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Campe, Joachim Heinrich: Theophron oder der erfahrne Rathgeber für die unerfahrne Jugend. Bd. 1. Hamburg, 1783.

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möglich sind, dich hervorthun, doch ohne dieses
Hervorthun zum Zwek deiner Thaten zu machen;
solst dir dadurch den Weg zu Ehren und Wür-
den bahnen, aber nicht, als wenn diese Ehren
und Würden an sich selbst etwas Wünschens-
werthes, das Endziel unserer Bestrebungen
wären; sondern weil sie Mittel sind, wodurch
wir höhere, wirklich wünschenswerthe Zwekke
erreichen können.

Und dazu, glaube mir, mein Sohn, bedarf
es keines ängstlichen Hervordrängens, keines ge-
suchten Schimmers, der die Augen der Leute auf
sich zieht. Der Man von Verdienst hat schon
von selbst, wenn ich mich so ausdrükken darf,
eine gewisse Witterung, welche die Kenner
aufmerksam auf ihn macht, und es ist ihm bei-
nahe unmöglich, in der Länge verborgen oder ver-
kant zu bleiben. Und bliebe er's auch: nun, so
würde er doch nicht vergebens da gewesen sein;
es würde ihm, wie der Sonne, gehn, wenn der
Dunstkreis mit dikken Wolken angefült ist. Als-
dan erleuchtet und erwärmt sie den Erdkreis, ohne
selbst gesehen zu werden. Aber ist sie deswegen

weniger

moͤglich ſind, dich hervorthun, doch ohne dieſes
Hervorthun zum Zwek deiner Thaten zu machen;
ſolſt dir dadurch den Weg zu Ehren und Wuͤr-
den bahnen, aber nicht, als wenn dieſe Ehren
und Wuͤrden an ſich ſelbſt etwas Wuͤnſchens-
werthes, das Endziel unſerer Beſtrebungen
waͤren; ſondern weil ſie Mittel ſind, wodurch
wir hoͤhere, wirklich wuͤnſchenswerthe Zwekke
erreichen koͤnnen.

Und dazu, glaube mir, mein Sohn, bedarf
es keines aͤngſtlichen Hervordraͤngens, keines ge-
ſuchten Schimmers, der die Augen der Leute auf
ſich zieht. Der Man von Verdienſt hat ſchon
von ſelbſt, wenn ich mich ſo ausdruͤkken darf,
eine gewiſſe Witterung, welche die Kenner
aufmerkſam auf ihn macht, und es iſt ihm bei-
nahe unmoͤglich, in der Laͤnge verborgen oder ver-
kant zu bleiben. Und bliebe er’s auch: nun, ſo
wuͤrde er doch nicht vergebens da geweſen ſein;
es wuͤrde ihm, wie der Sonne, gehn, wenn der
Dunſtkreis mit dikken Wolken angefuͤlt iſt. Als-
dan erleuchtet und erwaͤrmt ſie den Erdkreis, ohne
ſelbſt geſehen zu werden. Aber iſt ſie deswegen

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[20/0050] moͤglich ſind, dich hervorthun, doch ohne dieſes Hervorthun zum Zwek deiner Thaten zu machen; ſolſt dir dadurch den Weg zu Ehren und Wuͤr- den bahnen, aber nicht, als wenn dieſe Ehren und Wuͤrden an ſich ſelbſt etwas Wuͤnſchens- werthes, das Endziel unſerer Beſtrebungen waͤren; ſondern weil ſie Mittel ſind, wodurch wir hoͤhere, wirklich wuͤnſchenswerthe Zwekke erreichen koͤnnen. Und dazu, glaube mir, mein Sohn, bedarf es keines aͤngſtlichen Hervordraͤngens, keines ge- ſuchten Schimmers, der die Augen der Leute auf ſich zieht. Der Man von Verdienſt hat ſchon von ſelbſt, wenn ich mich ſo ausdruͤkken darf, eine gewiſſe Witterung, welche die Kenner aufmerkſam auf ihn macht, und es iſt ihm bei- nahe unmoͤglich, in der Laͤnge verborgen oder ver- kant zu bleiben. Und bliebe er’s auch: nun, ſo wuͤrde er doch nicht vergebens da geweſen ſein; es wuͤrde ihm, wie der Sonne, gehn, wenn der Dunſtkreis mit dikken Wolken angefuͤlt iſt. Als- dan erleuchtet und erwaͤrmt ſie den Erdkreis, ohne ſelbſt geſehen zu werden. Aber iſt ſie deswegen weniger

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Zitationshilfe: Campe, Joachim Heinrich: Theophron oder der erfahrne Rathgeber für die unerfahrne Jugend. Bd. 1. Hamburg, 1783, S. 20. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/campe_theophron01_1783/50>, abgerufen am 21.11.2024.