Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Campe, Joachim Heinrich: Theophron oder der erfahrne Rathgeber für die unerfahrne Jugend. Bd. 1. Hamburg, 1783.

Bild:
<< vorherige Seite

schriften folgsam bewieset, daß ihr alles er-
kante Gute gern umfaßtet, und vor allem
erkanten Bösen mit Abscheu zurükbebtet.
Dis wird denn auch fernerhin, so lange ihr
noch an der Hand eines erfahrnen Führers
geht, zu eurem Wohlergehen hinreichend sein.
Aber, Kinder, die Zeit nahet heran, und
bei einigen von euch ist sie schon vor der
Thür -- da ihr den mislichen Weg des Le-
bens allein betreten solt. Da wird es nun
der verführerischen Seitenwege, welche links
und rechts durch einladende Gegenden laufen,
viele geben. Da werdet ihr oft, und ehe
ihr es euch verseht, euch mitten in einem
undurchdringlichen Dikkicht befinden, wo um
und neben euch keine menschliche Spur, und
über euch kaum eine Spannebreit vom Him-
mel wird zu sehen sein. Da werdet ihr nicht
selten plözlich auf tiefe, mit staudichten Blu-
men verwachsene Gruben stoßen, und ein ein-
ziger unvorsichtiger Schrit, vorwärts gethan,

kan
* 5

ſchriften folgſam bewieſet, daß ihr alles er-
kante Gute gern umfaßtet, und vor allem
erkanten Boͤſen mit Abſcheu zuruͤkbebtet.
Dis wird denn auch fernerhin, ſo lange ihr
noch an der Hand eines erfahrnen Fuͤhrers
geht, zu eurem Wohlergehen hinreichend ſein.
Aber, Kinder, die Zeit nahet heran, und
bei einigen von euch iſt ſie ſchon vor der
Thuͤr — da ihr den mislichen Weg des Le-
bens allein betreten ſolt. Da wird es nun
der verfuͤhreriſchen Seitenwege, welche links
und rechts durch einladende Gegenden laufen,
viele geben. Da werdet ihr oft, und ehe
ihr es euch verſeht, euch mitten in einem
undurchdringlichen Dikkicht befinden, wo um
und neben euch keine menſchliche Spur, und
uͤber euch kaum eine Spannebreit vom Him-
mel wird zu ſehen ſein. Da werdet ihr nicht
ſelten ploͤzlich auf tiefe, mit ſtaudichten Blu-
men verwachſene Gruben ſtoßen, und ein ein-
ziger unvorſichtiger Schrit, vorwaͤrts gethan,

kan
* 5
<TEI>
  <text>
    <front>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0017"/>
&#x017F;chriften folg&#x017F;am bewie&#x017F;et, daß ihr alles er-<lb/>
kante Gute gern umfaßtet, und vor allem<lb/>
erkanten Bo&#x0364;&#x017F;en mit Ab&#x017F;cheu zuru&#x0364;kbebtet.<lb/>
Dis wird denn auch fernerhin, &#x017F;o lange ihr<lb/>
noch an der Hand eines erfahrnen Fu&#x0364;hrers<lb/>
geht, zu eurem Wohlergehen hinreichend &#x017F;ein.<lb/>
Aber, Kinder, die Zeit nahet heran, und<lb/>
bei einigen von euch i&#x017F;t &#x017F;ie &#x017F;chon vor der<lb/>
Thu&#x0364;r &#x2014; da ihr den mislichen Weg des Le-<lb/>
bens <hi rendition="#fr">allein</hi> betreten &#x017F;olt. Da wird es nun<lb/>
der verfu&#x0364;hreri&#x017F;chen Seitenwege, welche links<lb/>
und rechts durch einladende Gegenden laufen,<lb/>
viele geben. Da werdet ihr oft, und ehe<lb/>
ihr es euch ver&#x017F;eht, euch mitten in einem<lb/>
undurchdringlichen Dikkicht befinden, wo um<lb/>
und neben euch keine men&#x017F;chliche Spur, und<lb/>
u&#x0364;ber euch kaum eine Spannebreit vom Him-<lb/>
mel wird zu &#x017F;ehen &#x017F;ein. Da werdet ihr nicht<lb/>
&#x017F;elten plo&#x0364;zlich auf tiefe, mit &#x017F;taudichten Blu-<lb/>
men verwach&#x017F;ene Gruben &#x017F;toßen, und ein ein-<lb/>
ziger unvor&#x017F;ichtiger Schrit, vorwa&#x0364;rts gethan,<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">* 5</fw><fw place="bottom" type="catch">kan</fw><lb/></p>
      </div>
    </front>
  </text>
</TEI>
[0017] ſchriften folgſam bewieſet, daß ihr alles er- kante Gute gern umfaßtet, und vor allem erkanten Boͤſen mit Abſcheu zuruͤkbebtet. Dis wird denn auch fernerhin, ſo lange ihr noch an der Hand eines erfahrnen Fuͤhrers geht, zu eurem Wohlergehen hinreichend ſein. Aber, Kinder, die Zeit nahet heran, und bei einigen von euch iſt ſie ſchon vor der Thuͤr — da ihr den mislichen Weg des Le- bens allein betreten ſolt. Da wird es nun der verfuͤhreriſchen Seitenwege, welche links und rechts durch einladende Gegenden laufen, viele geben. Da werdet ihr oft, und ehe ihr es euch verſeht, euch mitten in einem undurchdringlichen Dikkicht befinden, wo um und neben euch keine menſchliche Spur, und uͤber euch kaum eine Spannebreit vom Him- mel wird zu ſehen ſein. Da werdet ihr nicht ſelten ploͤzlich auf tiefe, mit ſtaudichten Blu- men verwachſene Gruben ſtoßen, und ein ein- ziger unvorſichtiger Schrit, vorwaͤrts gethan, kan * 5

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/campe_theophron01_1783
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/campe_theophron01_1783/17
Zitationshilfe: Campe, Joachim Heinrich: Theophron oder der erfahrne Rathgeber für die unerfahrne Jugend. Bd. 1. Hamburg, 1783, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/campe_theophron01_1783/17>, abgerufen am 24.11.2024.