Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Canitz, Friedrich Rudolph Ludwig von]: Neben-Stunden Unterschiedener Gedichte. [Hrsg. v. Joachim Lange]. Berlin, 1700.

Bild:
<< vorherige Seite
Das eitle Gauc[k]elspiel! wolan so nimm dis Blat/
Das dir zum zweyten mahl mein Kiel gewidmet hat;
Der sol wenn du ihn wirst mit gleicher Lust erwecken/
Dir meine Phantasey noch mehr und mehr entdecken/
Denn du bist nicht ein Mann nach Art der neuen Welt/
Der den Machiavell für sein Gebet-Buch hält/
Der sich bloß auf die Kunst den Hof zu schmeicheln leget/
Und einen Juncker kaum Herr Ohm zu nennen pfleget/
Kein Glück ist dir zu starck/ das dich bemeistern kan/
Dir legt kein Fürsten-Blick die güldne Fessel an;
Du lebst wie mancher nicht als Last-Vieh angebunden/
Was du der Herrschafft stiehlst/ das sind vergnügte
Stunden.

Kein fremdes Wohlergehn ists was dein Hertze nagt/
Mir ist nicht unbewust/ daß dir ein Schertz behagt/
Wenn nur ein freyes Wort/ das uns die Zeit verkürtzet/
Richt seinen Honig-Seim mit Coloquinten würtzet/
Und nur kein heimlich Gifft den Nechsten sticht und schilt/
Daß manchem Papagey der Kopff von Eyffer schwilt.
Du forderst keinen Pracht der köstlichen Pancketen/
Für dir darff keiner nicht mit schlechter Kost erröthen;
Ich weiß daß du die Zeit mit Wirthschafft oft vertreibst/
Und selbst wie Plinius und Columella schreibst.
Wird doch kein Bücher-Saal im Teutschen Reich ge-
funden/

Da nicht Eusebius in Pergament gebunden;
Durch Hohbergs treuen Fleiß die späte Nachwelt lehrt/
Wie die Murene sich in seinen Wassern mehrt.
So soll denn alle Frucht/ die mein Gehirn gebiehret/
Weil uns doch gleicher Sinn zum gleichen Handwerck
führet/

Dir künfftig eigen seyn/ wenn nur nicht Grieß und Gicht
Die Unschuld-volle Lust zu zeitig unterbricht.
Nimm dis zur Antwort hin auf die geehrte Zeilen/
Die gestern dir beliebt mir wieder zu ertheilen/
Nun send ich werthster Freund den Danck der dir gebührt/
Daß
C 4
Das eitle Gauc[k]elſpiel! wolan ſo nimm dis Blat/
Das dir zum zweyten mahl mein Kiel gewidmet hat;
Der ſol wenn du ihn wirſt mit gleicher Luſt erwecken/
Dir meine Phantaſey noch mehr und mehr entdecken/
Denn du biſt nicht ein Mann nach Art der neuen Welt/
Der den Machiavell fuͤr ſein Gebet-Buch haͤlt/
Der ſich bloß auf die Kunſt den Hof zu ſchmeicheln leget/
Und einen Juncker kaum Herr Ohm zu nennen pfleget/
Kein Gluͤck iſt dir zu ſtarck/ das dich bemeiſtern kan/
Dir legt kein Fuͤrſten-Blick die guͤldne Feſſel an;
Du lebſt wie mancher nicht als Laſt-Vieh angebunden/
Was du der Herrſchafft ſtiehlſt/ das ſind vergnuͤgte
Stunden.

Kein fremdes Wohlergehn iſts was dein Hertze nagt/
Mir iſt nicht unbewuſt/ daß dir ein Schertz behagt/
Wenn nur ein freyes Wort/ das uns die Zeit verkuͤrtzet/
Richt ſeinen Honig-Seim mit Coloquinten wuͤrtzet/
Und nur kein heimlich Gifft den Nechſten ſticht und ſchilt/
Daß manchem Papagey der Kopff von Eyffer ſchwilt.
Du forderſt keinen Pracht der koͤſtlichen Pancketen/
Fuͤr dir darff keiner nicht mit ſchlechter Koſt erroͤthen;
Ich weiß daß du die Zeit mit Wirthſchafft oft vertreibſt/
Und ſelbſt wie Plinius und Columella ſchreibſt.
Wird doch kein Buͤcher-Saal im Teutſchen Reich ge-
funden/

Da nicht Euſebius in Pergament gebunden;
Durch Hohbergs treuen Fleiß die ſpaͤte Nachwelt lehrt/
Wie die Murene ſich in ſeinen Waſſern mehrt.
So ſoll denn alle Frucht/ die mein Gehirn gebiehret/
Weil uns doch gleicher Sinn zum gleichen Handwerck
fuͤhret/

Dir kuͤnfftig eigen ſeyn/ wenn nur nicht Grieß und Gicht
Die Unſchuld-volle Luſt zu zeitig unterbricht.
Nimm dis zur Antwort hin auf die geehrte Zeilen/
Die geſtern dir beliebt mir wieder zu ertheilen/
Nun ſend ich weꝛthſter Freund den Danck der dir gebuͤhꝛt/
Daß
C 4
<TEI>
  <text>
    <body>
      <lg type="poem">
        <pb facs="#f0052" n="39"/>
        <l>Das eitle Gauc<supplied>k</supplied>el&#x017F;piel! wolan &#x017F;o nimm dis Blat/</l><lb/>
        <l>Das dir zum zweyten mahl mein Kiel gewidmet hat;</l><lb/>
        <l>Der &#x017F;ol wenn du ihn wir&#x017F;t mit gleicher Lu&#x017F;t erwecken/</l><lb/>
        <l>Dir meine Phanta&#x017F;ey noch mehr und mehr entdecken/</l><lb/>
        <l>Denn du bi&#x017F;t nicht ein Mann nach Art der neuen Welt/</l><lb/>
        <l>Der den Machiavell fu&#x0364;r &#x017F;ein Gebet-Buch ha&#x0364;lt/</l><lb/>
        <l>Der &#x017F;ich bloß auf die Kun&#x017F;t den Hof zu &#x017F;chmeicheln leget/</l><lb/>
        <l>Und einen Juncker kaum Herr Ohm zu nennen pfleget/</l><lb/>
        <l>Kein Glu&#x0364;ck i&#x017F;t dir zu &#x017F;tarck/ das dich bemei&#x017F;tern kan/</l><lb/>
        <l>Dir legt kein Fu&#x0364;r&#x017F;ten-Blick die gu&#x0364;ldne Fe&#x017F;&#x017F;el an;</l><lb/>
        <l>Du leb&#x017F;t wie mancher nicht als La&#x017F;t-Vieh angebunden/</l><lb/>
        <l>Was du der Herr&#x017F;chafft &#x017F;tiehl&#x017F;t/ das &#x017F;ind vergnu&#x0364;gte<lb/><hi rendition="#et">Stunden.</hi></l><lb/>
        <l>Kein fremdes Wohlergehn i&#x017F;ts was dein Hertze nagt/</l><lb/>
        <l>Mir i&#x017F;t nicht unbewu&#x017F;t/ daß dir ein Schertz behagt/</l><lb/>
        <l>Wenn nur ein freyes Wort/ das uns die Zeit verku&#x0364;rtzet/</l><lb/>
        <l>Richt &#x017F;einen Honig-Seim mit Coloquinten wu&#x0364;rtzet/</l><lb/>
        <l>Und nur kein heimlich Gifft den Nech&#x017F;ten &#x017F;ticht und &#x017F;chilt/</l><lb/>
        <l>Daß manchem Papagey der Kopff von Eyffer &#x017F;chwilt.</l><lb/>
        <l>Du forder&#x017F;t keinen Pracht der ko&#x0364;&#x017F;tlichen Pancketen/</l><lb/>
        <l>Fu&#x0364;r dir darff keiner nicht mit &#x017F;chlechter Ko&#x017F;t erro&#x0364;then;</l><lb/>
        <l>Ich weiß daß du die Zeit mit Wirth&#x017F;chafft oft vertreib&#x017F;t/</l><lb/>
        <l>Und &#x017F;elb&#x017F;t wie Plinius und Columella &#x017F;chreib&#x017F;t.</l><lb/>
        <l>Wird doch kein Bu&#x0364;cher-Saal im Teut&#x017F;chen Reich ge-<lb/><hi rendition="#et">funden/</hi></l><lb/>
        <l>Da nicht Eu&#x017F;ebius in Pergament gebunden;</l><lb/>
        <l>Durch Hohbergs treuen Fleiß die &#x017F;pa&#x0364;te Nachwelt lehrt/</l><lb/>
        <l>Wie die Murene &#x017F;ich in &#x017F;einen Wa&#x017F;&#x017F;ern mehrt.</l><lb/>
        <l>So &#x017F;oll denn alle Frucht/ die mein Gehirn gebiehret/</l><lb/>
        <l>Weil uns doch gleicher Sinn zum gleichen Handwerck<lb/><hi rendition="#et">fu&#x0364;hret/</hi></l><lb/>
        <l>Dir ku&#x0364;nfftig eigen &#x017F;eyn/ wenn nur nicht Grieß und Gicht</l><lb/>
        <l>Die Un&#x017F;chuld-volle Lu&#x017F;t zu zeitig unterbricht.</l><lb/>
        <l>Nimm dis zur Antwort hin auf die geehrte Zeilen/</l><lb/>
        <l>Die ge&#x017F;tern dir beliebt mir wieder zu ertheilen/</l><lb/>
        <l>Nun &#x017F;end ich we&#xA75B;th&#x017F;ter Freund den Danck der dir gebu&#x0364;h&#xA75B;t/</l><lb/>
        <fw place="bottom" type="sig">C 4</fw>
        <fw place="bottom" type="catch">Daß</fw><lb/>
      </lg>
    </body>
  </text>
</TEI>
[39/0052] Das eitle Gauckelſpiel! wolan ſo nimm dis Blat/ Das dir zum zweyten mahl mein Kiel gewidmet hat; Der ſol wenn du ihn wirſt mit gleicher Luſt erwecken/ Dir meine Phantaſey noch mehr und mehr entdecken/ Denn du biſt nicht ein Mann nach Art der neuen Welt/ Der den Machiavell fuͤr ſein Gebet-Buch haͤlt/ Der ſich bloß auf die Kunſt den Hof zu ſchmeicheln leget/ Und einen Juncker kaum Herr Ohm zu nennen pfleget/ Kein Gluͤck iſt dir zu ſtarck/ das dich bemeiſtern kan/ Dir legt kein Fuͤrſten-Blick die guͤldne Feſſel an; Du lebſt wie mancher nicht als Laſt-Vieh angebunden/ Was du der Herrſchafft ſtiehlſt/ das ſind vergnuͤgte Stunden. Kein fremdes Wohlergehn iſts was dein Hertze nagt/ Mir iſt nicht unbewuſt/ daß dir ein Schertz behagt/ Wenn nur ein freyes Wort/ das uns die Zeit verkuͤrtzet/ Richt ſeinen Honig-Seim mit Coloquinten wuͤrtzet/ Und nur kein heimlich Gifft den Nechſten ſticht und ſchilt/ Daß manchem Papagey der Kopff von Eyffer ſchwilt. Du forderſt keinen Pracht der koͤſtlichen Pancketen/ Fuͤr dir darff keiner nicht mit ſchlechter Koſt erroͤthen; Ich weiß daß du die Zeit mit Wirthſchafft oft vertreibſt/ Und ſelbſt wie Plinius und Columella ſchreibſt. Wird doch kein Buͤcher-Saal im Teutſchen Reich ge- funden/ Da nicht Euſebius in Pergament gebunden; Durch Hohbergs treuen Fleiß die ſpaͤte Nachwelt lehrt/ Wie die Murene ſich in ſeinen Waſſern mehrt. So ſoll denn alle Frucht/ die mein Gehirn gebiehret/ Weil uns doch gleicher Sinn zum gleichen Handwerck fuͤhret/ Dir kuͤnfftig eigen ſeyn/ wenn nur nicht Grieß und Gicht Die Unſchuld-volle Luſt zu zeitig unterbricht. Nimm dis zur Antwort hin auf die geehrte Zeilen/ Die geſtern dir beliebt mir wieder zu ertheilen/ Nun ſend ich weꝛthſter Freund den Danck der dir gebuͤhꝛt/ Daß C 4

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/canitz_gedichte_1700
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/canitz_gedichte_1700/52
Zitationshilfe: [Canitz, Friedrich Rudolph Ludwig von]: Neben-Stunden Unterschiedener Gedichte. [Hrsg. v. Joachim Lange]. Berlin, 1700, S. 39. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/canitz_gedichte_1700/52>, abgerufen am 22.11.2024.