um Beistand an. Selbst der an sich geringfügige Umstand, die Kleidung ist keine Kleinigkeit bei solchen Gelegenheiten.
Sei du weder der erste, noch der lezte in der Mode. Kleide dich so gut, als Leute von deinem Range gewöhnlich thun, und lieber etwas besser, als schlechter; und bist du einmahl gekleidet, so laß auch nicht merken, daß du weißt, du habest ein Kleid an; vielmehr sei jede deiner Bewegun- gen so leicht und ungezwungen, als wenn du in deinem Schlafrok wärst. Nur ein Geck schäzt sich nach seinem Kleide; aber auch der Man von Ver- stande wird seinen Anzug nicht vernachlässigen, wenigstens in seiner Jugend nicht. Der ärgste Gek, den ich je gesehen, war zugleich der größte Schlotterer; denn das affektierte Sonderbare in der Kleidung, auf der einen oder der andern Seite, macht eben den Gekken aus; und doch wird jeder- man den alzuzierlich gekleideten Gekken noch dem schlotterichten vorziehen.
(Die meisten der hiesigen jungen Kerle geben durch ihre Kleidung eine oder die andre Denkungs-
art
B 3
um Beiſtand an. Selbſt der an ſich geringfuͤgige Umſtand, die Kleidung iſt keine Kleinigkeit bei ſolchen Gelegenheiten.
Sei du weder der erſte, noch der lezte in der Mode. Kleide dich ſo gut, als Leute von deinem Range gewoͤhnlich thun, und lieber etwas beſſer, als ſchlechter; und biſt du einmahl gekleidet, ſo laß auch nicht merken, daß du weißt, du habeſt ein Kleid an; vielmehr ſei jede deiner Bewegun- gen ſo leicht und ungezwungen, als wenn du in deinem Schlafrok waͤrſt. Nur ein Geck ſchaͤzt ſich nach ſeinem Kleide; aber auch der Man von Ver- ſtande wird ſeinen Anzug nicht vernachlaͤſſigen, wenigſtens in ſeiner Jugend nicht. Der aͤrgſte Gek, den ich je geſehen, war zugleich der groͤßte Schlotterer; denn das affektierte Sonderbare in der Kleidung, auf der einen oder der andern Seite, macht eben den Gekken aus; und doch wird jeder- man den alzuzierlich gekleideten Gekken noch dem ſchlotterichten vorziehen.
(Die meiſten der hieſigen jungen Kerle geben durch ihre Kleidung eine oder die andre Denkungs-
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um Beiſtand an. Selbſt der an ſich geringfuͤgige
Umſtand, die Kleidung iſt keine Kleinigkeit bei
ſolchen Gelegenheiten.
Sei du weder der erſte, noch der lezte in der
Mode. Kleide dich ſo gut, als Leute von deinem
Range gewoͤhnlich thun, und lieber etwas beſſer,
als ſchlechter; und biſt du einmahl gekleidet, ſo
laß auch nicht merken, daß du weißt, du habeſt
ein Kleid an; vielmehr ſei jede deiner Bewegun-
gen ſo leicht und ungezwungen, als wenn du in
deinem Schlafrok waͤrſt. Nur ein Geck ſchaͤzt ſich
nach ſeinem Kleide; aber auch der Man von Ver-
ſtande wird ſeinen Anzug nicht vernachlaͤſſigen,
wenigſtens in ſeiner Jugend nicht. Der aͤrgſte
Gek, den ich je geſehen, war zugleich der groͤßte
Schlotterer; denn das affektierte Sonderbare in
der Kleidung, auf der einen oder der andern Seite,
macht eben den Gekken aus; und doch wird jeder-
man den alzuzierlich gekleideten Gekken noch dem
ſchlotterichten vorziehen.
(Die meiſten der hieſigen jungen Kerle geben
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Campe, Joachim Heinrich: Theophron oder der erfahrne Rathgeber für die unerfahrne Jugend. Bd. 2. Hamburg, 1783, S. 21. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/campe_theophron02_1783/27>, abgerufen am 16.07.2024.
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