[Canitz, Friedrich Rudolph Ludwig von]: Neben-Stunden Unterschiedener Gedichte. [Hrsg. v. Joachim Lange]. Berlin, 1700.Man siehet bald darauff Ihn mit dem Tode ringen/ Der gute Velten wird vom Beten abgeschreckt; Doch andre fahren fort mit Sprüchen und mit singen/ Dadurch die Andacht wird der Sterbenden erweckt; Als er nun ohngefehr von seinem Heyland höret/ Der seine Schuld bezahlt/ die Handschrifft ausgelöst/ Da wird er so von Geitz und Phantasey bethöret/ Daß er noch diese Wort aus seinem Rachen stößt: Was? meine Schuld bezahlt/ die Sache schwebt im Rechte/ Ich werde nichts gestehn/ wer weiß wer noch verliert! Damit entfuhr der Geist dem losen Mammons-Knechte/ Dem jeder nun das Grab mit einem Schelme ziert. Letzte Pflicht der Freundschafft/ dem seel. Grafen Theodoro von Dona/ auf derje- nigen Stelle abgestattet/ da derselbe we- nig Wochen zuvor im Sturm vor der Stadt Ofen den tödtlichen Schuß empfangen. 1. LAß mein beklemmtes Hertz der Regung nur den Zügel/Begeuß mit einer Fluth von Thränen diesen Hügel/ Weil ihn mein treuster Freund mit seinem Blut benetzt. Auf dieser Stelle sanck der tapfre Dona nieder/ Hier war sein Kampf und Fall/ hier starrten seine Glieder/ Als ein verfluchtes Bley die theure Stirn verletzt/ Das/ eh der Sonnen Rad den andern Morgen brachte/ Ihn leyder! gar zu bald zu einer Leiche machte! 2. Ach lebte Theodor/ wie wolt ich mit VergnügenDas stoltze Buda sehn in seiner Asche liegen! Ich
Man ſiehet bald darauff Ihn mit dem Tode ringen/ Der gute Velten wird vom Beten abgeſchreckt; Doch andre fahren fort mit Spruͤchen und mit ſingen/ Dadurch die Andacht wird der Sterbenden erweckt; Als er nun ohngefehr von ſeinem Heyland hoͤret/ Der ſeine Schuld bezahlt/ die Handſchrifft ausgeloͤſt/ Da wird er ſo von Geitz und Phantaſey bethoͤret/ Daß er noch dieſe Wort aus ſeinem Rachen ſtoͤßt: Was? meine Schuld bezahlt/ die Sache ſchwebt im Rechte/ Ich werde nichts geſtehn/ wer weiß wer noch verliert! Damit entfuhr der Geiſt dem loſen Mammons-Knechte/ Dem jeder nun das Grab mit einem Schelme ziert. Letzte Pflicht der Freundſchafft/ dem ſeel. Grafen Theodoro von Dona/ auf derje- nigen Stelle abgeſtattet/ da derſelbe we- nig Wochen zuvor im Sturm vor der Stadt Ofen den toͤdtlichen Schuß empfangen. 1. LAß mein beklem̃tes Hertz der Regung nur den Zuͤgel/Begeuß mit einer Fluth von Thraͤnen dieſen Huͤgel/ Weil ihn mein treuſter Freund mit ſeinem Blut benetzt. Auf dieſer Stelle ſanck der tapfre Dona nieder/ Hier war ſein Kampf und Fall/ hier ſtarꝛten ſeine Glieder/ Als ein verfluchtes Bley die theure Stirn verletzt/ Das/ eh der Sonnen Rad den andern Morgen brachte/ Ihn leyder! gar zu bald zu einer Leiche machte! 2. Ach lebte Theodor/ wie wolt ich mit VergnuͤgenDas ſtoltze Buda ſehn in ſeiner Aſche liegen! Ich
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Man ſiehet bald darauff Ihn mit dem Tode ringen/
Der gute Velten wird vom Beten abgeſchreckt;
Doch andre fahren fort mit Spruͤchen und mit ſingen/
Dadurch die Andacht wird der Sterbenden erweckt;
Als er nun ohngefehr von ſeinem Heyland hoͤret/
Der ſeine Schuld bezahlt/ die Handſchrifft ausgeloͤſt/
Da wird er ſo von Geitz und Phantaſey bethoͤret/
Daß er noch dieſe Wort aus ſeinem Rachen ſtoͤßt:
Was? meine Schuld bezahlt/ die Sache ſchwebt im
Rechte/
Ich werde nichts geſtehn/ wer weiß wer noch verliert!
Damit entfuhr der Geiſt dem loſen Mammons-Knechte/
Dem jeder nun das Grab mit einem Schelme ziert.
Letzte Pflicht der Freundſchafft/ dem ſeel.
Grafen Theodoro von Dona/ auf derje-
nigen Stelle abgeſtattet/ da derſelbe we-
nig Wochen zuvor im Sturm vor der
Stadt Ofen den toͤdtlichen Schuß
empfangen.
1.
LAß mein beklem̃tes Hertz der Regung nur den Zuͤgel/
Begeuß mit einer Fluth von Thraͤnen dieſen Huͤgel/
Weil ihn mein treuſter Freund mit ſeinem Blut
benetzt.
Auf dieſer Stelle ſanck der tapfre Dona nieder/
Hier war ſein Kampf und Fall/ hier ſtarꝛten ſeine Glieder/
Als ein verfluchtes Bley die theure Stirn verletzt/
Das/ eh der Sonnen Rad den andern Morgen brachte/
Ihn leyder! gar zu bald zu einer Leiche machte!
2.
Ach lebte Theodor/ wie wolt ich mit Vergnuͤgen
Das ſtoltze Buda ſehn in ſeiner Aſche liegen!
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