Candidus, Karl: Der deutsche Christus. Fünfzehn Canzonen. Leipzig, 1844.Und Quelle deiner Demut war dein Lieben, So auch dein Lieben Quelle deiner Hoheit. Sind dies denn nicht der Liebe beide Pole? O wie beklagenswert ist jene Rohheit, Die an des Stolzes und der Demut Trieben Nur Streit hat, leere Strebungen, gleich hohle! O wenn zu Eurem Wole Ihr liebtet und begriffet! Elend scheinen Müßt ihr mir vollends wo ihr vor mögt wenden Das Selbstvergegenständen. Angeblich schuft ihr Gott und seinen Reinen, Und könnt das eigne Werk nicht menschlich lieben? O wo sind Stolz und Demut euch geblieben?! Du bist in mich und ich in dich gestaltet
Und nichts kann mich, mein Heiland! von dir scheiden, Kann ich doch von mir selbst nicht sein geschieden! In meinen Freuden wie in meinen Leiden Hast göttlich groß du immerdar gewaltet, Und nur in dir gewurzelt ist mein Frieden. Daß unser Bund hienieden, Ach, nicht so innig ist wie er wol sein soll, Dies regt mir oft geheimer Wehmut Thränen, Doch dieses heiße Sehnen, Es kommt von dir, als das mir Ernst verleih'n soll, Und jener Blick der bitterlich macht weinen, Läßt lauter Huld und Liebe ja erscheinen. Und Quelle deiner Demut war dein Lieben, So auch dein Lieben Quelle deiner Hoheit. Sind dies denn nicht der Liebe beide Pole? O wie beklagenswert iſt jene Rohheit, Die an des Stolzes und der Demut Trieben Nur Streit hat, leere Strebungen, gleich hohle! O wenn zu Eurem Wole Ihr liebtet und begriffet! Elend ſcheinen Müßt ihr mir vollends wo ihr vor mögt wenden Das Selbſtvergegenſtänden. Angeblich ſchuft ihr Gott und ſeinen Reinen, Und könnt das eigne Werk nicht menſchlich lieben? O wo ſind Stolz und Demut euch geblieben?! Du biſt in mich und ich in dich geſtaltet
Und nichts kann mich, mein Heiland! von dir ſcheiden, Kann ich doch von mir ſelbſt nicht ſein geſchieden! In meinen Freuden wie in meinen Leiden Haſt göttlich groß du immerdar gewaltet, Und nur in dir gewurzelt iſt mein Frieden. Daß unſer Bund hienieden, Ach, nicht ſo innig iſt wie er wol ſein ſoll, Dies regt mir oft geheimer Wehmut Thränen, Doch dieſes heiße Sehnen, Es kommt von dir, als das mir Ernſt verleih'n ſoll, Und jener Blick der bitterlich macht weinen, Läßt lauter Huld und Liebe ja erſcheinen. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <lg type="poem"> <pb facs="#f0028" n="14"/> <lg n="4"> <l>Und Quelle deiner Demut war dein Lieben,</l><lb/> <l>So auch dein Lieben Quelle deiner Hoheit.</l><lb/> <l>Sind dies denn nicht der Liebe beide Pole?</l><lb/> <l>O wie beklagenswert iſt jene Rohheit,</l><lb/> <l>Die an des Stolzes und der Demut Trieben</l><lb/> <l>Nur Streit hat, leere Strebungen, gleich hohle!</l><lb/> <l>O wenn zu Eurem Wole</l><lb/> <l>Ihr liebtet und begriffet! Elend ſcheinen</l><lb/> <l>Müßt ihr mir vollends wo ihr vor mögt wenden</l><lb/> <l>Das <hi rendition="#g">Selbſtvergegenſtänden</hi>.</l><lb/> <l>Angeblich ſchuft ihr Gott und ſeinen Reinen,</l><lb/> <l>Und könnt das eigne Werk nicht menſchlich lieben?</l><lb/> <l>O wo ſind Stolz und Demut euch <hi rendition="#g">geblieben</hi>?!</l><lb/> </lg> <lg n="5"> <l>Du biſt in mich und ich in dich geſtaltet</l><lb/> <l>Und nichts kann mich, mein Heiland! von dir ſcheiden,</l><lb/> <l>Kann ich doch von mir ſelbſt nicht ſein geſchieden!</l><lb/> <l>In meinen Freuden wie in meinen Leiden</l><lb/> <l>Haſt göttlich groß du immerdar gewaltet,</l><lb/> <l>Und nur in dir gewurzelt iſt mein Frieden.</l><lb/> <l>Daß unſer Bund hienieden,</l><lb/> <l>Ach, nicht ſo innig iſt wie er wol ſein ſoll,</l><lb/> <l>Dies regt mir oft geheimer Wehmut Thränen,</l><lb/> <l>Doch dieſes heiße Sehnen,</l><lb/> <l>Es kommt von dir, als das mir Ernſt verleih'n ſoll,</l><lb/> <l>Und jener Blick der bitterlich macht weinen,</l><lb/> <l>Läßt lauter Huld und Liebe ja erſcheinen.</l><lb/> </lg> </lg> </div> </div> </body> </text> </TEI> [14/0028]
Und Quelle deiner Demut war dein Lieben,
So auch dein Lieben Quelle deiner Hoheit.
Sind dies denn nicht der Liebe beide Pole?
O wie beklagenswert iſt jene Rohheit,
Die an des Stolzes und der Demut Trieben
Nur Streit hat, leere Strebungen, gleich hohle!
O wenn zu Eurem Wole
Ihr liebtet und begriffet! Elend ſcheinen
Müßt ihr mir vollends wo ihr vor mögt wenden
Das Selbſtvergegenſtänden.
Angeblich ſchuft ihr Gott und ſeinen Reinen,
Und könnt das eigne Werk nicht menſchlich lieben?
O wo ſind Stolz und Demut euch geblieben?!
Du biſt in mich und ich in dich geſtaltet
Und nichts kann mich, mein Heiland! von dir ſcheiden,
Kann ich doch von mir ſelbſt nicht ſein geſchieden!
In meinen Freuden wie in meinen Leiden
Haſt göttlich groß du immerdar gewaltet,
Und nur in dir gewurzelt iſt mein Frieden.
Daß unſer Bund hienieden,
Ach, nicht ſo innig iſt wie er wol ſein ſoll,
Dies regt mir oft geheimer Wehmut Thränen,
Doch dieſes heiße Sehnen,
Es kommt von dir, als das mir Ernſt verleih'n ſoll,
Und jener Blick der bitterlich macht weinen,
Läßt lauter Huld und Liebe ja erſcheinen.
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools
|
URL zu diesem Werk: | https://www.deutschestextarchiv.de/candidus_christus_1854 |
URL zu dieser Seite: | https://www.deutschestextarchiv.de/candidus_christus_1854/28 |
Zitationshilfe: | Candidus, Karl: Der deutsche Christus. Fünfzehn Canzonen. Leipzig, 1844, S. 14. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/candidus_christus_1854/28>, abgerufen am 16.02.2025. |