Das nächstfolgende 828 Jahr gab Murad eine sonderbare Gelegen-Isfendijarbegj erreget einen Aufruhr: heit, seine Tapferkeit zu zeigen und sein Gebiet zu erweitern. Der Anwachs des osmanischen Reichs war Isfendijarbegj, dem Fürsten von Siphab 13, längstH. 828. J. C. 1425. ein Dorn im Auge gewesen; und weil er fürchtete vom Throne gestoßen zu werden: so sann er darauf, dasselbe nach äußerstem Vermögen zu schwächen. Daß es vergeblich sey, ein so kriegerisches Volk mit Gewalt anzugreifen; das hatten ihn die unglücklichen Proben seiner Vorfahrer gelehret: ob dasselbe aber nicht durch Statslist könnte aufgerieben werden; das wollte er doch noch selbst versuchen. Er hatte daher mit Murad nicht nur Friede gemacht, sondern sogar ein Bündniß mit ihm geschlossen, und um ihm alle Ursache zu einigem Argwoh- ne zu benehmen, ihm seinen Sohn Kasimbegj zur Geißel gegeben. Ja, er hatte auch die eingegangene Verbindung genau erfüllet, so lange er wußte, daß ein unzählbares Kriegesheer auf die geringste Bewegung bereit war. Als er aber itzo hörete, daß Murad eine Gemalinn genommen, sein Heer aus einander gelassen und alle Kriegesgedanken beyseite geleget habe: so glaubte er, itzo hätte er eine bequeme Gelegenheit, sein Vorhaben ins Werk zu setzen, und brach daher, wie ein laurender Tiger, mit einer Macht, auf die er schon lange zugeschicket hatte, auf einmal hervor, und verherete die benachbarten Städte Tarakli und Burni auf das grausamste mit Feuer und Schwerte; um dadurch diejenigen, die sich ihm widersetzen würden, zum Gehorsam zu bewegen, und vielleicht auch, den Einwohnern ein Schrecken einzujagen, daß sie sich nicht vertheidigen sollten.
11.
Auf die erhaltene Nachricht von diesem Aufruhre lässet Murad unver-unterwirft sich aber, und erlan- get Gnade. züglich seine Völker zusammen kommen, und gehet damit aus Europa nach Asien. Kaum war er mit denselben zu Bolowa angelanget: so kamen ihm die Vornehmsten der Stadt Siphab entgegen, bezeugten ihren Abscheu gegen [Spaltenumbruch]
Stande sind zu sagen, weil sie kein Ebenbild von Muhämmed haben: so schicken sich die Worte selbst weit besser für den verstellten Mu- stäfa, von dem sie eingestehen, er habe dem Mustäfa, dessen Namen er angenommen, dergestalt genau ähnlich gesehen, daß die Per- sonen, die vorher um ihn gewesen, und auch seine Leibwache, gesaget hätten, er sey es. Ich bin daher geneigt zu glauben, Phranzas Gedächtniß sey damals, als er angefangen seine Geschichte zu schreiben, durch Alter, Sor- gen und Widerwärtigkeiten dergestalt geschwä- [Spaltenumbruch] chet gewesen, daß er dasjenige, was er in seiner Jugend von dem verstellten Mustäfa gehöret, dem andern Mustäfa, Murads Bru- der, beygeleget habe.
12 Laß Oglis] Aus dem Geschlechte Lazarus, Despots von Servien, von dem auch ganz Servien den Namen Laßogli Wi- lajeti, oder Lazarus Land, bekommen hat.
13 Siphab] Eine Landschaft in Klein- asien.
das
6. Murad der II
10.
Das naͤchſtfolgende 828 Jahr gab Murad eine ſonderbare Gelegen-Isfendijarbegj erreget einen Aufruhr: heit, ſeine Tapferkeit zu zeigen und ſein Gebiet zu erweitern. Der Anwachs des osmaniſchen Reichs war Isfendijarbegj, dem Fuͤrſten von Siphab 13, laͤngſtH. 828. J. C. 1425. ein Dorn im Auge geweſen; und weil er fuͤrchtete vom Throne geſtoßen zu werden: ſo ſann er darauf, daſſelbe nach aͤußerſtem Vermoͤgen zu ſchwaͤchen. Daß es vergeblich ſey, ein ſo kriegeriſches Volk mit Gewalt anzugreifen; das hatten ihn die ungluͤcklichen Proben ſeiner Vorfahrer gelehret: ob daſſelbe aber nicht durch Statsliſt koͤnnte aufgerieben werden; das wollte er doch noch ſelbſt verſuchen. Er hatte daher mit Murad nicht nur Friede gemacht, ſondern ſogar ein Buͤndniß mit ihm geſchloſſen, und um ihm alle Urſache zu einigem Argwoh- ne zu benehmen, ihm ſeinen Sohn Kaſimbegj zur Geißel gegeben. Ja, er hatte auch die eingegangene Verbindung genau erfuͤllet, ſo lange er wußte, daß ein unzaͤhlbares Kriegesheer auf die geringſte Bewegung bereit war. Als er aber itzo hoͤrete, daß Murad eine Gemalinn genommen, ſein Heer aus einander gelaſſen und alle Kriegesgedanken beyſeite geleget habe: ſo glaubte er, itzo haͤtte er eine bequeme Gelegenheit, ſein Vorhaben ins Werk zu ſetzen, und brach daher, wie ein laurender Tiger, mit einer Macht, auf die er ſchon lange zugeſchicket hatte, auf einmal hervor, und verherete die benachbarten Staͤdte Tarakli und Burni auf das grauſamſte mit Feuer und Schwerte; um dadurch diejenigen, die ſich ihm widerſetzen wuͤrden, zum Gehorſam zu bewegen, und vielleicht auch, den Einwohnern ein Schrecken einzujagen, daß ſie ſich nicht vertheidigen ſollten.
11.
Auf die erhaltene Nachricht von dieſem Aufruhre laͤſſet Murad unver-unterwirft ſich aber, und erlan- get Gnade. zuͤglich ſeine Voͤlker zuſammen kommen, und gehet damit aus Europa nach Aſien. Kaum war er mit denſelben zu Bolowa angelanget: ſo kamen ihm die Vornehmſten der Stadt Siphab entgegen, bezeugten ihren Abſcheu gegen [Spaltenumbruch]
Stande ſind zu ſagen, weil ſie kein Ebenbild von Muhaͤmmed haben: ſo ſchicken ſich die Worte ſelbſt weit beſſer fuͤr den verſtellten Mu- ſtaͤfa, von dem ſie eingeſtehen, er habe dem Muſtaͤfa, deſſen Namen er angenommen, dergeſtalt genau aͤhnlich geſehen, daß die Per- ſonen, die vorher um ihn geweſen, und auch ſeine Leibwache, geſaget haͤtten, er ſey es. Ich bin daher geneigt zu glauben, Phranzas Gedaͤchtniß ſey damals, als er angefangen ſeine Geſchichte zu ſchreiben, durch Alter, Sor- gen und Widerwaͤrtigkeiten dergeſtalt geſchwaͤ- [Spaltenumbruch] chet geweſen, daß er dasjenige, was er in ſeiner Jugend von dem verſtellten Muſtaͤfa gehoͤret, dem andern Muſtaͤfa, Murads Bru- der, beygeleget habe.
12 Laß Oglis] Aus dem Geſchlechte Lazarus, Deſpots von Servien, von dem auch ganz Servien den Namen Laßogli Wi- lajeti, oder Lazarus Land, bekommen hat.
13 Siphab] Eine Landſchaft in Klein- aſien.
das
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6. Murad der II
10. Das naͤchſtfolgende 828 Jahr gab Murad eine ſonderbare Gelegen-
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des osmaniſchen Reichs war Isfendijarbegj, dem Fuͤrſten von Siphab
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ein Dorn im Auge geweſen; und weil er fuͤrchtete vom Throne geſtoßen zu
werden: ſo ſann er darauf, daſſelbe nach aͤußerſtem Vermoͤgen zu ſchwaͤchen.
Daß es vergeblich ſey, ein ſo kriegeriſches Volk mit Gewalt anzugreifen; das
hatten ihn die ungluͤcklichen Proben ſeiner Vorfahrer gelehret: ob daſſelbe aber
nicht durch Statsliſt koͤnnte aufgerieben werden; das wollte er doch noch ſelbſt
verſuchen. Er hatte daher mit Murad nicht nur Friede gemacht, ſondern ſogar
ein Buͤndniß mit ihm geſchloſſen, und um ihm alle Urſache zu einigem Argwoh-
ne zu benehmen, ihm ſeinen Sohn Kaſimbegj zur Geißel gegeben. Ja, er
hatte auch die eingegangene Verbindung genau erfuͤllet, ſo lange er wußte, daß
ein unzaͤhlbares Kriegesheer auf die geringſte Bewegung bereit war. Als er
aber itzo hoͤrete, daß Murad eine Gemalinn genommen, ſein Heer aus einander
gelaſſen und alle Kriegesgedanken beyſeite geleget habe: ſo glaubte er, itzo
haͤtte er eine bequeme Gelegenheit, ſein Vorhaben ins Werk zu ſetzen, und
brach daher, wie ein laurender Tiger, mit einer Macht, auf die er ſchon lange
zugeſchicket hatte, auf einmal hervor, und verherete die benachbarten Staͤdte
Tarakli und Burni auf das grauſamſte mit Feuer und Schwerte; um dadurch
diejenigen, die ſich ihm widerſetzen wuͤrden, zum Gehorſam zu bewegen, und
vielleicht auch, den Einwohnern ein Schrecken einzujagen, daß ſie ſich nicht
vertheidigen ſollten.
Isfendijarbegj
erreget einen
Aufruhr:
H. 828.
J. C. 1425.
11. Auf die erhaltene Nachricht von dieſem Aufruhre laͤſſet Murad unver-
zuͤglich ſeine Voͤlker zuſammen kommen, und gehet damit aus Europa nach
Aſien. Kaum war er mit denſelben zu Bolowa angelanget: ſo kamen ihm
die Vornehmſten der Stadt Siphab entgegen, bezeugten ihren Abſcheu gegen
das
Stande ſind zu ſagen, weil ſie kein Ebenbild
von Muhaͤmmed haben: ſo ſchicken ſich die
Worte ſelbſt weit beſſer fuͤr den verſtellten Mu-
ſtaͤfa, von dem ſie eingeſtehen, er habe dem
Muſtaͤfa, deſſen Namen er angenommen,
dergeſtalt genau aͤhnlich geſehen, daß die Per-
ſonen, die vorher um ihn geweſen, und auch
ſeine Leibwache, geſaget haͤtten, er ſey es.
Ich bin daher geneigt zu glauben, Phranzas
Gedaͤchtniß ſey damals, als er angefangen
ſeine Geſchichte zu ſchreiben, durch Alter, Sor-
gen und Widerwaͤrtigkeiten dergeſtalt geſchwaͤ-
chet geweſen, daß er dasjenige, was er in
ſeiner Jugend von dem verſtellten Muſtaͤfa
gehoͤret, dem andern Muſtaͤfa, Murads Bru-
der, beygeleget habe.
¹² Laß Oglis] Aus dem Geſchlechte
Lazarus, Deſpots von Servien, von dem
auch ganz Servien den Namen Laßogli Wi-
lajeti, oder Lazarus Land, bekommen hat.
¹³ Siphab] Eine Landſchaft in Klein-
aſien.
unterwirft ſich
aber, und erlan-
get Gnade.
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Dimitrie [Moldau, Woiwode], (Cantemir, Dimitrie): Geschichte des osmanischen Reichs nach seinem Anwachse und Abnehmen. Hamburg, 1745, S. 119. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/cantemir_geschichte_1745/201>, abgerufen am 27.11.2024.
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