Campe, Joachim Heinrich: Theophron oder der erfahrne Rathgeber für die unerfahrne Jugend. Bd. 1. Hamburg, 1783.ihrer nicht; suche sie nicht in die volle Brust zu- Glaube mir, mein Sohn, in wessen Herz Das
ihrer nicht; ſuche ſie nicht in die volle Bruſt zu- Glaube mir, mein Sohn, in weſſen Herz Das
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0108" n="78"/> ihrer nicht; ſuche ſie nicht in die volle Bruſt zu-<lb/> ruͤkzudraͤngen: ſondern laß ihr freien Lauf, und<lb/> wiſſe, daß ſie deinem moraliſchen Werthe und alſo<lb/> auch deiner wahren Gluͤkſeeligkeit ſein wird, was<lb/> der balſamiſche Morgenthau nach einer ſchwuͤlen<lb/> Sommernacht den lechzenden Saaten iſt.</p><lb/> <p>Glaube mir, mein Sohn, in weſſen Herz<lb/> Natur- und Menſchengefuͤhl erſtorben iſt, der<lb/> kan auch an Gott keine Freude haben. Denn<lb/> unſer Herz bedarf eben ſo, wie unſer <hi rendition="#fr">Verſtand</hi>,<lb/> der Stufenleiter ſeiner Werke um zu ihm zu ge-<lb/> langen; dieſer um ihn zu erkennen, jenes um ihn<lb/> zu lieben, und durch die lebendige Empfindung<lb/> ſeiner Gegenliebe beſeeliget zu werden. Sind<lb/> wir alſo ſo ungluͤklich geweſen, den innern Sin<lb/> fuͤr ſchoͤne Natur und fuͤr Menſchengenuß zu<lb/> verlieren, ſo moͤgen wir uͤbrigens noch ſo große<lb/> Weltweiſen ſein, — wahre Gottesverehrer ſind<lb/> wir nicht, koͤnnen es nicht ſein, weil ſo wohl un-<lb/> ſere Erkentniß von ihm, als auch unſere Liebe<lb/> zu ihm, in dieſem Fal blos <hi rendition="#fr">ſimboliſch</hi> bleiben,<lb/> niemahls <hi rendition="#fr">anſchauend</hi>, niemahls <hi rendition="#fr">lebendig</hi> wer-<lb/> den koͤnnen.</p><lb/> <fw place="bottom" type="catch">Das</fw><lb/> </div> </body> </text> </TEI> [78/0108]
ihrer nicht; ſuche ſie nicht in die volle Bruſt zu-
ruͤkzudraͤngen: ſondern laß ihr freien Lauf, und
wiſſe, daß ſie deinem moraliſchen Werthe und alſo
auch deiner wahren Gluͤkſeeligkeit ſein wird, was
der balſamiſche Morgenthau nach einer ſchwuͤlen
Sommernacht den lechzenden Saaten iſt.
Glaube mir, mein Sohn, in weſſen Herz
Natur- und Menſchengefuͤhl erſtorben iſt, der
kan auch an Gott keine Freude haben. Denn
unſer Herz bedarf eben ſo, wie unſer Verſtand,
der Stufenleiter ſeiner Werke um zu ihm zu ge-
langen; dieſer um ihn zu erkennen, jenes um ihn
zu lieben, und durch die lebendige Empfindung
ſeiner Gegenliebe beſeeliget zu werden. Sind
wir alſo ſo ungluͤklich geweſen, den innern Sin
fuͤr ſchoͤne Natur und fuͤr Menſchengenuß zu
verlieren, ſo moͤgen wir uͤbrigens noch ſo große
Weltweiſen ſein, — wahre Gottesverehrer ſind
wir nicht, koͤnnen es nicht ſein, weil ſo wohl un-
ſere Erkentniß von ihm, als auch unſere Liebe
zu ihm, in dieſem Fal blos ſimboliſch bleiben,
niemahls anſchauend, niemahls lebendig wer-
den koͤnnen.
Das
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