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Campe, Joachim Heinrich: Theophron oder der erfahrne Rathgeber für die unerfahrne Jugend. Bd. 1. Hamburg, 1783.

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von denen, die schon da sind, befreien solte; der
Arzt jagt Schmetterlingen nach, und läßt seine
Kranken ächzen, so viel sie wollen; der Schuster
endlich läßt die Leute barfuß gehn, und seine Kin-
der hungern, um in der Schenke die Zeitungen
zu lesen, Krieg und Frieden zu beschließen, und
die Könige nach Gefallen ein- und abzusezen.

Vornehmlich reißt diese Thorheit, zum großen
Nachtheil der menschlichen Geselschaft, immer
mehr und mehr unter jungen Leuten ein.
Aus genauer Kentniß einiger Akademien kan ich
versichern, daß unter zwanzigen, vielleicht unter
mehreren jungen Studierenden heutiges Tages
kaum einer noch gefunden wird, dem die wirk-
liche Vorbereitung zu seinem künftigen Berufe in
der That am Herzen läge. Alle Studien, welche
darauf abzielen, scheinen ihnen trokken, unfrucht-
bar, verächtlich zu sein. Thät' es die Furcht vor
dem künftigen Examen nicht; sie würden sie gänz-
lich liegen lassen. Aber mit der ganzen Inbrunst
eines feurigen Liebhabers fallen sie über jedes süß-
liche, empfindelnde, faselnde Gedichtchen her, ver-
schlingen diese nahrungslose Saft- und Markver-

derbende
D 2

von denen, die ſchon da ſind, befreien ſolte; der
Arzt jagt Schmetterlingen nach, und laͤßt ſeine
Kranken aͤchzen, ſo viel ſie wollen; der Schuſter
endlich laͤßt die Leute barfuß gehn, und ſeine Kin-
der hungern, um in der Schenke die Zeitungen
zu leſen, Krieg und Frieden zu beſchließen, und
die Koͤnige nach Gefallen ein- und abzuſezen.

Vornehmlich reißt dieſe Thorheit, zum großen
Nachtheil der menſchlichen Geſelſchaft, immer
mehr und mehr unter jungen Leuten ein.
Aus genauer Kentniß einiger Akademien kan ich
verſichern, daß unter zwanzigen, vielleicht unter
mehreren jungen Studierenden heutiges Tages
kaum einer noch gefunden wird, dem die wirk-
liche Vorbereitung zu ſeinem kuͤnftigen Berufe in
der That am Herzen laͤge. Alle Studien, welche
darauf abzielen, ſcheinen ihnen trokken, unfrucht-
bar, veraͤchtlich zu ſein. Thaͤt’ es die Furcht vor
dem kuͤnftigen Examen nicht; ſie wuͤrden ſie gaͤnz-
lich liegen laſſen. Aber mit der ganzen Inbrunſt
eines feurigen Liebhabers fallen ſie uͤber jedes ſuͤß-
liche, empfindelnde, faſelnde Gedichtchen her, ver-
ſchlingen dieſe nahrungsloſe Saft- und Markver-

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[51/0081] von denen, die ſchon da ſind, befreien ſolte; der Arzt jagt Schmetterlingen nach, und laͤßt ſeine Kranken aͤchzen, ſo viel ſie wollen; der Schuſter endlich laͤßt die Leute barfuß gehn, und ſeine Kin- der hungern, um in der Schenke die Zeitungen zu leſen, Krieg und Frieden zu beſchließen, und die Koͤnige nach Gefallen ein- und abzuſezen. Vornehmlich reißt dieſe Thorheit, zum großen Nachtheil der menſchlichen Geſelſchaft, immer mehr und mehr unter jungen Leuten ein. Aus genauer Kentniß einiger Akademien kan ich verſichern, daß unter zwanzigen, vielleicht unter mehreren jungen Studierenden heutiges Tages kaum einer noch gefunden wird, dem die wirk- liche Vorbereitung zu ſeinem kuͤnftigen Berufe in der That am Herzen laͤge. Alle Studien, welche darauf abzielen, ſcheinen ihnen trokken, unfrucht- bar, veraͤchtlich zu ſein. Thaͤt’ es die Furcht vor dem kuͤnftigen Examen nicht; ſie wuͤrden ſie gaͤnz- lich liegen laſſen. Aber mit der ganzen Inbrunſt eines feurigen Liebhabers fallen ſie uͤber jedes ſuͤß- liche, empfindelnde, faſelnde Gedichtchen her, ver- ſchlingen dieſe nahrungsloſe Saft- und Markver- derbende D 2

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Zitationshilfe: Campe, Joachim Heinrich: Theophron oder der erfahrne Rathgeber für die unerfahrne Jugend. Bd. 1. Hamburg, 1783, S. 51. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/campe_theophron01_1783/81>, abgerufen am 22.11.2024.