für seinen Verrath durch die Flucht entginge. Er wendete sich zu dem Kö- nige von Ungarn 32, hetzte ihn gegen die Türken auf, und machte, daß derselbe den eingegangenen Frieden brach: veranlassete aber dadurch (eben als wenn das Glück sich gegen alle Oerter, da er Zuflucht suchte, verschworen hätte) nicht nur die folgende Niederlage, sondern so gar den Tod dieses Königes.
22.
Im Jahre 845 wurde die Mestschid, Eskji Dschami 33 genennet,Karaman Ogli erreget einen Aufruhr: erlan- get aber wieder Vergebung. die Musa Tschelebi zu Adrianopel bauen zu lassen angefangen hatte, völlig zu Stande gebracht. Im nächstfolgenden Jahre erregte Karaman Ogli Ibrahim Begj, der alte geschworne Feind des osmanischen Reiches, einen neuen Krieg.H. 845. J. C. 1441. Denn er brach die Friedensbedingungen, die er letzthin eidlich beschworen hatte, drang mit einem Kriegesheere in die asiatischen Landschaften ein, die mit keiner Gegenwehre versehen waren, und verwüstete dieselben auf eine erbärmliche Weise. Auf die erste Zeitung von dieser Begebenheit gehet Murad in der größesten Eil- fertigkeit hinüber nach Asien, versammelt zu Prusa ein Heer; und damit das Reich mittlerweile keine weitere Gewalt leiden möchte: so schicket er einige aus- erlesene Mannschaft, die er mitgebracht hatte, voraus. Dieser kommt auf ihrem Zuge Karamans Gemalinn, des Kaisers ältere Schwester 34, entgegen (die demselben in voriger Zeit zu desto genauerer Befestigung ihres Bündnisses war zur Ehe gegeben worden), und ersuchet sie, Halte zu machen und alle Kriegesgedanken beyseite zu legen, mit dem Versprechen, daß sie die Mittels- person zu Schließung eines Friedens abgeben, und dem Kriege zu ihres Bru- ders Vergnügen ein Ende machen wollte. Sie begiebt sich hierauf wirklich zu ihrem Bruder, träget demselben in einer zierlichen Rede das Verbrechen ihres [Spaltenumbruch]
hen; sonderlich, da dieselben hinzusetzen, daß die Söhne Georgs, nach geschehenem Bruche zwischen ihrem Vater und Murad, ihrer Au- gen seyen beraubet worden, als welches auch die Türken eingestehen.
31 des Gebietes Sserni Oglis] Bey den Türken ist das Land längst dem Flusse Sava, von seinem Einflusse in die Donau an bis nach Peterwaradin, unter diesem Namen bekannt.
32 Könige von Ungarn] Dieses war Wladislaw, König in Ungarn und Polen, [Spaltenumbruch] der sich mehr durch die warnesische Schlacht, als durch einige andere Thaten, bekannt ge- macht hat.
33 Eskji Dschami] Dem Ursprunge des Wortes nach, die alte Mestschid, von der die vorhergehende 27 Anmerkung nachzuse- hen ist.
34 ältere Schwester] Die Zeit dieser Vermälung ist nicht gewiß ausgemacht: es scheinet aber, daß sie geschehen sey, nachdem sich der karamanische Fürst ergeben hatte, nämlich im Jahre 831.
Gemals
Q 3
6. Murad der II
fuͤr ſeinen Verrath durch die Flucht entginge. Er wendete ſich zu dem Koͤ- nige von Ungarn 32, hetzte ihn gegen die Tuͤrken auf, und machte, daß derſelbe den eingegangenen Frieden brach: veranlaſſete aber dadurch (eben als wenn das Gluͤck ſich gegen alle Oerter, da er Zuflucht ſuchte, verſchworen haͤtte) nicht nur die folgende Niederlage, ſondern ſo gar den Tod dieſes Koͤniges.
22.
Im Jahre 845 wurde die Mestſchid, Eskji Dſchami 33 genennet,Karaman Ogli erreget einen Aufruhr: erlan- get aber wieder Vergebung. die Muſa Tſchelebi zu Adrianopel bauen zu laſſen angefangen hatte, voͤllig zu Stande gebracht. Im naͤchſtfolgenden Jahre erregte Karaman Ogli Ibrahim Begj, der alte geſchworne Feind des osmaniſchen Reiches, einen neuen Krieg.H. 845. J. C. 1441. Denn er brach die Friedensbedingungen, die er letzthin eidlich beſchworen hatte, drang mit einem Kriegesheere in die aſiatiſchen Landſchaften ein, die mit keiner Gegenwehre verſehen waren, und verwuͤſtete dieſelben auf eine erbaͤrmliche Weiſe. Auf die erſte Zeitung von dieſer Begebenheit gehet Murad in der groͤßeſten Eil- fertigkeit hinuͤber nach Aſien, verſammelt zu Pruſa ein Heer; und damit das Reich mittlerweile keine weitere Gewalt leiden moͤchte: ſo ſchicket er einige aus- erleſene Mannſchaft, die er mitgebracht hatte, voraus. Dieſer kommt auf ihrem Zuge Karamans Gemalinn, des Kaiſers aͤltere Schweſter 34, entgegen (die demſelben in voriger Zeit zu deſto genauerer Befeſtigung ihres Buͤndniſſes war zur Ehe gegeben worden), und erſuchet ſie, Halte zu machen und alle Kriegesgedanken beyſeite zu legen, mit dem Verſprechen, daß ſie die Mittels- perſon zu Schließung eines Friedens abgeben, und dem Kriege zu ihres Bru- ders Vergnuͤgen ein Ende machen wollte. Sie begiebt ſich hierauf wirklich zu ihrem Bruder, traͤget demſelben in einer zierlichen Rede das Verbrechen ihres [Spaltenumbruch]
hen; ſonderlich, da dieſelben hinzuſetzen, daß die Soͤhne Georgs, nach geſchehenem Bruche zwiſchen ihrem Vater und Murad, ihrer Au- gen ſeyen beraubet worden, als welches auch die Tuͤrken eingeſtehen.
31 des Gebietes Sſerni Oglis] Bey den Tuͤrken iſt das Land laͤngſt dem Fluſſe Sava, von ſeinem Einfluſſe in die Donau an bis nach Peterwaradin, unter dieſem Namen bekannt.
32 Koͤnige von Ungarn] Dieſes war Wladiſlaw, Koͤnig in Ungarn und Polen, [Spaltenumbruch] der ſich mehr durch die warneſiſche Schlacht, als durch einige andere Thaten, bekannt ge- macht hat.
33 Eskji Dſchami] Dem Urſprunge des Wortes nach, die alte Mestſchid, von der die vorhergehende 27 Anmerkung nachzuſe- hen iſt.
34 aͤltere Schweſter] Die Zeit dieſer Vermaͤlung iſt nicht gewiß ausgemacht: es ſcheinet aber, daß ſie geſchehen ſey, nachdem ſich der karamaniſche Fuͤrſt ergeben hatte, naͤmlich im Jahre 831.
Gemals
Q 3
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6. Murad der II
fuͤr ſeinen Verrath durch die Flucht entginge. Er wendete ſich zu dem Koͤ-
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den eingegangenen Frieden brach: veranlaſſete aber dadurch (eben als wenn
das Gluͤck ſich gegen alle Oerter, da er Zuflucht ſuchte, verſchworen haͤtte)
nicht nur die folgende Niederlage, ſondern ſo gar den Tod dieſes Koͤniges.
22. Im Jahre 845 wurde die Mestſchid, Eskji Dſchami
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genennet,
die Muſa Tſchelebi zu Adrianopel bauen zu laſſen angefangen hatte, voͤllig zu
Stande gebracht. Im naͤchſtfolgenden Jahre erregte Karaman Ogli Ibrahim
Begj, der alte geſchworne Feind des osmaniſchen Reiches, einen neuen Krieg.
Denn er brach die Friedensbedingungen, die er letzthin eidlich beſchworen hatte,
drang mit einem Kriegesheere in die aſiatiſchen Landſchaften ein, die mit keiner
Gegenwehre verſehen waren, und verwuͤſtete dieſelben auf eine erbaͤrmliche Weiſe.
Auf die erſte Zeitung von dieſer Begebenheit gehet Murad in der groͤßeſten Eil-
fertigkeit hinuͤber nach Aſien, verſammelt zu Pruſa ein Heer; und damit das
Reich mittlerweile keine weitere Gewalt leiden moͤchte: ſo ſchicket er einige aus-
erleſene Mannſchaft, die er mitgebracht hatte, voraus. Dieſer kommt auf
ihrem Zuge Karamans Gemalinn, des Kaiſers aͤltere Schweſter
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(die demſelben in voriger Zeit zu deſto genauerer Befeſtigung ihres Buͤndniſſes
war zur Ehe gegeben worden), und erſuchet ſie, Halte zu machen und alle
Kriegesgedanken beyſeite zu legen, mit dem Verſprechen, daß ſie die Mittels-
perſon zu Schließung eines Friedens abgeben, und dem Kriege zu ihres Bru-
ders Vergnuͤgen ein Ende machen wollte. Sie begiebt ſich hierauf wirklich zu
ihrem Bruder, traͤget demſelben in einer zierlichen Rede das Verbrechen ihres
Gemals
hen; ſonderlich, da dieſelben hinzuſetzen, daß
die Soͤhne Georgs, nach geſchehenem Bruche
zwiſchen ihrem Vater und Murad, ihrer Au-
gen ſeyen beraubet worden, als welches auch
die Tuͤrken eingeſtehen.
³¹ des Gebietes Sſerni Oglis] Bey
den Tuͤrken iſt das Land laͤngſt dem Fluſſe
Sava, von ſeinem Einfluſſe in die Donau an
bis nach Peterwaradin, unter dieſem Namen
bekannt.
³² Koͤnige von Ungarn] Dieſes war
Wladiſlaw, Koͤnig in Ungarn und Polen,
der ſich mehr durch die warneſiſche Schlacht,
als durch einige andere Thaten, bekannt ge-
macht hat.
³³ Eskji Dſchami] Dem Urſprunge des
Wortes nach, die alte Mestſchid, von der
die vorhergehende 27 Anmerkung nachzuſe-
hen iſt.
³⁴ aͤltere Schweſter] Die Zeit dieſer
Vermaͤlung iſt nicht gewiß ausgemacht: es
ſcheinet aber, daß ſie geſchehen ſey, nachdem
ſich der karamaniſche Fuͤrſt ergeben hatte,
naͤmlich im Jahre 831.
Karaman Ogli
erreget einen
Aufruhr: erlan-
get aber wieder
Vergebung.
H. 845.
J. C. 1441.
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Dimitrie [Moldau, Woiwode], (Cantemir, Dimitrie): Geschichte des osmanischen Reichs nach seinem Anwachse und Abnehmen. Hamburg, 1745, S. 125. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/cantemir_geschichte_1745/207>, abgerufen am 23.11.2024.
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