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Campe, Joachim Heinrich: Theophron oder der erfahrne Rathgeber für die unerfahrne Jugend. Bd. 1. Hamburg, 1783.

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meiniglich Zusammenflikkung eines poetisirenden
oder wizelnden Werkchen aus gestohlnen Schnör-
keln, neologischen Wendungen, aufgefangenen,
aber nicht verdauten Gedanken, und Unsin aus
eigener Fabrik) -- und die natürliche Folge da-
von ist, daß sie ihr Amt, welches sie verachten,
oder für eine Galere ansehn, äusserst nachläßig
und mismüthig verwalten, selbst äusserst elend sind,
und alle, welche von ihnen und ihrer Laune ab-
hängen, äusserst elend machen. O mein Sohn,
ich prophezeihe unserm ausgearteten Vaterlande
schlimme Zeiten, wenn nicht bald, bald Anstalten
getroffen werden, unserer Jugend auf Schulen
und Universitäten mehr Geschmak an ernsthaften
sogenanten trokkenen Beschäftigungen einzuflößen,
und ihre Leiber und Selen mänlicher, härter, ar-
beitsamer und ausdaurender zu machen! --
Doch ich nahm mir ja vor, nicht in den Fehler
des Alters zu fallen. Also keine Klagen; sondern
zurük an den eigentlichen Faden unserer dermaligen
Unterhaltung!




Wenn
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meiniglich Zuſammenflikkung eines poetiſirenden
oder wizelnden Werkchen aus geſtohlnen Schnoͤr-
keln, neologiſchen Wendungen, aufgefangenen,
aber nicht verdauten Gedanken, und Unſin aus
eigener Fabrik) — und die natuͤrliche Folge da-
von iſt, daß ſie ihr Amt, welches ſie verachten,
oder fuͤr eine Galere anſehn, aͤuſſerſt nachlaͤßig
und mismuͤthig verwalten, ſelbſt aͤuſſerſt elend ſind,
und alle, welche von ihnen und ihrer Laune ab-
haͤngen, aͤuſſerſt elend machen. O mein Sohn,
ich prophezeihe unſerm ausgearteten Vaterlande
ſchlimme Zeiten, wenn nicht bald, bald Anſtalten
getroffen werden, unſerer Jugend auf Schulen
und Univerſitaͤten mehr Geſchmak an ernſthaften
ſogenanten trokkenen Beſchaͤftigungen einzufloͤßen,
und ihre Leiber und Selen maͤnlicher, haͤrter, ar-
beitſamer und ausdaurender zu machen! —
Doch ich nahm mir ja vor, nicht in den Fehler
des Alters zu fallen. Alſo keine Klagen; ſondern
zuruͤk an den eigentlichen Faden unſerer dermaligen
Unterhaltung!




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[53/0083] meiniglich Zuſammenflikkung eines poetiſirenden oder wizelnden Werkchen aus geſtohlnen Schnoͤr- keln, neologiſchen Wendungen, aufgefangenen, aber nicht verdauten Gedanken, und Unſin aus eigener Fabrik) — und die natuͤrliche Folge da- von iſt, daß ſie ihr Amt, welches ſie verachten, oder fuͤr eine Galere anſehn, aͤuſſerſt nachlaͤßig und mismuͤthig verwalten, ſelbſt aͤuſſerſt elend ſind, und alle, welche von ihnen und ihrer Laune ab- haͤngen, aͤuſſerſt elend machen. O mein Sohn, ich prophezeihe unſerm ausgearteten Vaterlande ſchlimme Zeiten, wenn nicht bald, bald Anſtalten getroffen werden, unſerer Jugend auf Schulen und Univerſitaͤten mehr Geſchmak an ernſthaften ſogenanten trokkenen Beſchaͤftigungen einzufloͤßen, und ihre Leiber und Selen maͤnlicher, haͤrter, ar- beitſamer und ausdaurender zu machen! — Doch ich nahm mir ja vor, nicht in den Fehler des Alters zu fallen. Alſo keine Klagen; ſondern zuruͤk an den eigentlichen Faden unſerer dermaligen Unterhaltung! Wenn D 3

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Zitationshilfe: Campe, Joachim Heinrich: Theophron oder der erfahrne Rathgeber für die unerfahrne Jugend. Bd. 1. Hamburg, 1783, S. 53. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/campe_theophron01_1783/83>, abgerufen am 28.11.2024.