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Campe, Joachim Heinrich: Theophron oder der erfahrne Rathgeber für die unerfahrne Jugend. Bd. 1. Hamburg, 1783.

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unter allen Wesen -- auf Gott, die Sphäre
unserer Vorstellungen ausnehmend aufkläre und
erweitere, und dadurch unsere Denkkraft selbst
auf eine merkliche Weise stärke und thätiger mache.
Ists nicht so: indem wir jezt, in feierlicher Stille,
dieser prachtvollen und rührenden Abendscene der
Natur zusehen, fühlen wir da nicht unser ganzes
geistiges Wesen gleichsam anschwellen, sich in un-
serm Innersten drängen, und zu jedem großen Ge-
danken, zu jeder edlen und muthigen Entschlies-
sung, weit fähiger und weit aufgelegter, als vor-
her? Und wie schwilt nicht erst unser Herz von
seeligen Empfindungen auf, wenn unser Geist
durch diesen Anblik beflügelt, aus der Tiefe
dieser schönen Gegend hinauf zu dem höchsten
Gipfel der Werke Gottes, den unsere Einbildungs-
kraft erreichen kan, und von da zu ihm, dem
großen Urheber des Ganzen selbst, sich hin schwingt,
und in entferntem Anschauen des Unendlichen sich
verliert! O das muß man selbst erfahren haben,
um es in der todten Beschreibung wieder zu
finden!


Hier

unter allen Weſen — auf Gott, die Sphaͤre
unſerer Vorſtellungen ausnehmend aufklaͤre und
erweitere, und dadurch unſere Denkkraft ſelbſt
auf eine merkliche Weiſe ſtaͤrke und thaͤtiger mache.
Iſts nicht ſo: indem wir jezt, in feierlicher Stille,
dieſer prachtvollen und ruͤhrenden Abendſcene der
Natur zuſehen, fuͤhlen wir da nicht unſer ganzes
geiſtiges Weſen gleichſam anſchwellen, ſich in un-
ſerm Innerſten draͤngen, und zu jedem großen Ge-
danken, zu jeder edlen und muthigen Entſchlieſ-
ſung, weit faͤhiger und weit aufgelegter, als vor-
her? Und wie ſchwilt nicht erſt unſer Herz von
ſeeligen Empfindungen auf, wenn unſer Geiſt
durch dieſen Anblik befluͤgelt, aus der Tiefe
dieſer ſchoͤnen Gegend hinauf zu dem hoͤchſten
Gipfel der Werke Gottes, den unſere Einbildungs-
kraft erreichen kan, und von da zu ihm, dem
großen Urheber des Ganzen ſelbſt, ſich hin ſchwingt,
und in entferntem Anſchauen des Unendlichen ſich
verliert! O das muß man ſelbſt erfahren haben,
um es in der todten Beſchreibung wieder zu
finden!


Hier
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[42/0072] unter allen Weſen — auf Gott, die Sphaͤre unſerer Vorſtellungen ausnehmend aufklaͤre und erweitere, und dadurch unſere Denkkraft ſelbſt auf eine merkliche Weiſe ſtaͤrke und thaͤtiger mache. Iſts nicht ſo: indem wir jezt, in feierlicher Stille, dieſer prachtvollen und ruͤhrenden Abendſcene der Natur zuſehen, fuͤhlen wir da nicht unſer ganzes geiſtiges Weſen gleichſam anſchwellen, ſich in un- ſerm Innerſten draͤngen, und zu jedem großen Ge- danken, zu jeder edlen und muthigen Entſchlieſ- ſung, weit faͤhiger und weit aufgelegter, als vor- her? Und wie ſchwilt nicht erſt unſer Herz von ſeeligen Empfindungen auf, wenn unſer Geiſt durch dieſen Anblik befluͤgelt, aus der Tiefe dieſer ſchoͤnen Gegend hinauf zu dem hoͤchſten Gipfel der Werke Gottes, den unſere Einbildungs- kraft erreichen kan, und von da zu ihm, dem großen Urheber des Ganzen ſelbſt, ſich hin ſchwingt, und in entferntem Anſchauen des Unendlichen ſich verliert! O das muß man ſelbſt erfahren haben, um es in der todten Beſchreibung wieder zu finden! Hier

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Zitationshilfe: Campe, Joachim Heinrich: Theophron oder der erfahrne Rathgeber für die unerfahrne Jugend. Bd. 1. Hamburg, 1783, S. 42. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/campe_theophron01_1783/72>, abgerufen am 25.11.2024.