Campe, Joachim Heinrich: Theophron oder der erfahrne Rathgeber für die unerfahrne Jugend. Bd. 2. Hamburg, 1783.Geduld ist eine sehr nöthige Eigenschaft zu Es ist allezeit gut, einen Betrug zu entdekken, Ein junger Mensch, sein Verdienst sei so An
Geduld iſt eine ſehr noͤthige Eigenſchaft zu Es iſt allezeit gut, einen Betrug zu entdekken, Ein junger Menſch, ſein Verdienſt ſei ſo An
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0193" n="187"/> <p>Geduld iſt eine ſehr noͤthige Eigenſchaft zu<lb/> Geſchaͤften. Mancher Menſch haͤtte lieber, ihr<lb/> hoͤrtet ſeine Erzaͤhlung an, als ihr bewilligtet ihm<lb/> ſeine Bitte. Man muß ſich das Anſehen geben,<lb/> als hoͤrte man die unbilligen Foderungen der Un-<lb/> beſonnenen ohne Befremdung, die langweiligen<lb/> Erzaͤhlungen der Albernen ohne Ungeduld an.<lb/> Das iſt der geringſte Preis, den man fuͤr einen<lb/> hervorragenden Stand bezahlen muß.</p><lb/> <p>Es iſt allezeit gut, einen Betrug zu entdekken,<lb/> und eine Thorheit inne werden; aber es iſt oft<lb/> nicht gut, eine ſolche Entdekkung merken zu laſſen.<lb/> Ein Man von Geſchaͤften ſolte ſtets die Augen offen<lb/> haben, ſolte aber oft ſie geſchloſſen zu haben ſcheinen.</p><lb/> <p>Ein junger Menſch, ſein Verdienſt ſei ſo<lb/> groß, als es wolle, kan niemahls ſich ſelbſt allein in<lb/> die Hoͤhe helfen; er muß ſich, wie Epheu um die<lb/> Eiche, um irgend einen großen Man von Anſehen<lb/> ſchlingen. Du mußt erſt einige Zeit dem Miniſter<lb/> angehoͤren, ehe jemand dir angehoͤren wird. Un-<lb/> verlezliche Treue gegen dieſen Miniſter, ſelbſt wenn<lb/> er in Ungnade faͤlt, wird verdienſtlich ſein, und<lb/> dich ſeinem Nachfolger empfehlen. Miniſter ha-<lb/> ben Neigung fuͤr ihre Perſon lieber, als fuͤr ihre<lb/> Parthei.</p> <fw place="bottom" type="catch">An</fw><lb/> </div> </body> </text> </TEI> [187/0193]
Geduld iſt eine ſehr noͤthige Eigenſchaft zu
Geſchaͤften. Mancher Menſch haͤtte lieber, ihr
hoͤrtet ſeine Erzaͤhlung an, als ihr bewilligtet ihm
ſeine Bitte. Man muß ſich das Anſehen geben,
als hoͤrte man die unbilligen Foderungen der Un-
beſonnenen ohne Befremdung, die langweiligen
Erzaͤhlungen der Albernen ohne Ungeduld an.
Das iſt der geringſte Preis, den man fuͤr einen
hervorragenden Stand bezahlen muß.
Es iſt allezeit gut, einen Betrug zu entdekken,
und eine Thorheit inne werden; aber es iſt oft
nicht gut, eine ſolche Entdekkung merken zu laſſen.
Ein Man von Geſchaͤften ſolte ſtets die Augen offen
haben, ſolte aber oft ſie geſchloſſen zu haben ſcheinen.
Ein junger Menſch, ſein Verdienſt ſei ſo
groß, als es wolle, kan niemahls ſich ſelbſt allein in
die Hoͤhe helfen; er muß ſich, wie Epheu um die
Eiche, um irgend einen großen Man von Anſehen
ſchlingen. Du mußt erſt einige Zeit dem Miniſter
angehoͤren, ehe jemand dir angehoͤren wird. Un-
verlezliche Treue gegen dieſen Miniſter, ſelbſt wenn
er in Ungnade faͤlt, wird verdienſtlich ſein, und
dich ſeinem Nachfolger empfehlen. Miniſter ha-
ben Neigung fuͤr ihre Perſon lieber, als fuͤr ihre
Parthei.
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