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Campe, Joachim Heinrich: Theophron oder der erfahrne Rathgeber für die unerfahrne Jugend. Bd. 2. Hamburg, 1783.

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Hals volgepfropft haben, so wollen sie sich nun
auch entladen, es koste, was es wolle. Ich habe
einen Man gekant, der eine Geschichte von einer
Flinte wußte, die er für artig hielt, und gut zu
erzählen glaubte. Er versuchte ein Mittel nach
dem andern, das Gespräch auf Flinten zu lenken;
allein er verfehlte seinen Zwek. Plözlich sprang
er auf von seinem Stuhle, und rief: er habe
einen Flintenschuß gehört; weil aber die Gesel-
schaft ihn versicherte, man habe nichts dergleichen
gehört, so sagte er: nun, es kan sein, daß ich
mich geirt habe; aber weil wir doch einmahl von
Flinten sprechen, -- und nun erzählte er zum
größten Verdruß der Geselschaft seine Geschichte.

Werde, so weit als Ehre und Unschuld es er-
lauben, allen alles, und du wirst dir viel Freunde
machen. Sei auch zuvorkommend, und sage
oder thue dasjenige, wovon du zum voraus
weißt, daß es den Leuten am angenehmsten sein
werde, ehe sie noch einen Wunsch darüber merken
lassen oder es erwarten.

Ich würde nicht fertig werden, wenn ich alle
die unzählbaren Gelegenheiten nahmhaft machen

wolte,

Hals volgepfropft haben, ſo wollen ſie ſich nun
auch entladen, es koſte, was es wolle. Ich habe
einen Man gekant, der eine Geſchichte von einer
Flinte wußte, die er fuͤr artig hielt, und gut zu
erzaͤhlen glaubte. Er verſuchte ein Mittel nach
dem andern, das Geſpraͤch auf Flinten zu lenken;
allein er verfehlte ſeinen Zwek. Ploͤzlich ſprang
er auf von ſeinem Stuhle, und rief: er habe
einen Flintenſchuß gehoͤrt; weil aber die Geſel-
ſchaft ihn verſicherte, man habe nichts dergleichen
gehoͤrt, ſo ſagte er: nun, es kan ſein, daß ich
mich geirt habe; aber weil wir doch einmahl von
Flinten ſprechen, — und nun erzaͤhlte er zum
groͤßten Verdruß der Geſelſchaft ſeine Geſchichte.

Werde, ſo weit als Ehre und Unſchuld es er-
lauben, allen alles, und du wirſt dir viel Freunde
machen. Sei auch zuvorkommend, und ſage
oder thue dasjenige, wovon du zum voraus
weißt, daß es den Leuten am angenehmſten ſein
werde, ehe ſie noch einen Wunſch daruͤber merken
laſſen oder es erwarten.

Ich wuͤrde nicht fertig werden, wenn ich alle
die unzaͤhlbaren Gelegenheiten nahmhaft machen

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[93/0099] Hals volgepfropft haben, ſo wollen ſie ſich nun auch entladen, es koſte, was es wolle. Ich habe einen Man gekant, der eine Geſchichte von einer Flinte wußte, die er fuͤr artig hielt, und gut zu erzaͤhlen glaubte. Er verſuchte ein Mittel nach dem andern, das Geſpraͤch auf Flinten zu lenken; allein er verfehlte ſeinen Zwek. Ploͤzlich ſprang er auf von ſeinem Stuhle, und rief: er habe einen Flintenſchuß gehoͤrt; weil aber die Geſel- ſchaft ihn verſicherte, man habe nichts dergleichen gehoͤrt, ſo ſagte er: nun, es kan ſein, daß ich mich geirt habe; aber weil wir doch einmahl von Flinten ſprechen, — und nun erzaͤhlte er zum groͤßten Verdruß der Geſelſchaft ſeine Geſchichte. Werde, ſo weit als Ehre und Unſchuld es er- lauben, allen alles, und du wirſt dir viel Freunde machen. Sei auch zuvorkommend, und ſage oder thue dasjenige, wovon du zum voraus weißt, daß es den Leuten am angenehmſten ſein werde, ehe ſie noch einen Wunſch daruͤber merken laſſen oder es erwarten. Ich wuͤrde nicht fertig werden, wenn ich alle die unzaͤhlbaren Gelegenheiten nahmhaft machen wolte,

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Zitationshilfe: Campe, Joachim Heinrich: Theophron oder der erfahrne Rathgeber für die unerfahrne Jugend. Bd. 2. Hamburg, 1783, S. 93. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/campe_theophron02_1783/99>, abgerufen am 09.11.2024.