deine warme, herzliche Theilnehmung sie zu einer gleich offenherzigen Mittheilung reizen. Ein und eben derselbe Geist der Ordnung, der Mäßigkeit, der Einfalt, der ungekünstelten reinen Sitten, und der Zufriedenheit müsse euch und euer Haus- wesen beleben. Fort mit den heillosen Künsten der Ueppigkeit aus euren Küchen und Kellern! Fort aus euren Gemächern und Kleiderbehältnissen mit dem ganzen armseeligen Prunk der Eitelkeit, welche den Mangel wirklicher Verdienste durch thörichten Flitterstaat in Kleidung und Hausge- räth zu ersezen sucht! Zwar solst du kein Son- derling sein, keine Verachtung dessen, was alge- mein üblich ist, keine übertriebene Natürlichkeit in gleichgültigen Dingen affektiren: aber kan man dieser Maske, wohinter die Eitelkeit sich zu verstekken sucht, nicht entbehren, ohne sich blind- lings in den Weltstrom der Ueppigkeit und der französirenden Galanterie zu stürzen? Kan man sich nicht der schlichten Ordnung und der edlen Einfalt befleißigen, ohne dem rohen Sohne der Natur nachzuäffen, und ihn in einer abgeschmakten Karrikatur darzustellen? --
Ordnung
deine warme, herzliche Theilnehmung ſie zu einer gleich offenherzigen Mittheilung reizen. Ein und eben derſelbe Geiſt der Ordnung, der Maͤßigkeit, der Einfalt, der ungekuͤnſtelten reinen Sitten, und der Zufriedenheit muͤſſe euch und euer Haus- weſen beleben. Fort mit den heilloſen Kuͤnſten der Ueppigkeit aus euren Kuͤchen und Kellern! Fort aus euren Gemaͤchern und Kleiderbehaͤltniſſen mit dem ganzen armſeeligen Prunk der Eitelkeit, welche den Mangel wirklicher Verdienſte durch thoͤrichten Flitterſtaat in Kleidung und Hausge- raͤth zu erſezen ſucht! Zwar ſolſt du kein Son- derling ſein, keine Verachtung deſſen, was alge- mein uͤblich iſt, keine uͤbertriebene Natuͤrlichkeit in gleichguͤltigen Dingen affektiren: aber kan man dieſer Maske, wohinter die Eitelkeit ſich zu verſtekken ſucht, nicht entbehren, ohne ſich blind- lings in den Weltſtrom der Ueppigkeit und der franzoͤſirenden Galanterie zu ſtuͤrzen? Kan man ſich nicht der ſchlichten Ordnung und der edlen Einfalt befleißigen, ohne dem rohen Sohne der Natur nachzuaͤffen, und ihn in einer abgeſchmakten Karrikatur darzuſtellen? —
Ordnung
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deine warme, herzliche Theilnehmung ſie zu einer
gleich offenherzigen Mittheilung reizen. Ein und
eben derſelbe Geiſt der Ordnung, der Maͤßigkeit,
der Einfalt, der ungekuͤnſtelten reinen Sitten,
und der Zufriedenheit muͤſſe euch und euer Haus-
weſen beleben. Fort mit den heilloſen Kuͤnſten
der Ueppigkeit aus euren Kuͤchen und Kellern!
Fort aus euren Gemaͤchern und Kleiderbehaͤltniſſen
mit dem ganzen armſeeligen Prunk der Eitelkeit,
welche den Mangel wirklicher Verdienſte durch
thoͤrichten Flitterſtaat in Kleidung und Hausge-
raͤth zu erſezen ſucht! Zwar ſolſt du kein Son-
derling ſein, keine Verachtung deſſen, was alge-
mein uͤblich iſt, keine uͤbertriebene Natuͤrlichkeit
in gleichguͤltigen Dingen affektiren: aber kan
man dieſer Maske, wohinter die Eitelkeit ſich zu
verſtekken ſucht, nicht entbehren, ohne ſich blind-
lings in den Weltſtrom der Ueppigkeit und der
franzoͤſirenden Galanterie zu ſtuͤrzen? Kan man
ſich nicht der ſchlichten Ordnung und der edlen
Einfalt befleißigen, ohne dem rohen Sohne der
Natur nachzuaͤffen, und ihn in einer abgeſchmakten
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Campe, Joachim Heinrich: Theophron oder der erfahrne Rathgeber für die unerfahrne Jugend. Bd. 1. Hamburg, 1783, S. 84. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/campe_theophron01_1783/114>, abgerufen am 24.11.2024.
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