Gemals vor, bittet für ihn mit Threnen um Vergebung, und setzet hinzu: ihr Gemal solle sich mit einem Eide verbinden, niemals im mindesten etwas gegen das osmanische Reich vorzunehmen, noch seine Soldaten aus einigerley Ursache, sie möge rechtmäßig oder unrechtmäßig seyn, iemals wieder einen Fuß in des Kaisers Gebiet setzen zu lassen; und wegen Erfüllung dieser Bedingungen wolle sie die Gewähre leisten. Ihre Beredsamkeit und seine brüderliche Neigung machten auch, daß der zornige Kaiser sich wieder versöhnen ließe. Murad nahm daher Karaman unter diesen Bedingungen wieder in seine Freundschaft auf, bestätigte das vorige Bündniß durch ein Aehtname 35, und kehrete wieder nach Europa zurück.
Murad giebt dieRegierung auf.
23.
Da itzo das Reich einen vollkommenen Frieden genoß, die Feinde desselben zu Paren getrieben und mit den Ungarn 36 ein Friedensvergleich H. 847. J. C. 1443.getroffen war: so entschloß sich Murad im Jahre 847, weil er nunmehr der Sorgen und Regierungsgeschäffte müde war, seinem Sohne Muhämmed das Reich freywillig zu übergeben, und zog nach Magnesia 37, mit dem Vorsatze, sein übriges Leben daselbst in der Einsamkeit zuzubringen.
Karaman Ogli hetzet den König in Ungarn auf, sich mit ihm ge- gen Murad zuverbinden.
24.
Als dieses ruchtbar wurde: so hielte Karaman Ogli, der erst das Jahr vorher auf Fürbitte der Schwester Murads von diesem Vergebung erlan- get hatte, es itzo für die rechte Zeit, sich zu rächen, und war aufs neue auf die Umstürzung des osmanischen Reiches bedacht. Solchergestalt offenbarete er seine verrätherischen Absichten, die er schon lange im Sinne geheget hatte, und schrieb ingeheim einen Brief an den König von Ungarn, darinnen er setzte: "Murad, der alte Zerstörer der Welt, hat der Regierung abgesaget, und [Spaltenumbruch]
35 Aehtname] ist ein arabisches Wort, zusammengesetzt von Aeht, ein Bündniß oder eine Bedingung, und Name, ein Brief. Un- ter diesem Namen werden die Schreiben ver- standen, die auswärtige Gesandten nach er- langtem Frieden von dem Sultane an ihre Obern auswirken. Sie enthalten die Frie- densbedingungen (bey den Arabern Mewadd genennet) in sich, und sind mit dem Tugra, oder Zuge des kaiserlichen Namens, bekräf- tiget.
36 mit den Ungarn] Dieser Friede [Spaltenumbruch] wurde von Wladislaw schändlicher Weise ge- brochen, wie in der folgenden 39 Anmerkung aus den türkischen Geschichtschreibern soll er- zählet werden.
37 Magnesia] Kein einziger christlicher Schriftsteller, so viel ich deren gesehen habe, gedenket dieser erstern Abdankung des Sultan Murads. Bey den Türken ist es ausgemacht, daß der warnesische Krieg unter Muhämmed dem II vorgegangen ist, bey dem Murad bloß ein Feldherr war; denn er war damals nicht Kaiser: imgleichen, daß derselbe nach geen-
"sein
Osmaniſche Geſchichte
Gemals vor, bittet fuͤr ihn mit Threnen um Vergebung, und ſetzet hinzu: ihr Gemal ſolle ſich mit einem Eide verbinden, niemals im mindeſten etwas gegen das osmaniſche Reich vorzunehmen, noch ſeine Soldaten aus einigerley Urſache, ſie moͤge rechtmaͤßig oder unrechtmaͤßig ſeyn, iemals wieder einen Fuß in des Kaiſers Gebiet ſetzen zu laſſen; und wegen Erfuͤllung dieſer Bedingungen wolle ſie die Gewaͤhre leiſten. Ihre Beredſamkeit und ſeine bruͤderliche Neigung machten auch, daß der zornige Kaiſer ſich wieder verſoͤhnen ließe. Murad nahm daher Karaman unter dieſen Bedingungen wieder in ſeine Freundſchaft auf, beſtaͤtigte das vorige Buͤndniß durch ein Aehtname 35, und kehrete wieder nach Europa zuruͤck.
Murad giebt dieRegierung auf.
23.
Da itzo das Reich einen vollkommenen Frieden genoß, die Feinde deſſelben zu Paren getrieben und mit den Ungarn 36 ein Friedensvergleich H. 847. J. C. 1443.getroffen war: ſo entſchloß ſich Murad im Jahre 847, weil er nunmehr der Sorgen und Regierungsgeſchaͤffte muͤde war, ſeinem Sohne Muhaͤmmed das Reich freywillig zu uͤbergeben, und zog nach Magneſia 37, mit dem Vorſatze, ſein uͤbriges Leben daſelbſt in der Einſamkeit zuzubringen.
Karaman Ogli hetzet den Koͤnig in Ungarn auf, ſich mit ihm ge- gen Murad zuverbinden.
24.
Als dieſes ruchtbar wurde: ſo hielte Karaman Ogli, der erſt das Jahr vorher auf Fuͤrbitte der Schweſter Murads von dieſem Vergebung erlan- get hatte, es itzo fuͤr die rechte Zeit, ſich zu raͤchen, und war aufs neue auf die Umſtuͤrzung des osmaniſchen Reiches bedacht. Solchergeſtalt offenbarete er ſeine verraͤtheriſchen Abſichten, die er ſchon lange im Sinne geheget hatte, und ſchrieb ingeheim einen Brief an den Koͤnig von Ungarn, darinnen er ſetzte: “Murad, der alte Zerſtoͤrer der Welt, hat der Regierung abgeſaget, und [Spaltenumbruch]
35 Aehtname] iſt ein arabiſches Wort, zuſammengeſetzt von Aeht, ein Buͤndniß oder eine Bedingung, und Name, ein Brief. Un- ter dieſem Namen werden die Schreiben ver- ſtanden, die auswaͤrtige Geſandten nach er- langtem Frieden von dem Sultane an ihre Obern auswirken. Sie enthalten die Frie- densbedingungen (bey den Arabern Mewadd genennet) in ſich, und ſind mit dem Tugra, oder Zuge des kaiſerlichen Namens, bekraͤf- tiget.
36 mit den Ungarn] Dieſer Friede [Spaltenumbruch] wurde von Wladiſlaw ſchaͤndlicher Weiſe ge- brochen, wie in der folgenden 39 Anmerkung aus den tuͤrkiſchen Geſchichtſchreibern ſoll er- zaͤhlet werden.
37 Magneſia] Kein einziger chriſtlicher Schriftſteller, ſo viel ich deren geſehen habe, gedenket dieſer erſtern Abdankung des Sultan Murads. Bey den Tuͤrken iſt es ausgemacht, daß der warneſiſche Krieg unter Muhaͤmmed dem II vorgegangen iſt, bey dem Murad bloß ein Feldherr war; denn er war damals nicht Kaiſer: imgleichen, daß derſelbe nach geen-
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Osmaniſche Geſchichte
Gemals vor, bittet fuͤr ihn mit Threnen um Vergebung, und ſetzet hinzu: ihr
Gemal ſolle ſich mit einem Eide verbinden, niemals im mindeſten etwas gegen
das osmaniſche Reich vorzunehmen, noch ſeine Soldaten aus einigerley Urſache,
ſie moͤge rechtmaͤßig oder unrechtmaͤßig ſeyn, iemals wieder einen Fuß in des
Kaiſers Gebiet ſetzen zu laſſen; und wegen Erfuͤllung dieſer Bedingungen wolle
ſie die Gewaͤhre leiſten. Ihre Beredſamkeit und ſeine bruͤderliche Neigung
machten auch, daß der zornige Kaiſer ſich wieder verſoͤhnen ließe. Murad
nahm daher Karaman unter dieſen Bedingungen wieder in ſeine Freundſchaft
auf, beſtaͤtigte das vorige Buͤndniß durch ein Aehtname
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nach Europa zuruͤck.
23. Da itzo das Reich einen vollkommenen Frieden genoß, die Feinde
deſſelben zu Paren getrieben und mit den Ungarn
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getroffen war: ſo entſchloß ſich Murad im Jahre 847, weil er nunmehr der
Sorgen und Regierungsgeſchaͤffte muͤde war, ſeinem Sohne Muhaͤmmed das
Reich freywillig zu uͤbergeben, und zog nach Magneſia
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, mit dem Vorſatze,
ſein uͤbriges Leben daſelbſt in der Einſamkeit zuzubringen.
H. 847.
J. C. 1443.
24. Als dieſes ruchtbar wurde: ſo hielte Karaman Ogli, der erſt das
Jahr vorher auf Fuͤrbitte der Schweſter Murads von dieſem Vergebung erlan-
get hatte, es itzo fuͤr die rechte Zeit, ſich zu raͤchen, und war aufs neue auf
die Umſtuͤrzung des osmaniſchen Reiches bedacht. Solchergeſtalt offenbarete
er ſeine verraͤtheriſchen Abſichten, die er ſchon lange im Sinne geheget hatte,
und ſchrieb ingeheim einen Brief an den Koͤnig von Ungarn, darinnen er ſetzte:
“Murad, der alte Zerſtoͤrer der Welt, hat der Regierung abgeſaget, und
“ſein
³⁵ Aehtname] iſt ein arabiſches Wort,
zuſammengeſetzt von Aeht, ein Buͤndniß oder
eine Bedingung, und Name, ein Brief. Un-
ter dieſem Namen werden die Schreiben ver-
ſtanden, die auswaͤrtige Geſandten nach er-
langtem Frieden von dem Sultane an ihre
Obern auswirken. Sie enthalten die Frie-
densbedingungen (bey den Arabern Mewadd
genennet) in ſich, und ſind mit dem Tugra,
oder Zuge des kaiſerlichen Namens, bekraͤf-
tiget.
³⁶ mit den Ungarn] Dieſer Friede
wurde von Wladiſlaw ſchaͤndlicher Weiſe ge-
brochen, wie in der folgenden 39 Anmerkung
aus den tuͤrkiſchen Geſchichtſchreibern ſoll er-
zaͤhlet werden.
³⁷ Magneſia] Kein einziger chriſtlicher
Schriftſteller, ſo viel ich deren geſehen habe,
gedenket dieſer erſtern Abdankung des Sultan
Murads. Bey den Tuͤrken iſt es ausgemacht,
daß der warneſiſche Krieg unter Muhaͤmmed
dem II vorgegangen iſt, bey dem Murad bloß
ein Feldherr war; denn er war damals nicht
Kaiſer: imgleichen, daß derſelbe nach geen-
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Dimitrie [Moldau, Woiwode], (Cantemir, Dimitrie): Geschichte des osmanischen Reichs nach seinem Anwachse und Abnehmen. Hamburg, 1745, S. 126. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/cantemir_geschichte_1745/208>, abgerufen am 22.07.2024.
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