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Campe, Joachim Heinrich: Theophron oder der erfahrne Rathgeber für die unerfahrne Jugend. Bd. 1. Hamburg, 1783.

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dig wird, damit du den Grund der Klugheitsregeln
einsehen lernest, die ich daraus für dich herleiten
werde. Wähne also nicht, wenn du das Bild
ansehen wirst, welches ich jezt in Begrif bin
aufzustellen, daß du den ganzen Menschen vor
dir sehest: was du siehst, ist nur die häßliche,
durch moralische Seuchen verzerte und verstelte
Seite desselben. Seine bessere Seite hab' ich dir
von Jugend auf zu oft gezeigt, als daß du jezt
erst aufmerksam darauf gemacht zu werden nöthig
hättest.

Dis also zur Warnung; und nun zur Sache!



Alle Menschen, mein Sohn, welche das
Unglük hatten, einer feinen Erziehung zu
genießen, und zu den eiteln Künsten, wie
zu den armseeligen Freuden der sogenanten
großen Lebensart eingeweiht zu werden,
sind mehr oder weniger entnervt an Leib
und Sele
. Wie könt' es anders sein, da bei
jener Erziehung und bei dieser Lebensart fast alles
auf ein unnatürliches Verdrehen, Spannen und
Hinaufschrauben unserer körperlichen und geistigen

Kräfte
G 5

dig wird, damit du den Grund der Klugheitsregeln
einſehen lerneſt, die ich daraus fuͤr dich herleiten
werde. Waͤhne alſo nicht, wenn du das Bild
anſehen wirſt, welches ich jezt in Begrif bin
aufzuſtellen, daß du den ganzen Menſchen vor
dir ſeheſt: was du ſiehſt, iſt nur die haͤßliche,
durch moraliſche Seuchen verzerte und verſtelte
Seite deſſelben. Seine beſſere Seite hab’ ich dir
von Jugend auf zu oft gezeigt, als daß du jezt
erſt aufmerkſam darauf gemacht zu werden noͤthig
haͤtteſt.

Dis alſo zur Warnung; und nun zur Sache!



Alle Menſchen, mein Sohn, welche das
Ungluͤk hatten, einer feinen Erziehung zu
genießen, und zu den eiteln Kuͤnſten, wie
zu den armſeeligen Freuden der ſogenanten
großen Lebensart eingeweiht zu werden,
ſind mehr oder weniger entnervt an Leib
und Sele
. Wie koͤnt’ es anders ſein, da bei
jener Erziehung und bei dieſer Lebensart faſt alles
auf ein unnatuͤrliches Verdrehen, Spannen und
Hinaufſchrauben unſerer koͤrperlichen und geiſtigen

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[105/0135] dig wird, damit du den Grund der Klugheitsregeln einſehen lerneſt, die ich daraus fuͤr dich herleiten werde. Waͤhne alſo nicht, wenn du das Bild anſehen wirſt, welches ich jezt in Begrif bin aufzuſtellen, daß du den ganzen Menſchen vor dir ſeheſt: was du ſiehſt, iſt nur die haͤßliche, durch moraliſche Seuchen verzerte und verſtelte Seite deſſelben. Seine beſſere Seite hab’ ich dir von Jugend auf zu oft gezeigt, als daß du jezt erſt aufmerkſam darauf gemacht zu werden noͤthig haͤtteſt. Dis alſo zur Warnung; und nun zur Sache! Alle Menſchen, mein Sohn, welche das Ungluͤk hatten, einer feinen Erziehung zu genießen, und zu den eiteln Kuͤnſten, wie zu den armſeeligen Freuden der ſogenanten großen Lebensart eingeweiht zu werden, ſind mehr oder weniger entnervt an Leib und Sele. Wie koͤnt’ es anders ſein, da bei jener Erziehung und bei dieſer Lebensart faſt alles auf ein unnatuͤrliches Verdrehen, Spannen und Hinaufſchrauben unſerer koͤrperlichen und geiſtigen Kraͤfte G 5

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Zitationshilfe: Campe, Joachim Heinrich: Theophron oder der erfahrne Rathgeber für die unerfahrne Jugend. Bd. 1. Hamburg, 1783, S. 105. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/campe_theophron01_1783/135>, abgerufen am 24.11.2024.