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Dimitrie [Moldau, Woiwode], (Cantemir, Dimitrie): Geschichte des osmanischen Reichs nach seinem Anwachse und Abnehmen. Hamburg, 1745.

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Osmanische Geschichte
"den der Jeng-itscheri zu Theile würde. Mit einem Worte: ihr Vertrauen
"zu seiner Klugheit und bewährten Führung der Geschäffte sey so groß, daß sie
"hoffeten, das Reich werde durch seine Veranstaltung nicht nur wieder in gu-
"ten Stand gesetzet werden, sondern auch zu größerm Flore und Ansehen ge-
"langen." Murad ließ sich auch durch die gegenwärtige Gefahr bewegen,
daß er den Thron 43 zu Adrianopel wieder bestieg, und seinen Sohn nach Ma-
gnesia schickte.

bringet Grie-
chenland und
Epirus unter sei-
ne Botmäßig-
keit, und verja-get Skanderbegj:
30.

Als Murad wieder am Ruder saß: so wurden die innerlichen Un-
ruhen durch ihn gar bald gestillet. Im folgenden Jahre kehrete er seine Waffen
gegen den aufrührischen Kastriot, Iskjenderbegj 44, jagte ihn nicht nur aus sei-
nem Reiche, und verherete ganz Griechenland und Arnawd 45, sondern nahm
auch in Morea die Städte Balibadri und Aktschehisar 46 mit stürmender Hand
H. 851.



J. C. 1447.ein. Weil auch Iskjenderbegj die muhämmedische Religion ohne Ursache ver-
lassen und Treue und Glauben gegen ihn verrätherischer Weise gebrochen hatte:
so machte er alle Kirchen in Arnawd zu Dschami und Mestschiden, und befahl
allen Epiroten, daß sie entweder sich beschneiden lassen, oder ihre Verrätherey
mit dem Tode büßen sollten*. Auf diese Weise wurde ganz Arnawd in kurzer
Zeit zu dem muhämmedischen Glauben gebracht.

[Spaltenumbruch]
43 den Thron] Die christlichen Schrift-
steller sagen selbst, daß Murad nach der Schlacht
bey Warna sich nach Prusa in die Einsamkeit
begeben habe. Daß er aber diese Lebensart
wieder verlassen: das schreiben sie den glück-
lichen Waffen Hunniades in Ungarn, und
dem Aufruhre Iskjenderbegs zu; und nicht dem
Aufstande der Jeng-itscheri, oder dem Anhal-
ten der Paschen.
44 Iskjenderbegj] Dieses ist der be-
rühmte Georg Kastriot, Johannes, Fürsten
von Epirus, Sohn, von dessen Kriegs- und
Heldenthaten die christlichen Schriftsteller
große Bücher geschrieben haben. In seinen
jüngern Jahren bekam er wegen seiner aus-
[Spaltenumbruch]
nehmenden Tugenden von Murad diesen Na-
men, der ein verderbtes Wort von dem grie-
chischen Worte Alexander ist, und, wie ich
schon oben angemerket habe, sehr wenigen
Türken beygeleget wird. Die türkischen Ge-
schichtschreiber erwähnen außer diesem Kastriot
nicht mehr als zweener Iskjender (oder Ale-
xander). Diese sind, Iskjender Rumi Ibni-
felikes, oder Alexander aus Macedonien, Phi-
lipps Sohn (bey dem sie im Zweifel stehen,
ob sie ihn unter die Propheten, oder unter die
gläubigen Fürsten setzen sollen: denn daß er
ein Heide gewesen sey, das wollen sie nicht
zugeben): und Iskjenderi ßül Kärnejn, oder
Alexander mit zweyen Hörnern, sonst auch
bey ihnen genennet Sahib Kiran Monarcha*,
31. Mitt-
* [Georg Kastriot war ein Sohn des Königes Johannes in Epirus oder Niederalbanieu, der genöthiget
wurde,
* der glückselige unüberwindliche Monarch.

Osmaniſche Geſchichte
“den der Jeng-itſcheri zu Theile wuͤrde. Mit einem Worte: ihr Vertrauen
“zu ſeiner Klugheit und bewaͤhrten Fuͤhrung der Geſchaͤffte ſey ſo groß, daß ſie
“hoffeten, das Reich werde durch ſeine Veranſtaltung nicht nur wieder in gu-
“ten Stand geſetzet werden, ſondern auch zu groͤßerm Flore und Anſehen ge-
“langen.„ Murad ließ ſich auch durch die gegenwaͤrtige Gefahr bewegen,
daß er den Thron 43 zu Adrianopel wieder beſtieg, und ſeinen Sohn nach Ma-
gneſia ſchickte.

bringet Grie-
chenland und
Epirus unter ſei-
ne Botmaͤßig-
keit, und verja-get Skanderbegj:
30.

Als Murad wieder am Ruder ſaß: ſo wurden die innerlichen Un-
ruhen durch ihn gar bald geſtillet. Im folgenden Jahre kehrete er ſeine Waffen
gegen den aufruͤhriſchen Kaſtriot, Iskjenderbegj 44, jagte ihn nicht nur aus ſei-
nem Reiche, und verherete ganz Griechenland und Arnawd 45, ſondern nahm
auch in Morea die Staͤdte Balibadri und Aktſchehiſar 46 mit ſtuͤrmender Hand
H. 851.



J. C. 1447.ein. Weil auch Iskjenderbegj die muhaͤmmediſche Religion ohne Urſache ver-
laſſen und Treue und Glauben gegen ihn verraͤtheriſcher Weiſe gebrochen hatte:
ſo machte er alle Kirchen in Arnawd zu Dſchami und Mestſchiden, und befahl
allen Epiroten, daß ſie entweder ſich beſchneiden laſſen, oder ihre Verraͤtherey
mit dem Tode buͤßen ſollten*. Auf dieſe Weiſe wurde ganz Arnawd in kurzer
Zeit zu dem muhaͤmmediſchen Glauben gebracht.

[Spaltenumbruch]
43 den Thron] Die chriſtlichen Schrift-
ſteller ſagen ſelbſt, daß Murad nach der Schlacht
bey Warna ſich nach Pruſa in die Einſamkeit
begeben habe. Daß er aber dieſe Lebensart
wieder verlaſſen: das ſchreiben ſie den gluͤck-
lichen Waffen Hunniades in Ungarn, und
dem Aufruhre Iskjenderbegs zu; und nicht dem
Aufſtande der Jeng-itſcheri, oder dem Anhal-
ten der Paſchen.
44 Iskjenderbegj] Dieſes iſt der be-
ruͤhmte Georg Kaſtriot, Johannes, Fuͤrſten
von Epirus, Sohn, von deſſen Kriegs- und
Heldenthaten die chriſtlichen Schriftſteller
große Buͤcher geſchrieben haben. In ſeinen
juͤngern Jahren bekam er wegen ſeiner aus-
[Spaltenumbruch]
nehmenden Tugenden von Murad dieſen Na-
men, der ein verderbtes Wort von dem grie-
chiſchen Worte Alexander iſt, und, wie ich
ſchon oben angemerket habe, ſehr wenigen
Tuͤrken beygeleget wird. Die tuͤrkiſchen Ge-
ſchichtſchreiber erwaͤhnen außer dieſem Kaſtriot
nicht mehr als zweener Iskjender (oder Ale-
xander). Dieſe ſind, Iskjender Rumi Ibni-
felikes, oder Alexander aus Macedonien, Phi-
lipps Sohn (bey dem ſie im Zweifel ſtehen,
ob ſie ihn unter die Propheten, oder unter die
glaͤubigen Fuͤrſten ſetzen ſollen: denn daß er
ein Heide geweſen ſey, das wollen ſie nicht
zugeben): und Iskjenderi ßuͤl Kaͤrnejn, oder
Alexander mit zweyen Hoͤrnern, ſonſt auch
bey ihnen genennet Sahib Kiran Monarcha*,
31. Mitt-
* [Georg Kaſtriot war ein Sohn des Koͤniges Johannes in Epirus oder Niederalbanieu, der genoͤthiget
wurde,
* der gluͤckſelige unuͤberwindliche Monarch.
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[132/0214] Osmaniſche Geſchichte “den der Jeng-itſcheri zu Theile wuͤrde. Mit einem Worte: ihr Vertrauen “zu ſeiner Klugheit und bewaͤhrten Fuͤhrung der Geſchaͤffte ſey ſo groß, daß ſie “hoffeten, das Reich werde durch ſeine Veranſtaltung nicht nur wieder in gu- “ten Stand geſetzet werden, ſondern auch zu groͤßerm Flore und Anſehen ge- “langen.„ Murad ließ ſich auch durch die gegenwaͤrtige Gefahr bewegen, daß er den Thron ⁴³ zu Adrianopel wieder beſtieg, und ſeinen Sohn nach Ma- gneſia ſchickte. 30. Als Murad wieder am Ruder ſaß: ſo wurden die innerlichen Un- ruhen durch ihn gar bald geſtillet. Im folgenden Jahre kehrete er ſeine Waffen gegen den aufruͤhriſchen Kaſtriot, Iskjenderbegj ⁴⁴ , jagte ihn nicht nur aus ſei- nem Reiche, und verherete ganz Griechenland und Arnawd ⁴⁵ , ſondern nahm auch in Morea die Staͤdte Balibadri und Aktſchehiſar ⁴⁶ mit ſtuͤrmender Hand ein. Weil auch Iskjenderbegj die muhaͤmmediſche Religion ohne Urſache ver- laſſen und Treue und Glauben gegen ihn verraͤtheriſcher Weiſe gebrochen hatte: ſo machte er alle Kirchen in Arnawd zu Dſchami und Mestſchiden, und befahl allen Epiroten, daß ſie entweder ſich beſchneiden laſſen, oder ihre Verraͤtherey mit dem Tode buͤßen ſollten *. Auf dieſe Weiſe wurde ganz Arnawd in kurzer Zeit zu dem muhaͤmmediſchen Glauben gebracht. H. 851. J. C. 1447. 31. Mitt- ⁴³ den Thron] Die chriſtlichen Schrift- ſteller ſagen ſelbſt, daß Murad nach der Schlacht bey Warna ſich nach Pruſa in die Einſamkeit begeben habe. Daß er aber dieſe Lebensart wieder verlaſſen: das ſchreiben ſie den gluͤck- lichen Waffen Hunniades in Ungarn, und dem Aufruhre Iskjenderbegs zu; und nicht dem Aufſtande der Jeng-itſcheri, oder dem Anhal- ten der Paſchen. ⁴⁴ Iskjenderbegj] Dieſes iſt der be- ruͤhmte Georg Kaſtriot, Johannes, Fuͤrſten von Epirus, Sohn, von deſſen Kriegs- und Heldenthaten die chriſtlichen Schriftſteller große Buͤcher geſchrieben haben. In ſeinen juͤngern Jahren bekam er wegen ſeiner aus- nehmenden Tugenden von Murad dieſen Na- men, der ein verderbtes Wort von dem grie- chiſchen Worte Alexander iſt, und, wie ich ſchon oben angemerket habe, ſehr wenigen Tuͤrken beygeleget wird. Die tuͤrkiſchen Ge- ſchichtſchreiber erwaͤhnen außer dieſem Kaſtriot nicht mehr als zweener Iskjender (oder Ale- xander). Dieſe ſind, Iskjender Rumi Ibni- felikes, oder Alexander aus Macedonien, Phi- lipps Sohn (bey dem ſie im Zweifel ſtehen, ob ſie ihn unter die Propheten, oder unter die glaͤubigen Fuͤrſten ſetzen ſollen: denn daß er ein Heide geweſen ſey, das wollen ſie nicht zugeben): und Iskjenderi ßuͤl Kaͤrnejn, oder Alexander mit zweyen Hoͤrnern, ſonſt auch bey ihnen genennet Sahib Kiran Monarcha * , Ich * [Georg Kaſtriot war ein Sohn des Koͤniges Johannes in Epirus oder Niederalbanieu, der genoͤthiget wurde, * der gluͤckſelige unuͤberwindliche Monarch.

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Zitationshilfe: Dimitrie [Moldau, Woiwode], (Cantemir, Dimitrie): Geschichte des osmanischen Reichs nach seinem Anwachse und Abnehmen. Hamburg, 1745, S. 132. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/cantemir_geschichte_1745/214>, abgerufen am 27.11.2024.