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Campe, Joachim Heinrich: Theophron oder der erfahrne Rathgeber für die unerfahrne Jugend. Bd. 2. Hamburg, 1783.

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keine Gesichtsmuskel. Eine auffallende Unge-
reimtheit, eine handgreifliche Unbesonnenheit, ein
drollichter Fehler im Sprechen und dergleichen
Dinge mehr, die man gewöhnlich komisch nent,
können unter wohlerzognen Leuten wohl ein La-
chen, aber nie ein überlautes oder anhaltendes
Gelächter erwekken.


(Man sagt mir, du hättest viel Lebhaftig-
keit. Diese wird dich nicht hindern, in guter
Geselschaft zu gefallen, sondern vielmehr dir
dazu nüzlich sein, wenn sie durch Wohlanstän-
digkeit gemäßigt, und von Annehmlichkeiten
begleitet wird. Aber ich nehme auch an, daß
es eine Lebhaftigkeit des Geistes sein sol, nicht
eine aus der Leibesbeschaffenheit herrührende Un-
ruhe. Die allerunannehmlichste Verbindung, die
ich nur kenne, ist die von starken Lebensgeistern
mit einem frostigen Verstande. Ein solcher Kerl
ist auf eine beschwerliche Art thätig, auf eine
nichtswürdige Art geschäftig, auf eine thörigte
Art lebhaft. Er schwazt viel, und denkt wenig;
lacht desto mehr, je weniger er Ursache hat.

Hinge-

keine Geſichtsmuſkel. Eine auffallende Unge-
reimtheit, eine handgreifliche Unbeſonnenheit, ein
drollichter Fehler im Sprechen und dergleichen
Dinge mehr, die man gewoͤhnlich komiſch nent,
koͤnnen unter wohlerzognen Leuten wohl ein La-
chen, aber nie ein uͤberlautes oder anhaltendes
Gelaͤchter erwekken.


(Man ſagt mir, du haͤtteſt viel Lebhaftig-
keit. Dieſe wird dich nicht hindern, in guter
Geſelſchaft zu gefallen, ſondern vielmehr dir
dazu nuͤzlich ſein, wenn ſie durch Wohlanſtaͤn-
digkeit gemaͤßigt, und von Annehmlichkeiten
begleitet wird. Aber ich nehme auch an, daß
es eine Lebhaftigkeit des Geiſtes ſein ſol, nicht
eine aus der Leibesbeſchaffenheit herruͤhrende Un-
ruhe. Die allerunannehmlichſte Verbindung, die
ich nur kenne, iſt die von ſtarken Lebensgeiſtern
mit einem froſtigen Verſtande. Ein ſolcher Kerl
iſt auf eine beſchwerliche Art thaͤtig, auf eine
nichtswuͤrdige Art geſchaͤftig, auf eine thoͤrigte
Art lebhaft. Er ſchwazt viel, und denkt wenig;
lacht deſto mehr, je weniger er Urſache hat.

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[58/0064] keine Geſichtsmuſkel. Eine auffallende Unge- reimtheit, eine handgreifliche Unbeſonnenheit, ein drollichter Fehler im Sprechen und dergleichen Dinge mehr, die man gewoͤhnlich komiſch nent, koͤnnen unter wohlerzognen Leuten wohl ein La- chen, aber nie ein uͤberlautes oder anhaltendes Gelaͤchter erwekken. (Man ſagt mir, du haͤtteſt viel Lebhaftig- keit. Dieſe wird dich nicht hindern, in guter Geſelſchaft zu gefallen, ſondern vielmehr dir dazu nuͤzlich ſein, wenn ſie durch Wohlanſtaͤn- digkeit gemaͤßigt, und von Annehmlichkeiten begleitet wird. Aber ich nehme auch an, daß es eine Lebhaftigkeit des Geiſtes ſein ſol, nicht eine aus der Leibesbeſchaffenheit herruͤhrende Un- ruhe. Die allerunannehmlichſte Verbindung, die ich nur kenne, iſt die von ſtarken Lebensgeiſtern mit einem froſtigen Verſtande. Ein ſolcher Kerl iſt auf eine beſchwerliche Art thaͤtig, auf eine nichtswuͤrdige Art geſchaͤftig, auf eine thoͤrigte Art lebhaft. Er ſchwazt viel, und denkt wenig; lacht deſto mehr, je weniger er Urſache hat. Hinge-

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Zitationshilfe: Campe, Joachim Heinrich: Theophron oder der erfahrne Rathgeber für die unerfahrne Jugend. Bd. 2. Hamburg, 1783, S. 58. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/campe_theophron02_1783/64>, abgerufen am 29.11.2024.