zum Karngaul tüchtig sein. Mache selbst die Anwendung.
Eine zweite Bedenklichkeit, die man mir ent- gegen sezen könte, ist eben so ungegründet. Wie sol aber, könte einer fragen, ein junger Mensch sein Glük machen, wenn er sich nicht frühzeitig hervorzuthun, vor andern auszuzeichnen sucht? Sein Glük machen? Das sol vermuthlich so viel heissen, als einträgliche Ehrenämter, Titel und Würden erlangen? Wenn das der Sin dieser Phrase ist (wie er es in dem gemeinen Sprachgebrauche denn wirklich ist): so hatt' ich in meinen jüngern Jahren so gut, als einer meines Standes, mein Glük auch gemacht, und es stand lediglich bei mir, es noch weiter zu machen. Und doch muß ich, als ein ehrlicher Man betheuern, daß ich meine wirkliche Glük- seeligkeit erst von dem Tage an datire, da ich auf jenes gemachte und noch zu machende Glük frei- willig Verzicht that, um von der Welt vergessen, in dieser stillen Gegend, mir und meinen Lieben zu leben, und ohne Geräusch im Kleinen Guts zu thun.
Zwar
zum Karngaul tuͤchtig ſein. Mache ſelbſt die Anwendung.
Eine zweite Bedenklichkeit, die man mir ent- gegen ſezen koͤnte, iſt eben ſo ungegruͤndet. Wie ſol aber, koͤnte einer fragen, ein junger Menſch ſein Gluͤk machen, wenn er ſich nicht fruͤhzeitig hervorzuthun, vor andern auszuzeichnen ſucht? Sein Gluͤk machen? Das ſol vermuthlich ſo viel heiſſen, als eintraͤgliche Ehrenaͤmter, Titel und Wuͤrden erlangen? Wenn das der Sin dieſer Phraſe iſt (wie er es in dem gemeinen Sprachgebrauche denn wirklich iſt): ſo hatt’ ich in meinen juͤngern Jahren ſo gut, als einer meines Standes, mein Gluͤk auch gemacht, und es ſtand lediglich bei mir, es noch weiter zu machen. Und doch muß ich, als ein ehrlicher Man betheuern, daß ich meine wirkliche Gluͤk- ſeeligkeit erſt von dem Tage an datire, da ich auf jenes gemachte und noch zu machende Gluͤk frei- willig Verzicht that, um von der Welt vergeſſen, in dieſer ſtillen Gegend, mir und meinen Lieben zu leben, und ohne Geraͤuſch im Kleinen Guts zu thun.
Zwar
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zum Karngaul tuͤchtig ſein. Mache ſelbſt die
Anwendung.
Eine zweite Bedenklichkeit, die man mir ent-
gegen ſezen koͤnte, iſt eben ſo ungegruͤndet. Wie
ſol aber, koͤnte einer fragen, ein junger Menſch
ſein Gluͤk machen, wenn er ſich nicht fruͤhzeitig
hervorzuthun, vor andern auszuzeichnen ſucht?
Sein Gluͤk machen? Das ſol vermuthlich ſo
viel heiſſen, als eintraͤgliche Ehrenaͤmter, Titel
und Wuͤrden erlangen? Wenn das der Sin
dieſer Phraſe iſt (wie er es in dem gemeinen
Sprachgebrauche denn wirklich iſt): ſo hatt’ ich
in meinen juͤngern Jahren ſo gut, als einer
meines Standes, mein Gluͤk auch gemacht, und
es ſtand lediglich bei mir, es noch weiter zu
machen. Und doch muß ich, als ein ehrlicher
Man betheuern, daß ich meine wirkliche Gluͤk-
ſeeligkeit erſt von dem Tage an datire, da ich auf
jenes gemachte und noch zu machende Gluͤk frei-
willig Verzicht that, um von der Welt vergeſſen,
in dieſer ſtillen Gegend, mir und meinen Lieben
zu leben, und ohne Geraͤuſch im Kleinen Guts
zu thun.
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Campe, Joachim Heinrich: Theophron oder der erfahrne Rathgeber für die unerfahrne Jugend. Bd. 1. Hamburg, 1783, S. 18. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/campe_theophron01_1783/48>, abgerufen am 11.12.2024.
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