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Dimitrie [Moldau, Woiwode], (Cantemir, Dimitrie): Geschichte des osmanischen Reichs nach seinem Anwachse und Abnehmen. Hamburg, 1745.

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3. Murad der I
sten nicht weniger erfahren sey. Gewisse kleine Fürsten in Asien hatten bisher
den osmanischen Stat oft beunruhiget, und den Lauf seiner Siege gehemmet.
Um nun diese Fürsten von einander zu trennen, und wann sie getrennet wären,
sie in seinen Vortheil zu ziehen, und solchergestalt sich auf das Künftige einen
Weg zu größern Unternehmungen zu bahnen: vermälete Murad im Jahre 783H. 783.


J. C. 1381.

seinen Sohn Bajeßid mit einer Tochter von Gjermijan Ogli 21, und bekam mit
derselben die Städte Kjutahi, Egjrigoß und Tawschanlik. Mit gleicher Klug-
heit führete er die Sachen also, daß Hamid* Ogli 22 aus eigener Bewegniß (wie
verschiedene andere bisher gethan hatten) dem osmanischen Reiche folgende Städ-
te zu Lehen auftrug: Elwadsch, Jeng-ischehir, Arschehri, Karagajs und Sejdischehri.

7.

Als die Sachen in Asien auf diese Weise befestiget waren: so versam-Murad erobert
Bolina mit sei-
nem Gebete.

melte Murad im folgenden Jahre ein großes Heer, und ging damit über die
Meerenge von Kallipolis in Europa. Hier belagert er das Schloß Bolina,H. 784.



J. C. 1382.
das von Natur und Kunst befestiget war. Weil aber die Belagerung wegen
Festigkeit des Platzes und der tapfern Gegenwehre der Besatzung nicht nach
seinem Wunsche von statten gehet: so flehet derselbe, wie man saget, den Him-
mel um Beystand an, ein so festes Schloß zu erobern. In derselben Nacht,
erzählet man, fället ein großer Theil der Mauer um, die Belagerer dringen
durch die Oeffnung hinein, und hauen die ganze Besatzung darnieder. Es
[Spaltenumbruch]
dein Angesicht müsse schwarz seyn. Beyde
Redensarten aber darf kein Untergebener ge-
gen seinen Vorgesetzten gebrauchen. Daher,
wenn ein Soldat willens ist seinen Befehl-
haber zu rühmen: so muß er bloß ausrufen;
oferin! wohl gethan! oder, Ejüwallah!
21 Gjermijan Ogli] Fürst in Groß-
phrygien, einer der persischen Statthalter,
der zur Zeit des Feldzuges Dschingjiß Chans
von seinem Herrn abtrünnig wurde.
22 Hamid Ogli] Dieses war ebenfals
einer von den persischen Statthaltern. Er
setzte sich bey dem Untergange dieses Reiches
in einem Stücke von Kleinasien fest, und gab
demjenigen Lande von sich den Namen, das
[Spaltenumbruch]
noch heutiges Tages in den Landkarten Ha-
mida heißet. Es scheinet aber, dieses sey
nicht der alte Name der Landschaft, sondern
erst von den Türken demselben beygeleget wor-
den, nachdem sie es in Besitz genommen hat-
ten. Denn bey den Türken ist es gebräuch-
lich, die Güter nach dem Namen des Besit-
zers zu nennen. So heißet Servien Laßwi-
lajeti*, von Lazarus, der bey dessen Erobe-
rung Fürst von Servien war (und nicht von
Wladislaw, wie Meninski haben will, daß
es dieser Laß sey). So führet Moldau bey
ihnen den Namen Bogdan, von einem Für-
sten dieses Namens, der dasselbe zuerst den
Türken zinsbar machte. Auf gleiche Weise
kommt nun der Name Hamid von Hamid
Ogli her.

wird
* auf deutsch, ein Lobender, nämlich Gott.
* [Wilajet bedeutet eine Landschaft.]
H 2

3. Murad der I
ſten nicht weniger erfahren ſey. Gewiſſe kleine Fuͤrſten in Aſien hatten bisher
den osmaniſchen Stat oft beunruhiget, und den Lauf ſeiner Siege gehemmet.
Um nun dieſe Fuͤrſten von einander zu trennen, und wann ſie getrennet waͤren,
ſie in ſeinen Vortheil zu ziehen, und ſolchergeſtalt ſich auf das Kuͤnftige einen
Weg zu groͤßern Unternehmungen zu bahnen: vermaͤlete Murad im Jahre 783H. 783.


J. C. 1381.

ſeinen Sohn Bajeßid mit einer Tochter von Gjermijan Ogli 21, und bekam mit
derſelben die Staͤdte Kjutahi, Egjrigoß und Tawſchanlik. Mit gleicher Klug-
heit fuͤhrete er die Sachen alſo, daß Hamid* Ogli 22 aus eigener Bewegniß (wie
verſchiedene andere bisher gethan hatten) dem osmaniſchen Reiche folgende Staͤd-
te zu Lehen auftrug: Elwadſch, Jeng-iſchehir, Arſchehri, Karagajs und Sejdiſchehri.

7.

Als die Sachen in Aſien auf dieſe Weiſe befeſtiget waren: ſo verſam-Murad erobert
Bolina mit ſei-
nem Gebete.

melte Murad im folgenden Jahre ein großes Heer, und ging damit uͤber die
Meerenge von Kallipolis in Europa. Hier belagert er das Schloß Bolina,H. 784.



J. C. 1382.
das von Natur und Kunſt befeſtiget war. Weil aber die Belagerung wegen
Feſtigkeit des Platzes und der tapfern Gegenwehre der Beſatzung nicht nach
ſeinem Wunſche von ſtatten gehet: ſo flehet derſelbe, wie man ſaget, den Him-
mel um Beyſtand an, ein ſo feſtes Schloß zu erobern. In derſelben Nacht,
erzaͤhlet man, faͤllet ein großer Theil der Mauer um, die Belagerer dringen
durch die Oeffnung hinein, und hauen die ganze Beſatzung darnieder. Es
[Spaltenumbruch]
dein Angeſicht muͤſſe ſchwarz ſeyn. Beyde
Redensarten aber darf kein Untergebener ge-
gen ſeinen Vorgeſetzten gebrauchen. Daher,
wenn ein Soldat willens iſt ſeinen Befehl-
haber zu ruͤhmen: ſo muß er bloß ausrufen;
oferin! wohl gethan! oder, Ejuͤwallah!
21 Gjermijan Ogli] Fuͤrſt in Groß-
phrygien, einer der perſiſchen Statthalter,
der zur Zeit des Feldzuges Dſchingjiß Chans
von ſeinem Herrn abtruͤnnig wurde.
22 Hamid Ogli] Dieſes war ebenfals
einer von den perſiſchen Statthaltern. Er
ſetzte ſich bey dem Untergange dieſes Reiches
in einem Stuͤcke von Kleinaſien feſt, und gab
demjenigen Lande von ſich den Namen, das
[Spaltenumbruch]
noch heutiges Tages in den Landkarten Ha-
mida heißet. Es ſcheinet aber, dieſes ſey
nicht der alte Name der Landſchaft, ſondern
erſt von den Tuͤrken demſelben beygeleget wor-
den, nachdem ſie es in Beſitz genommen hat-
ten. Denn bey den Tuͤrken iſt es gebraͤuch-
lich, die Guͤter nach dem Namen des Beſit-
zers zu nennen. So heißet Servien Laßwi-
lajeti*, von Lazarus, der bey deſſen Erobe-
rung Fuͤrſt von Servien war (und nicht von
Wladiſlaw, wie Meninſki haben will, daß
es dieſer Laß ſey). So fuͤhret Moldau bey
ihnen den Namen Bogdan, von einem Fuͤr-
ſten dieſes Namens, der daſſelbe zuerſt den
Tuͤrken zinsbar machte. Auf gleiche Weiſe
kommt nun der Name Hamid von Hamid
Ogli her.

wird
* auf deutſch, ein Lobender, naͤmlich Gott.
* [Wilajet bedeutet eine Landſchaft.]
H 2
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[59/0135] 3. Murad der I ſten nicht weniger erfahren ſey. Gewiſſe kleine Fuͤrſten in Aſien hatten bisher den osmaniſchen Stat oft beunruhiget, und den Lauf ſeiner Siege gehemmet. Um nun dieſe Fuͤrſten von einander zu trennen, und wann ſie getrennet waͤren, ſie in ſeinen Vortheil zu ziehen, und ſolchergeſtalt ſich auf das Kuͤnftige einen Weg zu groͤßern Unternehmungen zu bahnen: vermaͤlete Murad im Jahre 783 ſeinen Sohn Bajeßid mit einer Tochter von Gjermijan Ogli ²¹ , und bekam mit derſelben die Staͤdte Kjutahi, Egjrigoß und Tawſchanlik. Mit gleicher Klug- heit fuͤhrete er die Sachen alſo, daß Hamid * Ogli ²² aus eigener Bewegniß (wie verſchiedene andere bisher gethan hatten) dem osmaniſchen Reiche folgende Staͤd- te zu Lehen auftrug: Elwadſch, Jeng-iſchehir, Arſchehri, Karagajs und Sejdiſchehri. H. 783. J. C. 1381. 7. Als die Sachen in Aſien auf dieſe Weiſe befeſtiget waren: ſo verſam- melte Murad im folgenden Jahre ein großes Heer, und ging damit uͤber die Meerenge von Kallipolis in Europa. Hier belagert er das Schloß Bolina, das von Natur und Kunſt befeſtiget war. Weil aber die Belagerung wegen Feſtigkeit des Platzes und der tapfern Gegenwehre der Beſatzung nicht nach ſeinem Wunſche von ſtatten gehet: ſo flehet derſelbe, wie man ſaget, den Him- mel um Beyſtand an, ein ſo feſtes Schloß zu erobern. In derſelben Nacht, erzaͤhlet man, faͤllet ein großer Theil der Mauer um, die Belagerer dringen durch die Oeffnung hinein, und hauen die ganze Beſatzung darnieder. Es wird dein Angeſicht muͤſſe ſchwarz ſeyn. Beyde Redensarten aber darf kein Untergebener ge- gen ſeinen Vorgeſetzten gebrauchen. Daher, wenn ein Soldat willens iſt ſeinen Befehl- haber zu ruͤhmen: ſo muß er bloß ausrufen; oferin! wohl gethan! oder, Ejuͤwallah! ²¹ Gjermijan Ogli] Fuͤrſt in Groß- phrygien, einer der perſiſchen Statthalter, der zur Zeit des Feldzuges Dſchingjiß Chans von ſeinem Herrn abtruͤnnig wurde. ²² Hamid Ogli] Dieſes war ebenfals einer von den perſiſchen Statthaltern. Er ſetzte ſich bey dem Untergange dieſes Reiches in einem Stuͤcke von Kleinaſien feſt, und gab demjenigen Lande von ſich den Namen, das noch heutiges Tages in den Landkarten Ha- mida heißet. Es ſcheinet aber, dieſes ſey nicht der alte Name der Landſchaft, ſondern erſt von den Tuͤrken demſelben beygeleget wor- den, nachdem ſie es in Beſitz genommen hat- ten. Denn bey den Tuͤrken iſt es gebraͤuch- lich, die Guͤter nach dem Namen des Beſit- zers zu nennen. So heißet Servien Laßwi- lajeti *, von Lazarus, der bey deſſen Erobe- rung Fuͤrſt von Servien war (und nicht von Wladiſlaw, wie Meninſki haben will, daß es dieſer Laß ſey). So fuͤhret Moldau bey ihnen den Namen Bogdan, von einem Fuͤr- ſten dieſes Namens, der daſſelbe zuerſt den Tuͤrken zinsbar machte. Auf gleiche Weiſe kommt nun der Name Hamid von Hamid Ogli her. Murad erobert Bolina mit ſei- nem Gebete. H. 784. J. C. 1382. * auf deutſch, ein Lobender, naͤmlich Gott. * [Wilajet bedeutet eine Landſchaft.] H 2

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Zitationshilfe: Dimitrie [Moldau, Woiwode], (Cantemir, Dimitrie): Geschichte des osmanischen Reichs nach seinem Anwachse und Abnehmen. Hamburg, 1745, S. 59. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/cantemir_geschichte_1745/135>, abgerufen am 22.11.2024.