Campe, Joachim Heinrich: Theophron oder der erfahrne Rathgeber für die unerfahrne Jugend. Bd. 1. Hamburg, 1783.lich den nazionalen Muth in Gefahren und den Strebe *) Indem der weise und gute Antonin die Wohl-
thaten aufzählt, welche der Himmel ihm wäh- rend seines Lebens erwiesen, rechnet er vor- nehmlich auch dieses hinzu, daß er ihn be- wahrt habe, -- ein schöner Geist zu werden. "Den Göttern habe ich es zu verdanken, sagt er, daß ich in der Rhetorik, der Poesie, und in andern ähnlichen Studien keine grössere lich den nazionalen Muth in Gefahren und den Strebe *) Indem der weiſe und gute Antonin die Wohl-
thaten aufzaͤhlt, welche der Himmel ihm waͤh- rend ſeines Lebens erwieſen, rechnet er vor- nehmlich auch dieſes hinzu, daß er ihn be- wahrt habe, — ein ſchoͤner Geiſt zu werden. “Den Goͤttern habe ich es zu verdanken, ſagt er, daß ich in der Rhetorik, der Poeſie, und in andern aͤhnlichen Studien keine groͤſſere <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0059" n="29"/> lich den nazionalen Muth in Gefahren und den<lb/> ruhigen heitern Biderſin bei jeder Abwechſelung<lb/> des Schikſals, immer mehr und mehr abnehmen,<lb/> kraͤnkeln, hinſinken und abſterben geſehen. Und<lb/> bei dieſer Lage der Menſchheit ſolt’ es noch im-<lb/> mer fuͤr ein auszeichnendes Verdienſt gehalten<lb/> werden, die Werkzeuge jener ungluͤklichen einſei-<lb/> tigen Kultur zu vermehren? Ins Unendliche<lb/> zu vervielfaͤltigen? Glaube mir, mein Sohn, es<lb/> iſt <hi rendition="#fr">jezt</hi> in den meiſten Faͤllen ein viel verdienſtli-<lb/> cheres Werk, eine Quadratruthe Moorland urbar<lb/> gemacht, oder einen Stein Flachs geſponnen zu<lb/> haben, als der Verfaſſer eines Schauſpiels, eines<lb/> Romans, oder eines Baͤndchen allerliebſter Ge-<lb/> dichtchen zu ſein. <note xml:id="note-0059" next="#note-0060" place="foot" n="*)">Indem der weiſe und gute Antonin die Wohl-<lb/> thaten aufzaͤhlt, welche der Himmel ihm waͤh-<lb/> rend ſeines Lebens erwieſen, rechnet er vor-<lb/> nehmlich auch dieſes hinzu, daß er ihn be-<lb/> wahrt habe, — ein <hi rendition="#fr">ſchoͤner Geiſt zu werden.<lb/> “Den Goͤttern habe ich es zu verdanken,<lb/> ſagt er, daß ich in der Rhetorik, der Poeſie,<lb/> und in andern aͤhnlichen Studien keine</hi><lb/> <fw place="bottom" type="catch"><hi rendition="#fr">groͤſſere</hi></fw></note></p><lb/> <fw place="bottom" type="catch">Strebe</fw><lb/> </div> </body> </text> </TEI> [29/0059]
lich den nazionalen Muth in Gefahren und den
ruhigen heitern Biderſin bei jeder Abwechſelung
des Schikſals, immer mehr und mehr abnehmen,
kraͤnkeln, hinſinken und abſterben geſehen. Und
bei dieſer Lage der Menſchheit ſolt’ es noch im-
mer fuͤr ein auszeichnendes Verdienſt gehalten
werden, die Werkzeuge jener ungluͤklichen einſei-
tigen Kultur zu vermehren? Ins Unendliche
zu vervielfaͤltigen? Glaube mir, mein Sohn, es
iſt jezt in den meiſten Faͤllen ein viel verdienſtli-
cheres Werk, eine Quadratruthe Moorland urbar
gemacht, oder einen Stein Flachs geſponnen zu
haben, als der Verfaſſer eines Schauſpiels, eines
Romans, oder eines Baͤndchen allerliebſter Ge-
dichtchen zu ſein. *)
Strebe
*) Indem der weiſe und gute Antonin die Wohl-
thaten aufzaͤhlt, welche der Himmel ihm waͤh-
rend ſeines Lebens erwieſen, rechnet er vor-
nehmlich auch dieſes hinzu, daß er ihn be-
wahrt habe, — ein ſchoͤner Geiſt zu werden.
“Den Goͤttern habe ich es zu verdanken,
ſagt er, daß ich in der Rhetorik, der Poeſie,
und in andern aͤhnlichen Studien keine
groͤſſere
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