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Campe, Joachim Heinrich: Theophron oder der erfahrne Rathgeber für die unerfahrne Jugend. Bd. 1. Hamburg, 1783.

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derbende Speise mit heisser Gierigkeit, und laufen
dan von Haus zu Haus, von Nachttische zu Nacht-
tische, um sie mit der Brühe einer affektirten De-
klamazion und Gesichtsverzerrung noch widerlicher
und ekelhafter wieder von sich zu geben. Unter
solchen armseeligen Beschäftigungen schleudern sie
die unwiederbringlichen Jahre fort, in welchen sie
sich zu einem zufriedenen und gemeinnüzigen Leben
vorbereiten solten.

Jezt treten sie in die große Welt, den Kopf
vol Schöngeisterei, das Herz von Hochmuth auf-
geblasen; man vertrauet ihnen Aemter an, weil
es entweder an bessern Subjekten mangelt, oder
weil sie Mittel fanden, hier die kabalirende
Frau eines vielvermögenden Mannes, dort
das intrigante Kammermädchen einer vielvermö-
genden Dame, bald auf diese, bald auf jene
Weise zu ihrem Vortheil einzunehmen. Nun sol
gearbeitet werden; aber kaum haben sie ihre Be-
rufsgeschäfte mit den Lippen berührt, so scheinen
sie ihnen schon unerträglich ekelhaft zu sein. Sie
glauben Fähigkeit und Beruf zu etwas Hö-
herem in sich zu fühlen (und dieses Höhere ist ge-

meiniglich

derbende Speiſe mit heiſſer Gierigkeit, und laufen
dan von Haus zu Haus, von Nachttiſche zu Nacht-
tiſche, um ſie mit der Bruͤhe einer affektirten De-
klamazion und Geſichtsverzerrung noch widerlicher
und ekelhafter wieder von ſich zu geben. Unter
ſolchen armſeeligen Beſchaͤftigungen ſchleudern ſie
die unwiederbringlichen Jahre fort, in welchen ſie
ſich zu einem zufriedenen und gemeinnuͤzigen Leben
vorbereiten ſolten.

Jezt treten ſie in die große Welt, den Kopf
vol Schoͤngeiſterei, das Herz von Hochmuth auf-
geblaſen; man vertrauet ihnen Aemter an, weil
es entweder an beſſern Subjekten mangelt, oder
weil ſie Mittel fanden, hier die kabalirende
Frau eines vielvermoͤgenden Mannes, dort
das intrigante Kammermaͤdchen einer vielvermoͤ-
genden Dame, bald auf dieſe, bald auf jene
Weiſe zu ihrem Vortheil einzunehmen. Nun ſol
gearbeitet werden; aber kaum haben ſie ihre Be-
rufsgeſchaͤfte mit den Lippen beruͤhrt, ſo ſcheinen
ſie ihnen ſchon unertraͤglich ekelhaft zu ſein. Sie
glauben Faͤhigkeit und Beruf zu etwas Hoͤ-
herem in ſich zu fuͤhlen (und dieſes Hoͤhere iſt ge-

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[52/0082] derbende Speiſe mit heiſſer Gierigkeit, und laufen dan von Haus zu Haus, von Nachttiſche zu Nacht- tiſche, um ſie mit der Bruͤhe einer affektirten De- klamazion und Geſichtsverzerrung noch widerlicher und ekelhafter wieder von ſich zu geben. Unter ſolchen armſeeligen Beſchaͤftigungen ſchleudern ſie die unwiederbringlichen Jahre fort, in welchen ſie ſich zu einem zufriedenen und gemeinnuͤzigen Leben vorbereiten ſolten. Jezt treten ſie in die große Welt, den Kopf vol Schoͤngeiſterei, das Herz von Hochmuth auf- geblaſen; man vertrauet ihnen Aemter an, weil es entweder an beſſern Subjekten mangelt, oder weil ſie Mittel fanden, hier die kabalirende Frau eines vielvermoͤgenden Mannes, dort das intrigante Kammermaͤdchen einer vielvermoͤ- genden Dame, bald auf dieſe, bald auf jene Weiſe zu ihrem Vortheil einzunehmen. Nun ſol gearbeitet werden; aber kaum haben ſie ihre Be- rufsgeſchaͤfte mit den Lippen beruͤhrt, ſo ſcheinen ſie ihnen ſchon unertraͤglich ekelhaft zu ſein. Sie glauben Faͤhigkeit und Beruf zu etwas Hoͤ- herem in ſich zu fuͤhlen (und dieſes Hoͤhere iſt ge- meiniglich

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Zitationshilfe: Campe, Joachim Heinrich: Theophron oder der erfahrne Rathgeber für die unerfahrne Jugend. Bd. 1. Hamburg, 1783, S. 52. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/campe_theophron01_1783/82>, abgerufen am 28.11.2024.