Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Campe, Joachim Heinrich: Theophron oder der erfahrne Rathgeber für die unerfahrne Jugend. Bd. 1. Hamburg, 1783.

Bild:
<< vorherige Seite

lichen Geselschaft einzutreten, die andere für den
Beurtheiler der Menschen, und die dritte für die
Gewaltigen dieser Erde, in deren Hände die Vor-
sehung das Wohl und Weh der Völker legte. Ich
wil die lezte zuerst aufdekken.

Wenn es wahr ist, -- und das ist es, bei
allem was heilig heißt! -- daß die Vermehrung
der Bedürfnisse eine unläugbare Hauptursache der
Verschlimmerung der Menschheit, ein unläugba-
res Haupthinderniß unserer Glükseeligkeit ist: was
müßten die Vormünder der Menschheit, wenn es
ihnen nicht sowohl um Vergrösserung ihrer Finan-
zen, als vielmehr um Verminderung des algemei-
nen Elendes, um Beförderung jeder schönen Tu-
gend, und um Beglükkung ihres Volks zu thun
wäre, zu ihrer ersten und wichtigsten Sorge ma-
chen? Dieses, was so leicht kein Finanzminister
seinem Fürsten rathen wird -- durch eine kräftige
Einschränkung des Luxus, und durch Veranstaltung
einer natürlichern und einfachern Erziehung, der
Bedürfnisse weniger zu machen, und den ausge-
tretenen Strom der menschlichen Begierden wieder
in sein ursprüngliches Bet zürükzuführen. -- Ob

von
G

lichen Geſelſchaft einzutreten, die andere fuͤr den
Beurtheiler der Menſchen, und die dritte fuͤr die
Gewaltigen dieſer Erde, in deren Haͤnde die Vor-
ſehung das Wohl und Weh der Voͤlker legte. Ich
wil die lezte zuerſt aufdekken.

Wenn es wahr iſt, — und das iſt es, bei
allem was heilig heißt! — daß die Vermehrung
der Beduͤrfniſſe eine unlaͤugbare Haupturſache der
Verſchlimmerung der Menſchheit, ein unlaͤugba-
res Haupthinderniß unſerer Gluͤkſeeligkeit iſt: was
muͤßten die Vormuͤnder der Menſchheit, wenn es
ihnen nicht ſowohl um Vergroͤſſerung ihrer Finan-
zen, als vielmehr um Verminderung des algemei-
nen Elendes, um Befoͤrderung jeder ſchoͤnen Tu-
gend, und um Begluͤkkung ihres Volks zu thun
waͤre, zu ihrer erſten und wichtigſten Sorge ma-
chen? Dieſes, was ſo leicht kein Finanzminiſter
ſeinem Fuͤrſten rathen wird — durch eine kraͤftige
Einſchraͤnkung des Luxus, und durch Veranſtaltung
einer natuͤrlichern und einfachern Erziehung, der
Beduͤrfniſſe weniger zu machen, und den ausge-
tretenen Strom der menſchlichen Begierden wieder
in ſein urſpruͤngliches Bet zuͤruͤkzufuͤhren. — Ob

von
G
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0127" n="97"/>
lichen Ge&#x017F;el&#x017F;chaft einzutreten, die andere fu&#x0364;r den<lb/>
Beurtheiler der Men&#x017F;chen, und die dritte fu&#x0364;r die<lb/>
Gewaltigen die&#x017F;er Erde, in deren Ha&#x0364;nde die Vor-<lb/>
&#x017F;ehung das Wohl und Weh der Vo&#x0364;lker legte. Ich<lb/>
wil die lezte zuer&#x017F;t aufdekken.</p><lb/>
        <p>Wenn es wahr i&#x017F;t, &#x2014; und das i&#x017F;t es, bei<lb/>
allem was heilig heißt! &#x2014; daß die Vermehrung<lb/>
der Bedu&#x0364;rfni&#x017F;&#x017F;e eine unla&#x0364;ugbare Hauptur&#x017F;ache der<lb/>
Ver&#x017F;chlimmerung der Men&#x017F;chheit, ein unla&#x0364;ugba-<lb/>
res Haupthinderniß un&#x017F;erer Glu&#x0364;k&#x017F;eeligkeit i&#x017F;t: was<lb/>
mu&#x0364;ßten die Vormu&#x0364;nder der Men&#x017F;chheit, wenn es<lb/>
ihnen nicht &#x017F;owohl um Vergro&#x0364;&#x017F;&#x017F;erung ihrer Finan-<lb/>
zen, als vielmehr um Verminderung des algemei-<lb/>
nen Elendes, um Befo&#x0364;rderung jeder &#x017F;cho&#x0364;nen Tu-<lb/>
gend, und um Beglu&#x0364;kkung ihres Volks zu thun<lb/>
wa&#x0364;re, zu ihrer er&#x017F;ten und wichtig&#x017F;ten Sorge ma-<lb/>
chen? Die&#x017F;es, was &#x017F;o leicht kein Finanzmini&#x017F;ter<lb/>
&#x017F;einem Fu&#x0364;r&#x017F;ten rathen wird &#x2014; durch eine kra&#x0364;ftige<lb/>
Ein&#x017F;chra&#x0364;nkung des Luxus, und durch Veran&#x017F;taltung<lb/>
einer natu&#x0364;rlichern und einfachern Erziehung, der<lb/>
Bedu&#x0364;rfni&#x017F;&#x017F;e weniger zu machen, und den ausge-<lb/>
tretenen Strom der men&#x017F;chlichen Begierden wieder<lb/>
in &#x017F;ein ur&#x017F;pru&#x0364;ngliches Bet zu&#x0364;ru&#x0364;kzufu&#x0364;hren. &#x2014; Ob<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">G</fw><fw place="bottom" type="catch">von</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[97/0127] lichen Geſelſchaft einzutreten, die andere fuͤr den Beurtheiler der Menſchen, und die dritte fuͤr die Gewaltigen dieſer Erde, in deren Haͤnde die Vor- ſehung das Wohl und Weh der Voͤlker legte. Ich wil die lezte zuerſt aufdekken. Wenn es wahr iſt, — und das iſt es, bei allem was heilig heißt! — daß die Vermehrung der Beduͤrfniſſe eine unlaͤugbare Haupturſache der Verſchlimmerung der Menſchheit, ein unlaͤugba- res Haupthinderniß unſerer Gluͤkſeeligkeit iſt: was muͤßten die Vormuͤnder der Menſchheit, wenn es ihnen nicht ſowohl um Vergroͤſſerung ihrer Finan- zen, als vielmehr um Verminderung des algemei- nen Elendes, um Befoͤrderung jeder ſchoͤnen Tu- gend, und um Begluͤkkung ihres Volks zu thun waͤre, zu ihrer erſten und wichtigſten Sorge ma- chen? Dieſes, was ſo leicht kein Finanzminiſter ſeinem Fuͤrſten rathen wird — durch eine kraͤftige Einſchraͤnkung des Luxus, und durch Veranſtaltung einer natuͤrlichern und einfachern Erziehung, der Beduͤrfniſſe weniger zu machen, und den ausge- tretenen Strom der menſchlichen Begierden wieder in ſein urſpruͤngliches Bet zuͤruͤkzufuͤhren. — Ob von G

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/campe_theophron01_1783
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/campe_theophron01_1783/127
Zitationshilfe: Campe, Joachim Heinrich: Theophron oder der erfahrne Rathgeber für die unerfahrne Jugend. Bd. 1. Hamburg, 1783, S. 97. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/campe_theophron01_1783/127>, abgerufen am 24.11.2024.