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Campe, Joachim Heinrich: Theophron oder der erfahrne Rathgeber für die unerfahrne Jugend. Bd. 1. Hamburg, 1783.

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heiten, als die Liebe Sünden, dekt. Aber sie
sind noch mehr; sie sind auch zugleich ein Schild,
der uns in den meisten Fällen gegen die muth-
willigen Beleidigungen und Grobheiten der Un-
gesitteten schüzt; *) sie sind auch eine an allen
Orten und unter allen kultivierten Nazionen ver-
ständliche Addresse an Unbekante, die in ihrer
Gunst uns gemeiniglich weiter führt, als alle ge-
schriebene Empfehlungsbriefe zu thun vermögen.
-- Nur daß du die albernen Grimassen und das
ganze nachäffende Wesen unserer deutschfranzösi-
schen Gekken, welche Weltton affektiren, ohne
den Zeug dazu zu haben, nicht für Artigkeit und
feine Lebensart haltest! Nur daß du bei der
Bemühung, den Zwang und die Unbiegsamkeit
eines steifen Pedanten zu vermeiden, nicht in den
entgegengesezten Fehler eines windigen Wesens
und der französirenden Unverschämtheit fallest!

Nur
*) Gesittetes Wesen führt eine Würde mit sich,
die auch der Muthwilligste ehrt. Ungesit-
tetes ladet auch die Schüchternsten ein, und
berechtiget sie, sich mausig zu machen.
Chesterfield.

heiten, als die Liebe Suͤnden, dekt. Aber ſie
ſind noch mehr; ſie ſind auch zugleich ein Schild,
der uns in den meiſten Faͤllen gegen die muth-
willigen Beleidigungen und Grobheiten der Un-
geſitteten ſchuͤzt; *) ſie ſind auch eine an allen
Orten und unter allen kultivierten Nazionen ver-
ſtaͤndliche Addreſſe an Unbekante, die in ihrer
Gunſt uns gemeiniglich weiter fuͤhrt, als alle ge-
ſchriebene Empfehlungsbriefe zu thun vermoͤgen.
— Nur daß du die albernen Grimaſſen und das
ganze nachaͤffende Weſen unſerer deutſchfranzoͤſi-
ſchen Gekken, welche Weltton affektiren, ohne
den Zeug dazu zu haben, nicht fuͤr Artigkeit und
feine Lebensart halteſt! Nur daß du bei der
Bemuͤhung, den Zwang und die Unbiegſamkeit
eines ſteifen Pedanten zu vermeiden, nicht in den
entgegengeſezten Fehler eines windigen Weſens
und der franzoͤſirenden Unverſchaͤmtheit falleſt!

Nur
*) Geſittetes Weſen fuͤhrt eine Wuͤrde mit ſich,
die auch der Muthwilligſte ehrt. Ungeſit-
tetes ladet auch die Schuͤchternſten ein, und
berechtiget ſie, ſich mauſig zu machen.
Cheſterfield.
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[162/0192] heiten, als die Liebe Suͤnden, dekt. Aber ſie ſind noch mehr; ſie ſind auch zugleich ein Schild, der uns in den meiſten Faͤllen gegen die muth- willigen Beleidigungen und Grobheiten der Un- geſitteten ſchuͤzt; *) ſie ſind auch eine an allen Orten und unter allen kultivierten Nazionen ver- ſtaͤndliche Addreſſe an Unbekante, die in ihrer Gunſt uns gemeiniglich weiter fuͤhrt, als alle ge- ſchriebene Empfehlungsbriefe zu thun vermoͤgen. — Nur daß du die albernen Grimaſſen und das ganze nachaͤffende Weſen unſerer deutſchfranzoͤſi- ſchen Gekken, welche Weltton affektiren, ohne den Zeug dazu zu haben, nicht fuͤr Artigkeit und feine Lebensart halteſt! Nur daß du bei der Bemuͤhung, den Zwang und die Unbiegſamkeit eines ſteifen Pedanten zu vermeiden, nicht in den entgegengeſezten Fehler eines windigen Weſens und der franzoͤſirenden Unverſchaͤmtheit falleſt! Nur *) Geſittetes Weſen fuͤhrt eine Wuͤrde mit ſich, die auch der Muthwilligſte ehrt. Ungeſit- tetes ladet auch die Schuͤchternſten ein, und berechtiget ſie, ſich mauſig zu machen. Cheſterfield.

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Zitationshilfe: Campe, Joachim Heinrich: Theophron oder der erfahrne Rathgeber für die unerfahrne Jugend. Bd. 1. Hamburg, 1783, S. 162. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/campe_theophron01_1783/192>, abgerufen am 24.11.2024.