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Dimitrie [Moldau, Woiwode], (Cantemir, Dimitrie): Geschichte des osmanischen Reichs nach seinem Anwachse und Abnehmen. Hamburg, 1745.

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unter Sülejman
nehmungen seines Bruders wenig achtete, und sich gänzlich der Völlerey und
Trunkenheit 9 ergab.

6.

Alles ging Sülejman nach Wunsche. Sein Bruder Muhämmed 10,Sülejman bezei-
get gegen eine
Gesandschaft
von seinem Bru-
der Muhämmed
wenig Achtung.

Fürst von Amasien, die einzige Person, die er nach Musas Flucht noch zu fürch-
ten hatte, schickte Gesandten zu ihm nach Prusa, um ihn in seinem Namen als
Kaiser begrüßen und ihm herrliche Geschenke überreichen zu lassen. Allein Sü-
lejman, als ein Herr, der in glücklichen Umständen sich selbst nicht zu regieren
wußte, redete die Gesandten sehr hart an, und schickte sie ohne die mindeste
Antwort wieder fort. Dieses Bezeigen wendete seines Bruders Gewogenheit
von ihm ab, und gereichte ihm in seinem folgenden Unglücke zu großem Nach-
theile.

7.

Mitlerweile war Musa Tschelebi, nachdem Isfendijarbegj ihm dieMusa wird Mei-
ster von Adriano-
pel:

Aufnahme in sein Gebiet abgeschlagen hatte, verschiedene Länder in Europa
durchgewandert, und endlich in der Walachey stille gelegen. Hier brachte er
eine große Menge Soldaten von seiner Partey zusammen, erhielte noch dazu
die walachischen Truppen als Hülfsvölker, und drang damit wieder in das tür-
kische Reich ein: ging über die Donau ohne den geringsten Widerstand, und
machte sich Meister von dem kaiserlichen Sitze Adrianopel.

[Spaltenumbruch]
davon ihn die Türken für den Oberherrn er-
kenneten, in der Nachbarschaft von Sinope
gelegen ist: wenn nicht die türkischen Jahr-
bücher den Untergang von Isfendijarbegjs
Herrschaft schon unter Muhämmed dem I in
das Jahr der Hidschret 814 setzten. Was
in dergleichen zweifelhaften Dingen nicht ge-
nau bestimmet werden kann: das überlässet
man dem Urtheile des Lesers.
9 Trunkenheit] Die Türken wollen
nicht mehr als von dreyen ihrer Kaiser wissen,
die dem Weine und der Trunkenheit ergeben
gewesen seyen: nämlich der gegenwärtige
Sülejman, als der erste; hernach Sultan
Selim, der deswegen den Beynamen Mest
oder der Trunkenbold bekommen hat; und
der dritte, Sultan Murad, der Eroberer von
[Spaltenumbruch]
Bägdad. Mit den übrigen prangen sie, als
solchen Herren, welche vollkommen nüchtern
gelebet und eifrige Beobachter des Gesetzes
gewesen wären, wie dann davon so gar
in den öffentlichen Urkunden Erwähnung ge-
schiehet.
10 Muhämmed] Die Türken sagen,
Sülejman Tschelebi und Muhämmed Tsche-
lebi seyen Brüder von einer Mutter gewesen:
Musa Tschelebi aber sey zwar Bajeßids Sohn
gewesen; allein von einer andern Mutter.
Muhämmed rächete die ungerechte Ermor-
dung seines Bruders Sülejmans, die durch
Musa geschehen war, und überzog diesen mit
Kriege: überwand auch denselben und brachte
ihn um das Leben.
8. Als

unter Suͤlejman
nehmungen ſeines Bruders wenig achtete, und ſich gaͤnzlich der Voͤllerey und
Trunkenheit 9 ergab.

6.

Alles ging Suͤlejman nach Wunſche. Sein Bruder Muhaͤmmed 10,Suͤlejman bezei-
get gegen eine
Geſandſchaft
von ſeinem Bru-
der Muhaͤmmed
wenig Achtung.

Fuͤrſt von Amaſien, die einzige Perſon, die er nach Muſas Flucht noch zu fuͤrch-
ten hatte, ſchickte Geſandten zu ihm nach Pruſa, um ihn in ſeinem Namen als
Kaiſer begruͤßen und ihm herrliche Geſchenke uͤberreichen zu laſſen. Allein Suͤ-
lejman, als ein Herr, der in gluͤcklichen Umſtaͤnden ſich ſelbſt nicht zu regieren
wußte, redete die Geſandten ſehr hart an, und ſchickte ſie ohne die mindeſte
Antwort wieder fort. Dieſes Bezeigen wendete ſeines Bruders Gewogenheit
von ihm ab, und gereichte ihm in ſeinem folgenden Ungluͤcke zu großem Nach-
theile.

7.

Mitlerweile war Muſa Tſchelebi, nachdem Isfendijarbegj ihm dieMuſa wird Mei-
ſter von Adriano-
pel:

Aufnahme in ſein Gebiet abgeſchlagen hatte, verſchiedene Laͤnder in Europa
durchgewandert, und endlich in der Walachey ſtille gelegen. Hier brachte er
eine große Menge Soldaten von ſeiner Partey zuſammen, erhielte noch dazu
die walachiſchen Truppen als Huͤlfsvoͤlker, und drang damit wieder in das tuͤr-
kiſche Reich ein: ging uͤber die Donau ohne den geringſten Widerſtand, und
machte ſich Meiſter von dem kaiſerlichen Sitze Adrianopel.

[Spaltenumbruch]
davon ihn die Tuͤrken fuͤr den Oberherrn er-
kenneten, in der Nachbarſchaft von Sinope
gelegen iſt: wenn nicht die tuͤrkiſchen Jahr-
buͤcher den Untergang von Isfendijarbegjs
Herrſchaft ſchon unter Muhaͤmmed dem I in
das Jahr der Hidſchret 814 ſetzten. Was
in dergleichen zweifelhaften Dingen nicht ge-
nau beſtimmet werden kann: das uͤberlaͤſſet
man dem Urtheile des Leſers.
9 Trunkenheit] Die Tuͤrken wollen
nicht mehr als von dreyen ihrer Kaiſer wiſſen,
die dem Weine und der Trunkenheit ergeben
geweſen ſeyen: naͤmlich der gegenwaͤrtige
Suͤlejman, als der erſte; hernach Sultan
Selim, der deswegen den Beynamen Meſt
oder der Trunkenbold bekommen hat; und
der dritte, Sultan Murad, der Eroberer von
[Spaltenumbruch]
Baͤgdad. Mit den uͤbrigen prangen ſie, als
ſolchen Herren, welche vollkommen nuͤchtern
gelebet und eifrige Beobachter des Geſetzes
geweſen waͤren, wie dann davon ſo gar
in den oͤffentlichen Urkunden Erwaͤhnung ge-
ſchiehet.
10 Muhaͤmmed] Die Tuͤrken ſagen,
Suͤlejman Tſchelebi und Muhaͤmmed Tſche-
lebi ſeyen Bruͤder von einer Mutter geweſen:
Muſa Tſchelebi aber ſey zwar Bajeßids Sohn
geweſen; allein von einer andern Mutter.
Muhaͤmmed raͤchete die ungerechte Ermor-
dung ſeines Bruders Suͤlejmans, die durch
Muſa geſchehen war, und uͤberzog dieſen mit
Kriege: uͤberwand auch denſelben und brachte
ihn um das Leben.
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[87/0165] unter Suͤlejman nehmungen ſeines Bruders wenig achtete, und ſich gaͤnzlich der Voͤllerey und Trunkenheit ⁹ ergab. 6. Alles ging Suͤlejman nach Wunſche. Sein Bruder Muhaͤmmed ¹⁰ , Fuͤrſt von Amaſien, die einzige Perſon, die er nach Muſas Flucht noch zu fuͤrch- ten hatte, ſchickte Geſandten zu ihm nach Pruſa, um ihn in ſeinem Namen als Kaiſer begruͤßen und ihm herrliche Geſchenke uͤberreichen zu laſſen. Allein Suͤ- lejman, als ein Herr, der in gluͤcklichen Umſtaͤnden ſich ſelbſt nicht zu regieren wußte, redete die Geſandten ſehr hart an, und ſchickte ſie ohne die mindeſte Antwort wieder fort. Dieſes Bezeigen wendete ſeines Bruders Gewogenheit von ihm ab, und gereichte ihm in ſeinem folgenden Ungluͤcke zu großem Nach- theile. Suͤlejman bezei- get gegen eine Geſandſchaft von ſeinem Bru- der Muhaͤmmed wenig Achtung. 7. Mitlerweile war Muſa Tſchelebi, nachdem Isfendijarbegj ihm die Aufnahme in ſein Gebiet abgeſchlagen hatte, verſchiedene Laͤnder in Europa durchgewandert, und endlich in der Walachey ſtille gelegen. Hier brachte er eine große Menge Soldaten von ſeiner Partey zuſammen, erhielte noch dazu die walachiſchen Truppen als Huͤlfsvoͤlker, und drang damit wieder in das tuͤr- kiſche Reich ein: ging uͤber die Donau ohne den geringſten Widerſtand, und machte ſich Meiſter von dem kaiſerlichen Sitze Adrianopel. Muſa wird Mei- ſter von Adriano- pel: 8. Als davon ihn die Tuͤrken fuͤr den Oberherrn er- kenneten, in der Nachbarſchaft von Sinope gelegen iſt: wenn nicht die tuͤrkiſchen Jahr- buͤcher den Untergang von Isfendijarbegjs Herrſchaft ſchon unter Muhaͤmmed dem I in das Jahr der Hidſchret 814 ſetzten. Was in dergleichen zweifelhaften Dingen nicht ge- nau beſtimmet werden kann: das uͤberlaͤſſet man dem Urtheile des Leſers. ⁹ Trunkenheit] Die Tuͤrken wollen nicht mehr als von dreyen ihrer Kaiſer wiſſen, die dem Weine und der Trunkenheit ergeben geweſen ſeyen: naͤmlich der gegenwaͤrtige Suͤlejman, als der erſte; hernach Sultan Selim, der deswegen den Beynamen Meſt oder der Trunkenbold bekommen hat; und der dritte, Sultan Murad, der Eroberer von Baͤgdad. Mit den uͤbrigen prangen ſie, als ſolchen Herren, welche vollkommen nuͤchtern gelebet und eifrige Beobachter des Geſetzes geweſen waͤren, wie dann davon ſo gar in den oͤffentlichen Urkunden Erwaͤhnung ge- ſchiehet. ¹⁰ Muhaͤmmed] Die Tuͤrken ſagen, Suͤlejman Tſchelebi und Muhaͤmmed Tſche- lebi ſeyen Bruͤder von einer Mutter geweſen: Muſa Tſchelebi aber ſey zwar Bajeßids Sohn geweſen; allein von einer andern Mutter. Muhaͤmmed raͤchete die ungerechte Ermor- dung ſeines Bruders Suͤlejmans, die durch Muſa geſchehen war, und uͤberzog dieſen mit Kriege: uͤberwand auch denſelben und brachte ihn um das Leben.

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Zitationshilfe: Dimitrie [Moldau, Woiwode], (Cantemir, Dimitrie): Geschichte des osmanischen Reichs nach seinem Anwachse und Abnehmen. Hamburg, 1745, S. 87. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/cantemir_geschichte_1745/165>, abgerufen am 23.11.2024.