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Campe, Joachim Heinrich: Theophron oder der erfahrne Rathgeber für die unerfahrne Jugend. Bd. 1. Hamburg, 1783.

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tragen: so zeichnen sie sich doch durch eine stärkere
oder schwächere Schattirung, durch eine gröbere
oder feinere Auftragung der Farben merklich von
einander aus. Bei einigen schimmern diese
Grundstriche, entweder weil sie wirklich feiner
gezogen sind, oder weil man sie geschikter zu über-
tuschen wußte, nur so schwach hervor, daß das
geübte Auge eines Menschenkenners erfodert wird,
um sie wahrzunehmen. Hüte dich also, daß du
nicht alle Menschen für gleich verderbt haltest, aber
hüte dich auch, daß du nicht gleich bei dem ersten
Anscheine einer Abweichung von der Regel eine
von jenen seltenen Ausnahmen gefunden zu haben
glaubest. Ost ist ein Schaden um desto größer
und unheilbarer befunden worden, je verstekter
er war!

Endlich muß ich auch noch dieses erinnern,
daß meine Schilderung mit Fleiß einseitig wer-
den, mit Fleiß nur diejenigen Beobachtungen
darlegen wird, die du selbst zu machen bisher noch
keine Gelegenheit hattest, die dir auch von andern,
so viel ich weiß, noch niemahls mitgetheilt wur-
den; deren Mittheilung aber nunmehr nothwen-

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tragen: ſo zeichnen ſie ſich doch durch eine ſtaͤrkere
oder ſchwaͤchere Schattirung, durch eine groͤbere
oder feinere Auftragung der Farben merklich von
einander aus. Bei einigen ſchimmern dieſe
Grundſtriche, entweder weil ſie wirklich feiner
gezogen ſind, oder weil man ſie geſchikter zu uͤber-
tuſchen wußte, nur ſo ſchwach hervor, daß das
geuͤbte Auge eines Menſchenkenners erfodert wird,
um ſie wahrzunehmen. Huͤte dich alſo, daß du
nicht alle Menſchen fuͤr gleich verderbt halteſt, aber
huͤte dich auch, daß du nicht gleich bei dem erſten
Anſcheine einer Abweichung von der Regel eine
von jenen ſeltenen Ausnahmen gefunden zu haben
glaubeſt. Oſt iſt ein Schaden um deſto groͤßer
und unheilbarer befunden worden, je verſtekter
er war!

Endlich muß ich auch noch dieſes erinnern,
daß meine Schilderung mit Fleiß einſeitig wer-
den, mit Fleiß nur diejenigen Beobachtungen
darlegen wird, die du ſelbſt zu machen bisher noch
keine Gelegenheit hatteſt, die dir auch von andern,
ſo viel ich weiß, noch niemahls mitgetheilt wur-
den; deren Mittheilung aber nunmehr nothwen-

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[104/0134] tragen: ſo zeichnen ſie ſich doch durch eine ſtaͤrkere oder ſchwaͤchere Schattirung, durch eine groͤbere oder feinere Auftragung der Farben merklich von einander aus. Bei einigen ſchimmern dieſe Grundſtriche, entweder weil ſie wirklich feiner gezogen ſind, oder weil man ſie geſchikter zu uͤber- tuſchen wußte, nur ſo ſchwach hervor, daß das geuͤbte Auge eines Menſchenkenners erfodert wird, um ſie wahrzunehmen. Huͤte dich alſo, daß du nicht alle Menſchen fuͤr gleich verderbt halteſt, aber huͤte dich auch, daß du nicht gleich bei dem erſten Anſcheine einer Abweichung von der Regel eine von jenen ſeltenen Ausnahmen gefunden zu haben glaubeſt. Oſt iſt ein Schaden um deſto groͤßer und unheilbarer befunden worden, je verſtekter er war! Endlich muß ich auch noch dieſes erinnern, daß meine Schilderung mit Fleiß einſeitig wer- den, mit Fleiß nur diejenigen Beobachtungen darlegen wird, die du ſelbſt zu machen bisher noch keine Gelegenheit hatteſt, die dir auch von andern, ſo viel ich weiß, noch niemahls mitgetheilt wur- den; deren Mittheilung aber nunmehr nothwen- dig

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Zitationshilfe: Campe, Joachim Heinrich: Theophron oder der erfahrne Rathgeber für die unerfahrne Jugend. Bd. 1. Hamburg, 1783, S. 104. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/campe_theophron01_1783/134>, abgerufen am 24.11.2024.