[Canitz, Friedrich Rudolph Ludwig von]: Neben-Stunden Unterschiedener Gedichte. [Hrsg. v. Joachim Lange]. Berlin, 1700.Christus in der Krippen. DAs Kind das dort in Heu und Stroh versteckelieget/ Und dem das tumme Vieh aus seiner Wiegen frißt/ Ist grösser als die Welt/ weil es GOtt selber ist/ Der über Höll und Tod in seiner Armuth sieget. Was mag die Ursach seyn/ daß Er so schlecht erschienen Sein Thron der könte ja seyn von Saphir bereit/ Sein Lager mit dem Glantz der Sternen überstreut/ Warum bedient Ihn nicht ein Heer von Cherubinen? Kaum findet sich ein Raum den Heyland zu bewirthen; Die Krippe wird sein Bett'/ ein Stall ist sein Pallast; Wenn Er die keusche Brust der Mutter hat umfaßt/ So hält Er sein Pancket/ sein Hoff besteht aus Hirten. Ihr Grossen die ihr euch als Götter laßt verehren/ Die ihr von eurem Stuhl aus Diamanten blitzt/ Und eurer Meynung nach dem Himmel näher sitzt/ Als die so Menschen sind/ diß wil euch etwas lehren: Der Höchste spottet hier der Güter dieser Erden/ Die offt ein Sterblicher für seinen Himmel hält/ Und zeiget euch dabey/ daß wenn es Ihm gefällt/ Der Purpur uns zu Heu/ und Heu zu Purpur werden. Uber die Geisselung Christi. 1. UNser Heyland steht gebunden/Voller Striemen voller Bluth/ Und fühlt so viel neue Wunden/ Als der Büttel Streiche thut. Seht was seine Liebe kan! Und wir dencken kaum daran/ Daß Er wegen unsrer Schulden/ Dieses alles muß erdulden. 2. Da
Chriſtus in der Krippen. DAs Kind das dort in Heu und Stroh verſteckelieget/ Und dem das tumme Vieh aus ſeiner Wiegen frißt/ Iſt groͤſſer als die Welt/ weil es GOtt ſelber iſt/ Der uͤber Hoͤll und Tod in ſeiner Armuth ſieget. Was mag die Urſach ſeyn/ daß Er ſo ſchlecht erſchienen Sein Thron der koͤnte ja ſeyn von Saphir bereit/ Sein Lager mit dem Glantz der Sternen uͤberſtreut/ Warum bedient Ihn nicht ein Heer von Cherubinen? Kaum findet ſich ein Raum den Heyland zu bewirthen; Die Krippe wird ſein Bett’/ ein Stall iſt ſein Pallaſt; Wenn Er die keuſche Bruſt der Mutter hat umfaßt/ So haͤlt Er ſein Pancket/ ſein Hoff beſteht aus Hirten. Ihr Groſſen die ihr euch als Goͤtter laßt verehren/ Die ihr von eurem Stuhl aus Diamanten blitzt/ Und eurer Meynung nach dem Himmel naͤher ſitzt/ Als die ſo Menſchen ſind/ diß wil euch etwas lehren: Der Hoͤchſte ſpottet hier der Guͤter dieſer Erden/ Die offt ein Sterblicher fuͤr ſeinen Himmel haͤlt/ Und zeiget euch dabey/ daß wenn es Ihm gefaͤllt/ Der Purpur uns zu Heu/ und Heu zu Purpur werden. Uber die Geiſſelung Chriſti. 1. UNſer Heyland ſteht gebunden/Voller Striemen voller Bluth/ Und fuͤhlt ſo viel neue Wunden/ Als der Buͤttel Streiche thut. Seht was ſeine Liebe kan! Und wir dencken kaum daran/ Daß Er wegen unſrer Schulden/ Dieſes alles muß erdulden. 2. Da
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Chriſtus in der Krippen.
DAs Kind das dort in Heu und Stroh verſtecke
lieget/
Und dem das tumme Vieh aus ſeiner Wiegen frißt/
Iſt groͤſſer als die Welt/ weil es GOtt ſelber iſt/
Der uͤber Hoͤll und Tod in ſeiner Armuth ſieget.
Was mag die Urſach ſeyn/ daß Er ſo ſchlecht erſchienen
Sein Thron der koͤnte ja ſeyn von Saphir bereit/
Sein Lager mit dem Glantz der Sternen uͤberſtreut/
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Kaum findet ſich ein Raum den Heyland zu bewirthen;
Die Krippe wird ſein Bett’/ ein Stall iſt ſein Pallaſt;
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So haͤlt Er ſein Pancket/ ſein Hoff beſteht aus Hirten.
Ihr Groſſen die ihr euch als Goͤtter laßt verehren/
Die ihr von eurem Stuhl aus Diamanten blitzt/
Und eurer Meynung nach dem Himmel naͤher ſitzt/
Als die ſo Menſchen ſind/ diß wil euch etwas lehren:
Der Hoͤchſte ſpottet hier der Guͤter dieſer Erden/
Die offt ein Sterblicher fuͤr ſeinen Himmel haͤlt/
Und zeiget euch dabey/ daß wenn es Ihm gefaͤllt/
Der Purpur uns zu Heu/ und Heu zu Purpur werden.
Uber die Geiſſelung Chriſti.
1.
UNſer Heyland ſteht gebunden/
Voller Striemen voller Bluth/
Und fuͤhlt ſo viel neue Wunden/
Als der Buͤttel Streiche thut.
Seht was ſeine Liebe kan!
Und wir dencken kaum daran/
Daß Er wegen unſrer Schulden/
Dieſes alles muß erdulden.
2. Da
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