und deine ganze irdische Glükseeligkeit zu verscherzen. Denke nicht: ich werde an dem oder dem Tage so oder so viel einzunehmen haben, und kan daher meiner Kasse das daraus Ent- lehnte vor der Ablieferungszeit wieder ersezen. Denn auch die allersichersten Geldzuflüsse gerathen oft durch einen sonderbaren und ganz unerwar- teten Zufal ins Stokken, und selbst die ehrlichsten und reichsten Leute lassen uns zuweilen, entweder aus Vergessenheit, oder aus Unvermögen, wider alle unsere Erwartung plözlich im Stiche. Wehe dem, der diese Erfahrung erst dan macht, wan er sie mit dem Verluste seines ehrlichen Nah- mens und seiner Glükseeligkeit erkaufen muß! Frage auf den Festungen und in den Gefängnissen nach, und man wird dir überal lebendige Beispiele solcher Unglüklichen zeigen, welche ihren Unver- stand zu spät beseufzen.
Alle deine Verträge, Zusagen und Ver- bindungen mache so bestimt und plan als möglich, und, wenn es immer geschehen
kan,
und deine ganze irdiſche Gluͤkſeeligkeit zu verſcherzen. Denke nicht: ich werde an dem oder dem Tage ſo oder ſo viel einzunehmen haben, und kan daher meiner Kaſſe das daraus Ent- lehnte vor der Ablieferungszeit wieder erſezen. Denn auch die allerſicherſten Geldzufluͤſſe gerathen oft durch einen ſonderbaren und ganz unerwar- teten Zufal ins Stokken, und ſelbſt die ehrlichſten und reichſten Leute laſſen uns zuweilen, entweder aus Vergeſſenheit, oder aus Unvermoͤgen, wider alle unſere Erwartung ploͤzlich im Stiche. Wehe dem, der dieſe Erfahrung erſt dan macht, wan er ſie mit dem Verluſte ſeines ehrlichen Nah- mens und ſeiner Gluͤkſeeligkeit erkaufen muß! Frage auf den Feſtungen und in den Gefaͤngniſſen nach, und man wird dir uͤberal lebendige Beiſpiele ſolcher Ungluͤklichen zeigen, welche ihren Unver- ſtand zu ſpaͤt beſeufzen.
Alle deine Vertraͤge, Zuſagen und Ver- bindungen mache ſo beſtimt und plan als moͤglich, und, wenn es immer geſchehen
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und deine ganze irdiſche Gluͤkſeeligkeit zu
verſcherzen. Denke nicht: ich werde an dem
oder dem Tage ſo oder ſo viel einzunehmen haben,
und kan daher meiner Kaſſe das daraus Ent-
lehnte vor der Ablieferungszeit wieder erſezen.
Denn auch die allerſicherſten Geldzufluͤſſe gerathen
oft durch einen ſonderbaren und ganz unerwar-
teten Zufal ins Stokken, und ſelbſt die ehrlichſten
und reichſten Leute laſſen uns zuweilen, entweder
aus Vergeſſenheit, oder aus Unvermoͤgen, wider
alle unſere Erwartung ploͤzlich im Stiche. Wehe
dem, der dieſe Erfahrung erſt dan macht, wan
er ſie mit dem Verluſte ſeines ehrlichen Nah-
mens und ſeiner Gluͤkſeeligkeit erkaufen muß!
Frage auf den Feſtungen und in den Gefaͤngniſſen
nach, und man wird dir uͤberal lebendige Beiſpiele
ſolcher Ungluͤklichen zeigen, welche ihren Unver-
ſtand zu ſpaͤt beſeufzen.
Alle deine Vertraͤge, Zuſagen und Ver-
bindungen mache ſo beſtimt und plan als
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Campe, Joachim Heinrich: Theophron oder der erfahrne Rathgeber für die unerfahrne Jugend. Bd. 1. Hamburg, 1783, S. 250. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/campe_theophron01_1783/280>, abgerufen am 16.02.2025.
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