Candidus, Karl: Der deutsche Christus. Fünfzehn Canzonen. Leipzig, 1844.Wer schafft von seinem Ort den Himalaya Und macht ihn gleich der kleinsten Hügelkette? Wer zieht in Grönland süße Rebenblüten? Wer kann dem Palmbaum ändern seine Stätte Daß er nicht schatte mehr dem stolzen Raja? Kann auch das Nordland Straußeneier brüten? So mögt ihr nicht verhüten Daß jedem Geist gemessen sei der Schauplatz. Doch ob von jedem Stein wir hätten Kunde Wo und zu welcher Stunde Er einst erschienen auf der Menschheit Bauplatz, Ihr gönnt in Zeit und Raum dem keine Stelle Den laut zum Eckstein schlug des Bauherrn Kelle. Nach zeitmaßvollem Reigenschritt der Horen
Erglühte jedes Aufschwungs Morgenröte Stets wo und wann des Cynthiers Gespann kam. Ihr billigt wol daß Hegel und daß Göthe Gerade da und dann uns ward geboren? Doch daß das Wort, was uns als Gottesmann kam, Gerade da und dann kam, Das Rätselwort darob die Völker schwitzen, Der Menschheit und Geschichte Wort, daß Stunden Und Räume das gebunden, Ein rechtes Ziel däucht Solches euern Witzen. Indeß wo Ewiges auf Erden auftrat War es ein Mensch der in der Zeiten Lauf trat. Wer ſchafft von ſeinem Ort den Himalaya Und macht ihn gleich der kleinſten Hügelkette? Wer zieht in Grönland ſüße Rebenblüten? Wer kann dem Palmbaum ändern ſeine Stätte Daß er nicht ſchatte mehr dem ſtolzen Raja? Kann auch das Nordland Straußeneier brüten? So mögt ihr nicht verhüten Daß jedem Geiſt gemeſſen ſei der Schauplatz. Doch ob von jedem Stein wir hätten Kunde Wo und zu welcher Stunde Er einſt erſchienen auf der Menſchheit Bauplatz, Ihr gönnt in Zeit und Raum dem keine Stelle Den laut zum Eckſtein ſchlug des Bauherrn Kelle. Nach zeitmaßvollem Reigenſchritt der Horen
Erglühte jedes Aufſchwungs Morgenröte Stets wo und wann des Cynthiers Geſpann kam. Ihr billigt wol daß Hegel und daß Göthe Gerade da und dann uns ward geboren? Doch daß das Wort, was uns als Gottesmann kam, Gerade da und dann kam, Das Rätſelwort darob die Völker ſchwitzen, Der Menſchheit und Geſchichte Wort, daß Stunden Und Räume das gebunden, Ein rechtes Ziel däucht Solches euern Witzen. Indeß wo Ewiges auf Erden auftrat War es ein Menſch der in der Zeiten Lauf trat. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <lg type="poem"> <pb facs="#f0074" n="60"/> <lg n="2"> <l>Wer ſchafft von ſeinem Ort den Himalaya</l><lb/> <l>Und macht ihn gleich der kleinſten Hügelkette?</l><lb/> <l>Wer zieht in Grönland ſüße Rebenblüten?</l><lb/> <l>Wer kann dem Palmbaum ändern ſeine Stätte</l><lb/> <l>Daß er nicht ſchatte mehr dem ſtolzen Raja?</l><lb/> <l>Kann auch das Nordland Straußeneier brüten?</l><lb/> <l>So mögt ihr nicht verhüten</l><lb/> <l>Daß jedem Geiſt gemeſſen ſei der Schauplatz.</l><lb/> <l>Doch ob von jedem Stein wir hätten Kunde</l><lb/> <l>Wo und zu welcher Stunde</l><lb/> <l>Er einſt erſchienen auf der Menſchheit Bauplatz,</l><lb/> <l>Ihr gönnt in Zeit und Raum dem keine Stelle</l><lb/> <l>Den laut zum Eckſtein ſchlug des Bauherrn Kelle.</l><lb/> </lg> <lg n="3"> <l>Nach zeitmaßvollem Reigenſchritt der Horen</l><lb/> <l>Erglühte jedes Aufſchwungs Morgenröte</l><lb/> <l>Stets wo und wann des Cynthiers Geſpann kam.</l><lb/> <l>Ihr billigt wol daß Hegel und daß Göthe</l><lb/> <l>Gerade da und dann uns ward geboren?</l><lb/> <l>Doch daß das Wort, was uns als Gottesmann kam,</l><lb/> <l>Gerade da und dann kam,</l><lb/> <l>Das Rätſelwort darob die Völker ſchwitzen,</l><lb/> <l>Der Menſchheit und Geſchichte Wort, daß Stunden</l><lb/> <l>Und Räume das gebunden,</l><lb/> <l>Ein rechtes Ziel däucht Solches euern Witzen.</l><lb/> <l>Indeß wo Ewiges auf Erden auftrat</l><lb/> <l>War es ein Menſch der in der Zeiten Lauf trat.</l><lb/> </lg> </lg> </div> </div> </body> </text> </TEI> [60/0074]
Wer ſchafft von ſeinem Ort den Himalaya
Und macht ihn gleich der kleinſten Hügelkette?
Wer zieht in Grönland ſüße Rebenblüten?
Wer kann dem Palmbaum ändern ſeine Stätte
Daß er nicht ſchatte mehr dem ſtolzen Raja?
Kann auch das Nordland Straußeneier brüten?
So mögt ihr nicht verhüten
Daß jedem Geiſt gemeſſen ſei der Schauplatz.
Doch ob von jedem Stein wir hätten Kunde
Wo und zu welcher Stunde
Er einſt erſchienen auf der Menſchheit Bauplatz,
Ihr gönnt in Zeit und Raum dem keine Stelle
Den laut zum Eckſtein ſchlug des Bauherrn Kelle.
Nach zeitmaßvollem Reigenſchritt der Horen
Erglühte jedes Aufſchwungs Morgenröte
Stets wo und wann des Cynthiers Geſpann kam.
Ihr billigt wol daß Hegel und daß Göthe
Gerade da und dann uns ward geboren?
Doch daß das Wort, was uns als Gottesmann kam,
Gerade da und dann kam,
Das Rätſelwort darob die Völker ſchwitzen,
Der Menſchheit und Geſchichte Wort, daß Stunden
Und Räume das gebunden,
Ein rechtes Ziel däucht Solches euern Witzen.
Indeß wo Ewiges auf Erden auftrat
War es ein Menſch der in der Zeiten Lauf trat.
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Zitationshilfe: | Candidus, Karl: Der deutsche Christus. Fünfzehn Canzonen. Leipzig, 1844, S. 60. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/candidus_christus_1854/74>, abgerufen am 16.02.2025. |