der Uebergabe der Stadt ist bereits geschlossen, und von beyden "Kaisern befohlen, denselben zur Vollziehung zu bringen. Höret daher auf zu "fechten, und stürmet nicht länger auf diejenigen, die versprochen haben, eure "künftigen Unterthanen zu seyn." Als Muhämmed diese Reden höret, und vielleicht nicht weis, was in dem Hafen vorgegangen ist: so befiehlet er, mit dem Stürmen einzuhalten, und verspricht, die vorigen Bedingungen zu erfüllen; und solchergestalt bekommt er den andern Theil der Stadt durch Uebergabe.
8.
Des folgenden Tages zog Muhämmed zu dem Thore, Topkapu* ge-Muhämmed machet die Be- dingungen der Uebergabe be- kannt: nennet, ein, und machte in Gegenwart der Griechen, die wegen ihrer Religion und ihres Lebens in Aengsten waren, folgende Verordnung. "Ich habe euch," sagte er, "in unserm gemachten Vergleiche versprochen, daß alle Kirchen und "Klöster unangetastet gelassen werden, und eurer Religion kein Abbruch ge- "schehen sollte. Weil ich aber die Stadt halb durch Gewalt der Waffen, "und halb durch Uebergabe einbekommen habe: so halte ich es für recht und "befehle also hiermit, daß die geistlichen Gebäude und Kirchen, die in demje- "nigen Theile stehen, den ich erobert habe, in Dschami verwandelt; die übri- "gen aber den Christen völlig gelassen werden sollen." Solchergestalt wur- den von Akseraj 13 an bis nach St. Sophia alle Kirchen zu Dschami gemacht: [Spaltenumbruch]
Türken Jeng-i Odalar oder die neuen Woh- nungen genennet, zu sehen sind. Durch diese Straße darf keine Weibsperson gehen, die Weiber der Jeng-itscheri selbst nicht: denn was ihnen auch hier Leides von denselben wie- derfahren mag, das gehet ungestraft hin. [Spaltenumbruch] Wenn aber eine Hure sich aus freyen Stücken hinein begiebt: so ist die Gewohnheit, daß sie am Eingange der Straße ein Messer in die Wand stecket und ihren Bund daran hänget. Wenn die Leute diesen sehen: so wenden sie sich alle weg und gehen eine andere Straße.
von
* auf deutsch, das Geschützthor.
T 2
7. Muhaͤmmed der II
ſchen Kaiſerthums in den Staub geleget. Sein Leichnam wurde ohne Kopf oben auf dem Leichname eines Faͤhndrichs liegend gefunden, davon der Ort bis auf den heutigen Tag den Namen Sandſchaktar Jokuſchi 12 bekommen hat.
7.
Als dieſe Dinge denen, die die Beſtuͤrmungen der tuͤrkiſchen Land-Der andere Theil der Stadt ergiebt ſich. truppen noch beſtaͤndig tapfer abſchlugen, zu Ohren kommen: ſo entſchließen ſie ſich, ihre letzte Hoffnung zur Sicherheit in der bereits abgeredeten Uebergabe der Stadt zu ſuchen. Sie ſtecken daher auf den Mauren das Zeichen des Frie- dens auf, und rufen von den Waͤllen uͤberlaut herunter: “Warum brechet “ihr, ohne Furcht fuͤr Gott zu haben, ohne alle Urſache und ohne das mindeſte “Verſchulden auf unſerer Seite, euer gegebenes Verſprechen? Der Ver- “gleich von der Uebergabe der Stadt iſt bereits geſchloſſen, und von beyden “Kaiſern befohlen, denſelben zur Vollziehung zu bringen. Hoͤret daher auf zu “fechten, und ſtuͤrmet nicht laͤnger auf diejenigen, die verſprochen haben, eure “kuͤnftigen Unterthanen zu ſeyn.„ Als Muhaͤmmed dieſe Reden hoͤret, und vielleicht nicht weis, was in dem Hafen vorgegangen iſt: ſo befiehlet er, mit dem Stuͤrmen einzuhalten, und verſpricht, die vorigen Bedingungen zu erfuͤllen; und ſolchergeſtalt bekommt er den andern Theil der Stadt durch Uebergabe.
8.
Des folgenden Tages zog Muhaͤmmed zu dem Thore, Topkapu* ge-Muhaͤmmed machet die Be- dingungen der Uebergabe be- kannt: nennet, ein, und machte in Gegenwart der Griechen, die wegen ihrer Religion und ihres Lebens in Aengſten waren, folgende Verordnung. “Ich habe euch,„ ſagte er, “in unſerm gemachten Vergleiche verſprochen, daß alle Kirchen und “Kloͤſter unangetaſtet gelaſſen werden, und eurer Religion kein Abbruch ge- “ſchehen ſollte. Weil ich aber die Stadt halb durch Gewalt der Waffen, “und halb durch Uebergabe einbekommen habe: ſo halte ich es fuͤr recht und “befehle alſo hiermit, daß die geiſtlichen Gebaͤude und Kirchen, die in demje- “nigen Theile ſtehen, den ich erobert habe, in Dſchami verwandelt; die uͤbri- “gen aber den Chriſten voͤllig gelaſſen werden ſollen.„ Solchergeſtalt wur- den von Akſeraj 13 an bis nach St. Sophia alle Kirchen zu Dſchami gemacht: [Spaltenumbruch]
Tuͤrken Jeng-i Odalar oder die neuen Woh- nungen genennet, zu ſehen ſind. Durch dieſe Straße darf keine Weibsperſon gehen, die Weiber der Jeng-itſcheri ſelbſt nicht: denn was ihnen auch hier Leides von denſelben wie- derfahren mag, das gehet ungeſtraft hin. [Spaltenumbruch] Wenn aber eine Hure ſich aus freyen Stuͤcken hinein begiebt: ſo iſt die Gewohnheit, daß ſie am Eingange der Straße ein Meſſer in die Wand ſtecket und ihren Bund daran haͤnget. Wenn die Leute dieſen ſehen: ſo wenden ſie ſich alle weg und gehen eine andere Straße.
von
* auf deutſch, das Geſchuͤtzthor.
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7. Muhaͤmmed der II
ſchen Kaiſerthums in den Staub geleget. Sein Leichnam wurde ohne Kopf
oben auf dem Leichname eines Faͤhndrichs liegend gefunden, davon der Ort bis
auf den heutigen Tag den Namen Sandſchaktar Jokuſchi
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7. Als dieſe Dinge denen, die die Beſtuͤrmungen der tuͤrkiſchen Land-
truppen noch beſtaͤndig tapfer abſchlugen, zu Ohren kommen: ſo entſchließen
ſie ſich, ihre letzte Hoffnung zur Sicherheit in der bereits abgeredeten Uebergabe
der Stadt zu ſuchen. Sie ſtecken daher auf den Mauren das Zeichen des Frie-
dens auf, und rufen von den Waͤllen uͤberlaut herunter: “Warum brechet
“ihr, ohne Furcht fuͤr Gott zu haben, ohne alle Urſache und ohne das mindeſte
“Verſchulden auf unſerer Seite, euer gegebenes Verſprechen? Der Ver-
“gleich von der Uebergabe der Stadt iſt bereits geſchloſſen, und von beyden
“Kaiſern befohlen, denſelben zur Vollziehung zu bringen. Hoͤret daher auf zu
“fechten, und ſtuͤrmet nicht laͤnger auf diejenigen, die verſprochen haben, eure
“kuͤnftigen Unterthanen zu ſeyn.„ Als Muhaͤmmed dieſe Reden hoͤret, und
vielleicht nicht weis, was in dem Hafen vorgegangen iſt: ſo befiehlet er, mit
dem Stuͤrmen einzuhalten, und verſpricht, die vorigen Bedingungen zu erfuͤllen;
und ſolchergeſtalt bekommt er den andern Theil der Stadt durch Uebergabe.
Der andere
Theil der Stadt
ergiebt ſich.
8. Des folgenden Tages zog Muhaͤmmed zu dem Thore, Topkapu * ge-
nennet, ein, und machte in Gegenwart der Griechen, die wegen ihrer Religion
und ihres Lebens in Aengſten waren, folgende Verordnung. “Ich habe euch,„
ſagte er, “in unſerm gemachten Vergleiche verſprochen, daß alle Kirchen und
“Kloͤſter unangetaſtet gelaſſen werden, und eurer Religion kein Abbruch ge-
“ſchehen ſollte. Weil ich aber die Stadt halb durch Gewalt der Waffen,
“und halb durch Uebergabe einbekommen habe: ſo halte ich es fuͤr recht und
“befehle alſo hiermit, daß die geiſtlichen Gebaͤude und Kirchen, die in demje-
“nigen Theile ſtehen, den ich erobert habe, in Dſchami verwandelt; die uͤbri-
“gen aber den Chriſten voͤllig gelaſſen werden ſollen.„ Solchergeſtalt wur-
den von Akſeraj
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an bis nach St. Sophia alle Kirchen zu Dſchami gemacht:
von
Tuͤrken Jeng-i Odalar oder die neuen Woh-
nungen genennet, zu ſehen ſind. Durch dieſe
Straße darf keine Weibsperſon gehen, die
Weiber der Jeng-itſcheri ſelbſt nicht: denn
was ihnen auch hier Leides von denſelben wie-
derfahren mag, das gehet ungeſtraft hin.
Wenn aber eine Hure ſich aus freyen Stuͤcken
hinein begiebt: ſo iſt die Gewohnheit, daß ſie
am Eingange der Straße ein Meſſer in die
Wand ſtecket und ihren Bund daran haͤnget.
Wenn die Leute dieſen ſehen: ſo wenden ſie
ſich alle weg und gehen eine andere Straße.
Muhaͤmmed
machet die Be-
dingungen der
Uebergabe be-
kannt:
* auf deutſch, das Geſchuͤtzthor.
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Dimitrie [Moldau, Woiwode], (Cantemir, Dimitrie): Geschichte des osmanischen Reichs nach seinem Anwachse und Abnehmen. Hamburg, 1745, S. 147. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/cantemir_geschichte_1745/231>, abgerufen am 23.11.2024.
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