sich selbst und auf andere thun, um zu sehn, ob nicht ihr eigener Vortheil dabei leide, ob nicht irgend eines Menschen gute Meinung von ihnen da- durch geschwächt werden könne, ob nicht irgend eine Ungemächlichkeit für sie selbst damit verbun- den sei! Jene sind so weit davon entfernt, uns ihre Dienste über Werth anzurechnen, und eine ausnehmende Erkentlichkeit von uns zu verlangen, daß sie vielmehr für unser Vertrauen zu ihnen, und für die Gelegenheit, die wir ihnen gaben, uns nüzlich zu werden, sich selbst für unsre Schuld- ner halten: diese hingegen wollen jede kleine Ge- fälligkeit, die sie uns erweisen, auf Wucher an- legen, und verlangen in kurzer Zeit das Kapital mit mehr als jüdischen Zinsen wieder. -- Noch einmahl also: verschmähe die Liebe der Simpeln nicht, und baue -- dafern nicht etwa die Erfah- rung dich dazu berechtiget -- auf die Freund- schaft derer, welche klüger und wiziger sind, keine zu große Hofnungen. Beides könte dich ge- reuen.
Mancher,
ſich ſelbſt und auf andere thun, um zu ſehn, ob nicht ihr eigener Vortheil dabei leide, ob nicht irgend eines Menſchen gute Meinung von ihnen da- durch geſchwaͤcht werden koͤnne, ob nicht irgend eine Ungemaͤchlichkeit fuͤr ſie ſelbſt damit verbun- den ſei! Jene ſind ſo weit davon entfernt, uns ihre Dienſte uͤber Werth anzurechnen, und eine ausnehmende Erkentlichkeit von uns zu verlangen, daß ſie vielmehr fuͤr unſer Vertrauen zu ihnen, und fuͤr die Gelegenheit, die wir ihnen gaben, uns nuͤzlich zu werden, ſich ſelbſt fuͤr unſre Schuld- ner halten: dieſe hingegen wollen jede kleine Ge- faͤlligkeit, die ſie uns erweiſen, auf Wucher an- legen, und verlangen in kurzer Zeit das Kapital mit mehr als juͤdiſchen Zinſen wieder. — Noch einmahl alſo: verſchmaͤhe die Liebe der Simpeln nicht, und baue — dafern nicht etwa die Erfah- rung dich dazu berechtiget — auf die Freund- ſchaft derer, welche kluͤger und wiziger ſind, keine zu große Hofnungen. Beides koͤnte dich ge- reuen.
Mancher,
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ſich ſelbſt und auf andere thun, um zu ſehn, ob
nicht ihr eigener Vortheil dabei leide, ob nicht
irgend eines Menſchen gute Meinung von ihnen da-
durch geſchwaͤcht werden koͤnne, ob nicht irgend
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den ſei! Jene ſind ſo weit davon entfernt, uns
ihre Dienſte uͤber Werth anzurechnen, und eine
ausnehmende Erkentlichkeit von uns zu verlangen,
daß ſie vielmehr fuͤr unſer Vertrauen zu ihnen,
und fuͤr die Gelegenheit, die wir ihnen gaben,
uns nuͤzlich zu werden, ſich ſelbſt fuͤr unſre Schuld-
ner halten: dieſe hingegen wollen jede kleine Ge-
faͤlligkeit, die ſie uns erweiſen, auf Wucher an-
legen, und verlangen in kurzer Zeit das Kapital
mit mehr als juͤdiſchen Zinſen wieder. — Noch
einmahl alſo: verſchmaͤhe die Liebe der Simpeln
nicht, und baue — dafern nicht etwa die Erfah-
rung dich dazu berechtiget — auf die Freund-
ſchaft derer, welche kluͤger und wiziger ſind, keine
zu große Hofnungen. Beides koͤnte dich ge-
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Campe, Joachim Heinrich: Theophron oder der erfahrne Rathgeber für die unerfahrne Jugend. Bd. 1. Hamburg, 1783, S. 224. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/campe_theophron01_1783/254>, abgerufen am 22.11.2024.
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