Denn zu geschweigen, daß alle Kräfte, so- wohl die geistigen, als auch die körperlichen, selbst dabei verlieren, und nach und nach zu Grunde gerichtet werden: so würde dieser Mißbrauch der- selben schon um deswillen gar sehr zu wider- rathen sein, weil ein Mensch, der solche Ueber- spannungen oft erfährt, alle diejenigen, welche um ihn sind, vornehmlich seine Familie, und eben dadurch auch sich selbst, nach und nach un- fehlbar elend macht.
Denn es ist in der Natur des Körpers und der Sele gegründet, daß auf jede Ueberspannung unserer Kräfte eine gewisse Unbehäglichkeit, eine gewisse Geneigtheit zum verdrüslichen, mürri- schen Wesen folgen muß, welches sich eben so sehr, als unsere freudigen Empfindungen, zur Mittheilung in uns drengt. Kömt nun der un- mäßige Arbeiter mit einer solchen Gemüthsfaßung aus seinem Kabinette in den Schooß seiner Fa- milie zurük: was ist natürlicher, als daß er an den zärtlichen Liebkosungen seiner treuen, nach seiner Gegenwart schmachtenden Gattin und an dem freudigen Gewühl seiner Kleinen um ihn
her,
Denn zu geſchweigen, daß alle Kraͤfte, ſo- wohl die geiſtigen, als auch die koͤrperlichen, ſelbſt dabei verlieren, und nach und nach zu Grunde gerichtet werden: ſo wuͤrde dieſer Mißbrauch der- ſelben ſchon um deswillen gar ſehr zu wider- rathen ſein, weil ein Menſch, der ſolche Ueber- ſpannungen oft erfaͤhrt, alle diejenigen, welche um ihn ſind, vornehmlich ſeine Familie, und eben dadurch auch ſich ſelbſt, nach und nach un- fehlbar elend macht.
Denn es iſt in der Natur des Koͤrpers und der Sele gegruͤndet, daß auf jede Ueberſpannung unſerer Kraͤfte eine gewiſſe Unbehaͤglichkeit, eine gewiſſe Geneigtheit zum verdruͤslichen, muͤrri- ſchen Weſen folgen muß, welches ſich eben ſo ſehr, als unſere freudigen Empfindungen, zur Mittheilung in uns drengt. Koͤmt nun der un- maͤßige Arbeiter mit einer ſolchen Gemuͤthsfaßung aus ſeinem Kabinette in den Schooß ſeiner Fa- milie zuruͤk: was iſt natuͤrlicher, als daß er an den zaͤrtlichen Liebkoſungen ſeiner treuen, nach ſeiner Gegenwart ſchmachtenden Gattin und an dem freudigen Gewuͤhl ſeiner Kleinen um ihn
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Denn zu geſchweigen, daß alle Kraͤfte, ſo-
wohl die geiſtigen, als auch die koͤrperlichen, ſelbſt
dabei verlieren, und nach und nach zu Grunde
gerichtet werden: ſo wuͤrde dieſer Mißbrauch der-
ſelben ſchon um deswillen gar ſehr zu wider-
rathen ſein, weil ein Menſch, der ſolche Ueber-
ſpannungen oft erfaͤhrt, alle diejenigen, welche
um ihn ſind, vornehmlich ſeine Familie, und
eben dadurch auch ſich ſelbſt, nach und nach un-
fehlbar elend macht.
Denn es iſt in der Natur des Koͤrpers und
der Sele gegruͤndet, daß auf jede Ueberſpannung
unſerer Kraͤfte eine gewiſſe Unbehaͤglichkeit, eine
gewiſſe Geneigtheit zum verdruͤslichen, muͤrri-
ſchen Weſen folgen muß, welches ſich eben ſo
ſehr, als unſere freudigen Empfindungen, zur
Mittheilung in uns drengt. Koͤmt nun der un-
maͤßige Arbeiter mit einer ſolchen Gemuͤthsfaßung
aus ſeinem Kabinette in den Schooß ſeiner Fa-
milie zuruͤk: was iſt natuͤrlicher, als daß er an
den zaͤrtlichen Liebkoſungen ſeiner treuen, nach
ſeiner Gegenwart ſchmachtenden Gattin und an
dem freudigen Gewuͤhl ſeiner Kleinen um ihn
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Campe, Joachim Heinrich: Theophron oder der erfahrne Rathgeber für die unerfahrne Jugend. Bd. 1. Hamburg, 1783, S. 32. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/campe_theophron01_1783/62>, abgerufen am 16.02.2025.
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