Wer den Werth der Geschichte zu schätzen weis, der muß es mit besonderem Misvergnügen empfinden, daß man so viele Ungewißheit und so viele Lücken in denselben antrifft. Wen muß es nicht ver- drießen, wenn er an die Schwierigkeit bey den assyrischen Monarchen, an die Verwirrung der ägyptischen und tschinesischen Zeitrechnung, und an die Dunkelheit der Geschichte der alten mitternächtigen Völker gedenket? Jedoch, die Unwissenheit und Einfalt der Alten, die an nichts weniger gedacht haben, als den Nachkommen eine zusammenhangende Nachricht von ihren Begebenheiten zu überliefern, würde dieses noch entschuldigen und erträglich machen: wenn wir nur bey den neuern Reichen besser daran wären. Zwar sind wir, in Ansehung eines guten Theils von Europa, mit einer ganzen Last neuer Kleinigkeiten beschweret; hingegen leiden wir an den Begebenheiten der übrigen
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Vorrede des deutſchen Ueberſetzers.
Wer den Werth der Geſchichte zu ſchaͤtzen weis, der muß es mit beſonderem Misvergnuͤgen empfinden, daß man ſo viele Ungewißheit und ſo viele Luͤcken in denſelben antrifft. Wen muß es nicht ver- drießen, wenn er an die Schwierigkeit bey den aſſyriſchen Monarchen, an die Verwirrung der aͤgyptiſchen und tſchineſiſchen Zeitrechnung, und an die Dunkelheit der Geſchichte der alten mitternaͤchtigen Voͤlker gedenket? Jedoch, die Unwiſſenheit und Einfalt der Alten, die an nichts weniger gedacht haben, als den Nachkommen eine zuſammenhangende Nachricht von ihren Begebenheiten zu uͤberliefern, wuͤrde dieſes noch entſchuldigen und ertraͤglich machen: wenn wir nur bey den neuern Reichen beſſer daran waͤren. Zwar ſind wir, in Anſehung eines guten Theils von Europa, mit einer ganzen Laſt neuer Kleinigkeiten beſchweret; hingegen leiden wir an den Begebenheiten der uͤbrigen
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[11/0017]
Vorrede
des deutſchen Ueberſetzers.
Wer den Werth der Geſchichte zu ſchaͤtzen weis, der
muß es mit beſonderem Misvergnuͤgen empfinden,
daß man ſo viele Ungewißheit und ſo viele Luͤcken
in denſelben antrifft. Wen muß es nicht ver-
drießen, wenn er an die Schwierigkeit bey den aſſyriſchen
Monarchen, an die Verwirrung der aͤgyptiſchen und tſchineſiſchen
Zeitrechnung, und an die Dunkelheit der Geſchichte der alten
mitternaͤchtigen Voͤlker gedenket? Jedoch, die Unwiſſenheit
und Einfalt der Alten, die an nichts weniger gedacht haben,
als den Nachkommen eine zuſammenhangende Nachricht von ihren
Begebenheiten zu uͤberliefern, wuͤrde dieſes noch entſchuldigen
und ertraͤglich machen: wenn wir nur bey den neuern Reichen
beſſer daran waͤren. Zwar ſind wir, in Anſehung eines guten
Theils von Europa, mit einer ganzen Laſt neuer Kleinigkeiten
beſchweret; hingegen leiden wir an den Begebenheiten der uͤbrigen
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Dimitrie [Moldau, Woiwode], (Cantemir, Dimitrie): Geschichte des osmanischen Reichs nach seinem Anwachse und Abnehmen. Hamburg, 1745, S. 11. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/cantemir_geschichte_1745/17>, abgerufen am 27.11.2024.
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